26 $2. Trennung der Gewalten.
Das Reichsrecht hat versucht, derartigen Konflikten durch
die allgemeine Vorschrift des Gerichtsverfassungsgesetzes $ 17
vorzubeugen. ‚Die Gerichte entscheiden über die Zulässigkeit
des Rechtswegs ... Sofern die Zulässigkeit des Rechtsweg»
durch rechtskräftiges Urteil des Gerichts feststeht, ohne daß
zuvor auf die Entscheidung der besondern Behörden angetragen
war, bleibt die Entscheidung des Gerichts maßgebend.‘“ Somit
hat in einem solchen Falle auch die Verwaltung die Zuständigkeit
der Gerichte anzuerkennen und die betreffende Angelegenheit
endgültig den ordentlichen Gerichten zu überlassen. Dagegen
bindet die Entscheidung einer Verwaltungsbehörde, die eine An-
gelegenheit für die Verwaltung in Anspruch nimmt, die Justiz
nicht." Die Verwaltung besitzt nicht die Macht, ihre Auf-
fassung der Justiz aufzudrängen. Der Verwaltungsweg schließt
den Rechtsweg nicht aus. Wenn das ordentliche Gericht
findet, daß die von der Verwaltung entschiedene Sache auf den
Rechtsweg gehört hätte, so bleibt, nach der angeführten Vorschrift,
dem Gerichte die Möglichkeit zu freier Entscheidung.** Dieser
Vorrang der ordentlichen Gerichte vor den Verwaltungsbehörden ist
historisch zu erklären. Bis in das 19. Jahrhundert hinein sind in
Deutschland die Gerichte die einzigen Organe gewesen, denen die
Verteidigung des Rechts gegenüber der ‚„Konvenienz‘“ der Ver-
waltungsbehörden obgelegen hat. Die Stärkung der Unab-
hängigkeit der Gerichte gegenüber der Verwaltung ist somit auf
eine Verstärkung des Rechtsschutzes überhaupt hinausgelaufen.
pflege, S. 673ff. Laband, Staatsrecht III® S. 362ff. Nadbyl, Art.
„Kompetenzkonflikt‘‘ in Stengels Wörterbuch des Deutschen Verwaltungs-
rechts I S. 808ff. Stölzel, Rechtsweg und Kompetenzkonflikt S. 344 ff.
Stölzel, Rechtsprechung des (preuß.) Gerichtshofs zur Entscheidung
der Kompetenzkonflikte, 1897. Göz, Die Verwaltungsrechtspflege in
Württemberg, 1902, S. 112—117. E. v. Meier, in der Enzyklopädie der
Rechtswissenschaft von Holtzendorff und Kohler II S. 755f. Georg
Meyer- Anschütz, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts S. 662ff.
(und die dort zitierte Literatur). — Über die Verhältnisse in Österreich:
Lemayer, Art. „Kompetenzkonflikt‘‘ im Österreichischen Staatswörter-
buch. Frankreich: Hauriou, Pr6cis de Droit administratif, 7 €d., 1911,
p. 942 (,‚‚les conflits d’attribution et le tribunal des conflits‘“).
41 Hellwig, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts I S. 89.
42 Aber das ordentliche Gericht kann die abweichende Entscheidung
der Verwaltungsbehörde nicht aufheben und aus der Welt schaffen.