Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

376 $ 23. Polizeigewalt. 
Ausstellung zahlreiche Neugierige anzieht, die den ungehinderten 
Verkehr auf dem Trottoir versperren.*” Zum Störer wird unter 
Umständen nicht bloß eine handelnde, sondern auch eine 
nichthandelnde Person, so z. B. der Eigentümer, der es 
unterläßt, den polizeiwidrigen Zustand seines Eigentums zu 
beseitigen.*® 
4. Des Amtes der Polizei ist es ‚die nötigen Anstalten‘ zu 
treffen zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. 
Die Beschränkung der individuellen Freiheit darf nie das absolut 
erforderliche Maß überschreiten. Die Polizei soll nicht mit 
Kanonen auf Spatzen schießen. Schenkt z. B. ein Wirt zuwider 
seiner Schankkonzession Branntwein aus, so darf die Polizei 
nicht einfach die Wirtschaft schließen ;*° ihr stehen zur Erreichung 
ihres Zweckes zunächst mildere Mittel zur Verfügung (Exekutiv- 
strafe, Polizeistrafe),. Das schärfste Mittel muß stets die ultima 
47 Gegen die im Text vertretene Auffassung: Entsch. des preuß. OVG. 
Bd.40, S.216. Reger XXII S.258 (Urt. des bayr. obersten Landesgerichts 
v. 16. Jan. 1902); Soergel V 447. W.Jellinek, Gesetz, Gesetzesanwen- 
dung S. 311, Note 37. — Die Sicherheit des Publikums wird durch den 
Zirkuseigentümer gefährdet, der nicht genügend Ausgänge anbringt, nicht 
aber durch den Löwenbändiger, dessen Produktionen das Menschengedränge 
veranlassen. Preuß. OVG. v. 11. Mai 1903 (Reger XXIV 402). — Vgl. 
auch Entsch. des preuß. OVG. Bd. 39, S. 396. Eine Ausnahme von diesem 
Grundsatze kennt das Vereinsrecht. Das Reichsvereinsgesetz $ 7 Abs. 2 
ermächtigt die Polizei, die Genehmigung zur Abhaltung von öffentlichen 
Versammlungen unter freiem Himmel zu versagen, „wenn aus der Abhal- 
tung der Versammlung ... Gefahr für die öffentl. Sicherheit zu befürchten 
ist“. Die Polizei ist deshalb befugt, die Genehmigung auch zu verweigern, 
wenn die Gefahr besteht, es möchte zwischen dritten, der Versammlung 
feindlich gesinnten Personen und den Teilnehmern zu Reibungen kommen, 
welche eine Störung der öffentl. Ordnung hervorrufen. Preuß. OVG. 
7. Juni 1910 (Entscheidungen Bd. 57, S. 31ll). Stier-Somlo, Reichs- 
vereinsgesetz S. 140. 
48 Geruchsbelästigungen, die von einem Fabrikanwesen ausgehen: 
Säche. OVG. v. 5. Dez. 1906 (Jahrbücher IX S. 317: IV S. 248). Nächt- 
liches Hundegebell: Reger XXI 196; XXVIII 309. Soergel IV S. 34. 
4% Enntsch. des Preuß. OVG. Bd. 13, S.424. Weitere Anwendungsfälle 
des Grundsatzes: Entsch. des Preuß. OVG. 51, S. 284. Soergel, IS. 139, 
Nr. 2; S. 150, Nr. 10. Ferner Kamptz, Rechtsprechung des Preuß. OVG. 
IV S. 426.
	        
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