$ 20. Öffentliche Sachen im Allgemeinen. 331
Lehre entgegen, die alle Sachen, in denen sich ein Stück öffent-
licher Verwaltung verkörpert (Sachen im Gemeingebrauch, Eisen-
bahnen, Kirchhöfe, Festungen, Kirchengebäude), der Herrschaft
des Privatrechts entrücken und nach allen Seiten dem öffent-
lichen Rechte unterstellen will. Sie schmilzt die sachen-
rechtliche Herrschaft über das Objekt mit der öffentlichrecht-
lichen Verfügungsgewalt zusammen zu einemeinheitlichenInstitut,
dem sog. „öffentlichen Eigentum‘. Diese Theorie weist demgemäß
nicht nur die Streitigkeiten über die Benutzung der öffentlichen
Sachen, sondern auch die Schadenersatzansprüche wegen Be-
schädigung oder wegen mangelhaften Unterhalts des öffentlichen
Eigentums der Beurteilung der Verwaltungsbehörden und Ver-
waltungsgerichte zu. Diese Auffassung ist nicht neu. Das römische
Recht hat demselben Gedanken praktische Gestalt gegeben, und
das moderne französische Verwaltungsrecht hat ihn in dem Begriff
der „domaine public‘ ausgestaltet.‘ Die Lehre vom öffent-
lichen Eigentum bezweckt, die öffentlichen Sachen der Herr-
schaft des Privatrechts zu entziehen und für sie nach allen Rich-
tungen ein einheitliches öffentliches Recht auszubilden. In dem
Streit um die Basler Festungswerke (1859) hat diese Forderung
nach richterlicher Anerkennung gerungen.!? Sie ist aber damals
recht S. 617, 623. Kisch, Elsaß-Lothr. Landesprivatrecht, $ 67.
Hatschek, im Verwaltungsarchiv, Bd. VII S. 459. Zeimer, Abgrenzung
des öffentlichen und des privaten Eigentums im Elsaß-Lothring. Recht
(Jurist. Zeitschr. f. Elsaß-Lothringen Bd. 38, S. 144). Eine nähere Be-
gründung der Lehre hat zuerst gegeben Eisele, Die Rechtsverhältnisse
der res publicae in publico usu, Basler Rektoratsprogramm, 1873. — Die
Folgerungen, die sich aus der verschiedenen Auffassung’ der öffentlichen
Sachen ergeben, stellt sehr gut zusammen: Herbert Schelcher, Der
öffentliche Weg und seine Bedeutung für das öffentliche und das Privat-
recht (Fischers Zeitschrift f. Praxis und Gesetzgebung der Verwaltung,
Bd. 31 [1906] 3. Lff.).
ıı Hauriou, Precis de Droit administratif”, p. 659. Laferriere,
Juridiction administrative I p. 544. Berth6slemy, Droit administratif?
p. 406. Otto Mayer, Theorie des franz. Verwaltungsrechts, 8. 227.
Fuzier-Herman, R£perteire alphabetique de droit frangais. XVIII p. 11.
— Über das italienische Recht s. $S. Romano, Diritto amministrativo?
p. 458. S. Trentin, l’actio finium regundorum in confronto del demanio
pubblico (Rivista di Diritto pubblico 1910).
12 Bei der Trennung von Basel-Stadt und Basel-Land i.J. 1833 wurde
Basel-Stadt für verpflichtet erklärt, an Basel-Land 64 Prozent des Staats-