340 $ 21. Das Verwaltungsvermögen.
Kirchenstuhlvorrechte!! undVorrechte auf bestimmte Grabstätten!?
veranschaulichen die Erscheinung. Nach älterer Lehre konnte
ein Vorrecht auf einen besonderen Sitz in der Kirche (,,Kirchen-
sitz‘, „Kirchenort‘‘, ‚„Kirchenstand‘‘) und das Vorrecht auf eine
Grabstelle außerhalb der allgemeinen Reihe (Grabkonzession,
Erbbegräbnis) nur als Privatrecht begründet werden. Man faßte
demgemäß derartige Rechtsame als dingliche Rechte am Kirchen-
gebäude oder am Begräbnisplatze (iura in re aliena) auf. In vielen
Gegenden Dentschlands ragen diese Gebilde als ‚wohlerworbene
Privatrechte‘“ indie Gegenwart hherein.'? MitdemVerwaltungsrechte
unsrer Tage ist jedoch die privatrechtliche Anschauung, in der sie
wurzeln, nicht mehr verträglich. Heute ist die öffentliche Gewalt
zur Begründung von derartigen Sondernutzungsrechten nur befugt,
wenndas Gesetz sieausdrücklich dazuermächtigt. DenndasSonder-
rechtenthälteinen Einbruch indie allgemeineBenutzungsordnung.'*
Hier zeigt sich wiederum die öffentlichrechtliche Gebundenheit der
Sache. Heute werden derartige Sonderrechte durch einseitige
Verleihung begründet. Der Beliehene erwirbt ein subjektives
öffentliches Recht gegen den Träger der Kirchen- oder der Fried-
hofpolizei auf Einräumung eines Vorzugssitzes oder Vorzugs-
grabes. Er erwirbt somit nicht ein Recht auf einen bestimmten
11 EG.z. BGB., Art. 133. Friedberg, Kirchenrecht, 6. Aufl., S. 588
und die dort zitierte Literatur. Göz, Verwaltungsrechtspflege in Würt-
temberg, S. 379, 382. Stölzel, Rechtsweg und Kompetenzkonflikt, S. 180.
Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 197. Kamptz und Delius, Recht-
sprechung des Reichsgerichts I S. 168ff.
ı2 Götze, Zur Lehre von den Begräbnisplätzen (Preuß. Verw.Bl.
XXXI S. 125). Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 197. Kampiz
und Delius, Rechtsprechung des RG. I S. 163, 164. Hans Göz, Die Be-
fugnise zur Benutzung von Grabstellen auf öffentlichen Begräbnisplätzen,
Heidelberger Dissertation 1911.
13 Biermann, Privatrecht und Polizei in Preußen, 1907, 8. 206.
Reger III 216, XXI 349. Reichsgericht in Zivils. Bd. 8, S. 200;
Bd. 16, S. 159. Die verschiedenen Konstruktionen der Kirchenstuhl-
vorrechte und Grabstellenrechte: Stölzel, Rechtsweg und Kompetenz-
konflikt, S. 180—181. Soergel, II 8. 747, Nr. 681. Bayr. VCH. v.
$. April 1904 (Samml. v. Entsch. des bayr. VGH. XXV S. 278).
14 Daher fallen die Grabgebühren nicht dem Eigentümer des Fried-
hofareals als solchem zu, sondern der Behörde, der das öffentliche Recht
die Friedhofverwaltung übertragen hat. Fleiner, Die Befugnis zum
Bezug von Grabtaxen, Rechtsgutachten, 1909.