386 $ 25. Die Naturalleistungspflichten.
haben im geltenden Verwaltungsrecht in drei verschiedenen
Instituten Verwendung gefunden.
l. Die erste Stelle nehmen die gemeinen Lasten ein. Eine
gemeine Last entsteht, wenn das Gesetz eine Naturalleistungs-
pflicht bestimmter Art allen Einwohnern des Staats oder der
Gemeinden gleichmäßig als allgemeine Untertanenpflicht auf-
bürdet. Durch dieses Inanspruchnehmen von Naturalleistungen
durchbricht das Gesetz den Grundsatz der Geldwirtschaft, der
heute auch für die öffentliche Verwaltung maßgebend ist. Diese
Durchbrechung findet ihre Begründung in zwei Erwägungen :®
Das eine Moment ist die Unvertretbarkeit gewisser Leistungen.
In bestimmten Fällen bedeutet für Staat und Gemeinde das
Geld nichts, alles dagegen die Möglichkeit, unmittelbar über
Sachen und Sachgüter oder die persönliche Arbeitskraft der
Untertanen verfügen zu können.” Solche Rücksichten sind be-
stimmend gewesen für die Auferlegung einer allgemeinen Rechts-
pflicht zu Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Krieg
und Frieden (Quartier, Verpflegung usf.);* für die Einführung
von Polizeidienstpflichten,? nämlich der Pflicht zur Nothilfe bei
Unglücksfällen,!° der Feuerwehrpflicht,'' der Pflicht zur Bereit-
6 v. Heckel, Art. „Naturalleistungen‘ im Handwörterbuch der
Staatswissenschaften, VI? S. 894.
” Weil die Belastung der Untertanen in solchen Fällen nicht aus-
schließlich dem Bedürfnis entsprungen ist, die Verwaltung finanziell zu
entlasten, sondern z. T. auch aus der Absicht hervorgeht, der Verwaltung
bestimmte Sachgüter der Untertanen unmittelbar dienstbar zu machen, so
kann (z. B. bei der Einquartierungslast) das Gesetz dem Einzelnen eine
teilweise Entschädigung für seine Leistung zusprechen. Laband, Staats-
recht IV* S. 273.
8 Eine Übersicht gibtLaband, Deutsches Reichsstaatsrecht,® S. 386 ff.,
Staatsrecht d. Deutschen Reichs IV% $$ 110 bis 113. Sassen, Art.
„Militärlasten‘‘ im WB d. VerwR? II 872.
®? Wolzendorff, Polizeidienstpflicht (Verw.-Arch. XV S. 523).
10 Strafgesetzbuch $ 360: „Mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder mit
Haft wird bestraft: 10. Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr
oder Not von der Polizeibehörde oder deren Stellvertreter zur Hilfe auf-
gefordert, keine Folge leistet, obgleich er der Aufforderung ohne erheb-
liche eigene Gefahr genügen konnte.“ Frank, Kommentar zum Straf-
gesetzbuch,!® S. 608. Die Aufforderung muß vom zuständigen Beamten
ausgegangen sein. Reger XIX S. 256, Erg.-Bd. II S. 230. Vgl. auch
XXIII 310.
1! Resger XIX 250, XXIII 311, 312. Bitter, Handwörterbuch der