64 $ 4. Verwaltungsrecht.
(Beamtenverhältnis, Enteignung um des öffentlichen Wohles
willen, Arbeiterversicherung usf.) durch Verwendung staatlicher
Herrschaft (imperium) zu erreichen unternimmt, so bleibt auch
der aus einem solchen Rechtsverhältnisse entspringende An-
spruch des Privaten gegen den Staat dem öffentlichen Rechte
unterworfen.
Ob ein bestimmtes Rechtsverhältnis der Herrschaft des öf-
fentlichen Rechtes untersteht, ist ausschließlich an Hand der
geltenden Rechtsnormen zu bestimmen — unbekümmert dar-
um, ob das Recht, unter dem es entstanden ist, von der heutigen
Rechtsauffassung abweicht.'* Der Lebende hat Recht. Daraus
folgt, daß die im Polizeistaat auf Grund der Guts- oder Grund-
herrlichkeit, der Regalität usf. als Privatrechte begründeten
individuellen Befugnisse auf Ausübung eines Gewerbebetriebes,
auf Wassernutzung, auf einen Kirchenstuhl u. dgl.!” heute als
private Rechtsame nur insofern anerkannt bleiben, als ihnen das
neue Gesetz das Leben gefristet hat.!® Ist dies nicht geschehen,
18 Gaupp-Stein, Zivilprozeßordnung, 10. Aufl, I S.7, Anm. 54
und die dort zitierten Autoren.
17? Andreas Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts,
I S. 336ff., 363. Gierke, Deutsches Privatrecht, II S. 15, 84, 400, 620.
R. Hübner, Grundzüge des Deutschen Privatrechts?, 1913, S. 241fg.
Schmid, Über dingliche Gewerberechte (Archiv für zivilistische Praxis
Bd. 44).
18 Gierke, Deutsches Privatrecht, I S. 192. Beispiele: 1. Das sog.
radizierte Realgewerberecht d.h. das mit einem Gebäude (als Bestand-
teil im Sinne des $ 96 BGB.) verbundene Recht zum Betriebe der Schank-
wirtschaft (dingliches Wirtschaftsrecht) oder zum Betrieb einer Apotheke
(Apothekenprivileg) oder zum Betriebe des Abdeckergewerhes. Die Fort-
existenz bestehender Realgewerberechte anerkennt dieRGewO., $ 10,Abs. 2:
„Realgewerbeberechtigungen dürfen fortan nicht mehr begründet werden.‘
Vgl. ferner $48 leg. cit. Landmann, Kommentar zur Gewerbeordnung®,
I 1911, S. 119. W. Brandseph, Die Realgewerberechte in Württem-
berg, Heidelberger Dissertation 1911. Von den 290 Apotheken Württem-
bergs werden 197 auf Grund von realen ‚Apothekenprivilegien‘‘ betrieben.
Der württembergische Kompetenzgerichtshof erblickt, jedoch zu Unrecht,
in derartigen Rechtsamen öffentliche Rechtsverhältnisse; Urteil v.
26. Februar 1913 (DJZ. XVIII, 815). Vgl. auch Lewinsky, Die verkäuf-
liche Apothekenkonzession nach preuß. Recht, 1912. Apothekengerechtig-
keit als Zubehör eines Grundstückes: Entscheidungen des Preuß. Ober-
verwaltungsgerichts 57, S. 122. Über das Abdeckerprivileg (Anstalten zum
Töten der Tiere und zur Beseitigung und Verwertung der Tierleichen):