478 Schlußakte der Zweiten Internationalen Friedenskonferenz (1907). -
Art.6. Eine neutrale Macht ist nicht dafür verantwortlich, daß Leute
einzeln die Grenze überschreiten, um in den Dienst eines Kriegführenden zu treten.
Art.7. Eine neutrale Macht ist nicht verpflichtet, die für Rechnung des
einen oder des anderen Kriegführenden erfolgende Ausfuhr oder Durchfuhr von
Waffen, Munition und überhaupt von allem, was für ein Heer oder eine Flotte
nützlich sein kann, zu verhindern. ,
Art.8. Eine neutrale Macht ist nicht verpflichtet, für Kriegführende die
Benutzung von Telegraphen- oder Fernsprechleitungen sowie von Anlagen für
drahtlose Telegraphie, gleichviel ob solche ihr selbst oder ob sie Gesellschaften
oder Privatpersonen gehören, zu untersagen oder zu beschränken.
Art.9. Alle Beschränkungen oder Verbote, die von einer neutralen Macht
in Ansehung der in den Artikeln 7, 8 erwähnten Gegenstände angeordnet werden,
sind von .ihr auf die Kriegführenden gleichmäßig anzuwenden.
Die neutrale Macht hat darüber zu wachen, daß die gleiche Verpflichtung
von den Gesellschaften oder Privatpersonen eingehalten wird, in deren Digen-
tum sich Telegraphen- oder Fernsprechleitungen oder Anlagen für drahtlose
Telegraphie befinden.
Art. 10. Die Tatsache, daß eine neutrale Macht eine Verletzung ihrer Neu-
tralität selbst mit Gewalt zurückweist, kann nicht als eine feindliche Handlung
angesehen werden.
Zweites Kap teL Bei Neutralen untergebrachte Angehörige einer Kriegsmacht und
in Pflege befindliche Verwundete.
Art. 11. Die neutrale Macht, auf deren Gebiet Truppen der kriegführenden
Heere übertreten, muß sie möglichst weit vom Kriegsschauplatz unterbringen.
Sie kann sie in Lagern verwahren und sie auch in Festungen oder in anderen
zu diesem Zwecke geeigneten Orten einschließen.
Es hängt von ihrer Entscheidung ab, ob Offiziere, die sich auf Ehrenwort
verpflichten, das neutrale Gebiet nicht ohne Erlaubnis zu verlassen, frei gelassen
werden können.
Art.12. In Ermangelung einer besonderen Vereinbarung hat die neutrale
Macht den bei ihr untergebrachten Personen Nahrung, Kleidung und die durch
die Menschlichkeit gebotenen Hilfsmittel zu gewähren.
Die durch die Unterbringung verursachten Kosten sind nach dem Friedens-
schlusse zu ersetzen.
Art.13. Die neutrale Macht, die entwichene Kriegsgefangene bei sich auf-
nimmt, wird diese in Freiheit lassen. Wenn sie ihnen gestattet, auf ihrem Gebiete
zu verweilen, so kann sie ihnen den Aufenthaltsort anweisen.
Die gleiche Bestimmung findet Anwendung auf die Kriegsgefangenen, die
von den Truppen bei ihrer Flucht auf das Gebiet der neutralen Macht mitgeführt
werden.
Art. 14. Eine neutrale Macht kann den Durchzug von Verwundeten oder
Kranken der Friegführendon Heere durch ihr Gebiet gestatten, doch nur unter
dem Vorbehalte, daß die zur Beförderung benutzten Züge weder Kriegspersonal
noch Kriegsmaterial mit sich führen. Die neutrale Macht ist in einem solchen
Falle verpflichtet, die erforderlichen Sicherheits- und Aufsiahtsmaßregeln zu
treffen.
Die der Gegenpartei angehörenden Verwundeten oder Kranken, die unter
solchen Umständen von einem der Kriegführenden auf neutrales Gebiet gebracht
werden, sind von der neutralen Macht derart zu bewachen, daß sie an den Kriegs-
unternehmungen nicht wieder teilnehmen können. Diese Macht hat die gleichen
Verpflichtungen in Ansehung der ihr anvertrauten Verwundeten oder Kranken
des anderen Heeres.
Art.15. Das Genfer Abkommen gilt auch für die im neutralen Gebiet unter-
gebrachten Kranken und Verwundeten.
Drittes Kapitel. Neutrale Personen.
‘ Art. 16. Als Neutrale sind anzusehen die Angehörigen eines an dem Kriege
nicht beteiligten Staates.
Art.17. Eine Neutraler kann sich auf seine Neutralität nicht berufen: