Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

$ 4. Verwaltungsrecht. 53 
in Streitigkeiten des öffentlichen Rechtes zustehen (oben S. 15). 
Auf diese äußerlichen Merkmale kommt es nicht an. Entschei- 
dend ist einzig die innere Natur des Rechtsverhältnisses. Diese 
aber bestimmt sich allein darnach, ob in dem konkreten Rechts- 
verhältnis zwischen Bürger und öffentlicher Verwaltung der 
Staat (die Gemeinde) als Träger obrigkeitlicher Macht erscheint, 
m. a. W. ob er darin dem Untertan als eine potentior persona 
gegenübertritt, oder ob er in Rechten und Pflichten dem Bürger 
wie ein gleichgeordneter Privatmann gegenübersteht (z. B. bei 
der Instandhaltung öffentlicher Gebäude, Straßen usf.). Dabei 
ist jedoch zu beachten, daß der Staat nicht bloß bei Ausübung 
der Befehls- und Zwangsgewalt (Finanzgewalt, Polizeigewalt, 
Militärhoheit usf.) obrigkeitlich, herrschaftlich handelt, sondern 
auch in den Fällen, in denen er kraft gesetzlicher Anordnung dem 
Untertan Schutz und Fürsorge angedeihen läßt (freiwillige Ge- 
richtsbarkeit, Vormundschaft, Armenpflege u. a. m.) Hier 
zeigen sich die Kennzeichen ‚„hoheitlichen‘‘ Handelns in der Ein- 
seitigkeit und der gesteigerten Glaubwürdigkeit der Rechtsakte 
und ferner darin, daß zu deren Durchführung als ultima ratio 
der staatliche Zwang bereit steht. Es ist darum genau zu 
prüfen, wie sich ein Rechtsverhältnis geschichtlich entwickelt 
hat und ob es sich organisch einem Institute des Privat- 
rechts oder des öffentlichen Rechtes einfügt oder angliedert. 
Dies ist namentlich auch festzuhalten in den Fällen, in denen 
aus einem öÖffentlichrechtlichen Verhältnis vermögensrechtliche 
Ansprüche Privater entspringen. Es sei z. B. hingewiesen auf den 
Gehaltsanspruch des Beamten oder auf die Entschädigungsforde- 
rung des Expropriaten. Eine verbreitete Theorie erblickt darin 
rein privatrechtliche Ansprüche, weil diese im individuellen 
Interesse, d. h. im Interesse bestimmter Privatpersonen begründet 
worden seien. Allein die ‚Interessentheorie‘‘ löst die Frage nicht; 
sie bietet keine feste juristische Grundlage. Entscheidend ist 
allein, durch welche juristischen Mittel der Staat seine Aufgaben 
erfüllt. Wenn er die Zwecke einer öffentlichen Einrichtung 
15 v. Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 
I S. 624ff. Gierke, Genossenschaftstheorie S. 797. Reger-Dyroff, 
Bayrisches Verwaltungsgerichtsgesetz, 4. Aufl.. 1908, S. 181. Reichs- 
gericht in Zivilsachen Bd. 55, S. 365; Bd. 56, S. 88.
	        
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