Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

$ 23. Polizeigewalt. 369 
so haftet der schuldige Beamte, und eventuell der Staat, ex delicto 
(oben $ 16). 
II. Die Polizei hat die Aufgabe, das öffentliche Recht, die 
öffentliche Ordnung und die öffentliche Sicherheit zu schirmen.** 
1. Zum Schutze des öffentlichen Rechtes wird sie tätig, wenn 
sie rechtswidrige Angriffe auf die bestehenden staatlichen In- 
stitutionen abwehrt und strafbare Handlungen verhindert (s. 
oben $ 13).”'s 
2. Die Sorge für die öffentliche Sicherheit besteht in der 
Verpflichtung, die von der geltenden Gesetzgebung anerkannten 
Rechtsgüter der Einzelnen und der Allgemeinheit sicherzustellen 
gegen Gefahren, die ihrer Existenz oder ihrer Unversehrtheit 
drohen. Solche Gefahren können dem Staat selbst erwachsen 
aus der schrankenlosen Betätigung der individuellen Freiheit. 
Politische Polizei, Vereinspolizei, Preßpolizei, Theaterpolizei usf. 
sind zur Abwendung dieser Gefahren berufen. Andrerseits setzt 
aber das gesellschaftliche Zusammenleben den Einzelnen Gefahren 
aus, die seine Gesundheit, sein Leben und sein Eigentum bedrohen. 
Aufgabe der ‚Sicherheitspolizei“ i. w. S. ist es, diese Güter des 
Individuums mit nicht geringerer Kraft zu schützen, als die des 
Staates.?*b 
%2* Die Beschränkungen, die auf der allgemeinen polizeilichen Nicht- 
störungspflicht beruhen, stellen nicht die einzigen möglichen polizeilichen 
Verengerungen der staatsgewaltfreien Sphäre des Individuums dar. Auch 
der Eintritt in ein besonderes Gewaltverhältnis kann Pflichten polizei- 
licher Natur begründen. Diese tragen aber einen singulären Charakter. 
So hat die unter Sittenkontrolle stehende Prostituierte neben den all- 
gemeinen sanitätspolizeilichen Geboten noch die besondere Pflicht zu er- 
füllen, beim Ausbruch einer Geschlechtskrankheit Absonderung und Zwangs- 
heilung über sich ergehen zu lassen. Vgl.oben $11. Bitter, Handwörter- 
buch der preuß. Verwaltung, Art. ,‚Geschlechtskrankheiten‘, Bd. II? 8.767. 
Über Zwangsheilungen im Allgemeinen: Sächs. OVG. v. 12. Aug. 1903 
(Jahrb. IV S. 364). Bayer. VGH. v. 8. Nov. 1897 (Samml. von Entsch. 
bayr. VGH XIX 8. 47). S. oben 8. 157. Über Wohnungs- und Verkehrs- 
beschränkungen der Prostituierten im Allgemeinen oben $1l. Ferner 
Preuß. OVG. v. 8. Nov. 1901 und v. 25. April 1902 (Reger XXIV 168, 
169). S. auch oben Anmk. 22. 
 F. Kitzinger, Die Verhinderung strafbarer Handlungen durch 
Polizeigewalt, 1913. 
4b Man vergleiche das lehrreiche Buch von Gustav Roscher, 
Großstadtpolizei, 1912. 
Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts. 3. Aufl. 24
	        
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