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gründen, ob der einzelne Bürger mit privatrechtlichen Schutz-
mitteln den Staat an der Betätigung seiner Hoheitsrechte zu
hindern vermag.”®
Bei diesem Zurückgehen auf die letzten Gründe der Rechts-
sätze und dem zu-Ende-Denken bestimmter Rechtsgedanken er-
weist es sich, daß eine Reihe von Rechtsinstituten und recht-
lichen Formen dem Privatrecht und dem öffentlichen Recht ge-
meinsam sind.” Dies trifft namentlich zu für die Verjährung,
ferner für die zur Begründung subjektiver Rechte geeigneten
Rechtstitel: Vertrag, negotiorum gestio, condictio usw.?*® Es ist
richtig, daß diese Formen zunächst auf dem Boden des Privat-
rechts ihre Verwendung und Ausbildung gefunden haben. Allein
daraus darf nicht auf eine ihnen innewohnende privatrechtliche
Natur geschlossen werden. Wie der der Verjährung zugrunde
liegende Gedanke in allen Rechtsteilen wirksam ist,?” so dienen
die erwähnten Rechtstitel dazu, subjektive Rechte überhaupt
zu begründen. Mit der Anerkennung subjektiver öffentlicher
Rechte sind deshalb auch diese Formen im Gebiete des öffent-
lichen Rechts verwendbar geworden.
25 Über die Beantwortung der ersten Frage (Schadenersatzpflicht)
vgl. unten $ 17; über die zweite Frage (Actio negatoria) vgl. unten $ 18.
26 Vgl. darüber die eingehenden Erörterungen bei Göz, Verwaltungs-
rechtspflege in Württemberg, 8. 118—164. Dronke, Die Anwendung
des BGB. auf öffentlichrechtliche Verhältnisse (Zft. f. Zollverwaltung u.
Reichsteuern XI, 165; s. a. Jbch. d. VerwR.VII, 1). Daher ist der Gesetz-
geber nicht selten in der Lage, den Inhalt ganzer Büschel von privat-
rechtlichen Bestimmungen für das öffentliche Recht als anwendbar zu
erklären und die betreffenden Normen dadurch zu öffentlichrechtlichen
zu stempeln. So haben die Ausführungsgesetze zahlreicher Einzelstaaten
den Verjährungsbestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs unmittelbare
Anwendbarkeit auch für die Verjährung öffentlichrechtlicher Forderungen
zugeschrieben. Vergl. z. B. Württemb. Ausf.G. zum BGB. Art. 14l.
In gleicher Weise haben die meisten Landesgesetze die Grundsätze des
BGB. über die Condictio indebiti auf die Rückforderung öffentlichrecht-
licher Abgaben erstreckt. Vgl. die Zusammenstellung bei A. Niedner,
Einführungsgesetz zum BGB., Bemerkungen zu Art. 104.
26 Über den Auftrag im öffentlichen Recht: A. Affolter, Das
Mandat im öffentlichen Rechte (Archiv d. öff. R. XXX 538).
2” Kormann, Die öffentlichrechtliche Verjährung und Verschweigung
in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichte (Preuß. Verw.-Blatt
XXXIII S. 644) und Annalen des Deutschen Reichs 1812 S. 120ff. Reichs-
gericht in Zivilsachen Bd. 78, S. 202.