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halten entweder Vorschriften darüber, nach welchen technischen,
politischen, wirtschaftlichen Grundsätzen die einzelnen Gesetzes-
bestimmungen zu vollziehen sind,°®” oder sie verteilen innerhalb
der vom Gesetz abgegrenzten Kompetenzen die Geschäfte auf die
verschiedenen gleichgeordneten Amtsstellen, oder sie ordnen
Äußerlichkeiten des Geschäftsbetriebes (Formalien der Ge-
schäftserledigung u. a. m.) Die Verwaltungsverordnungen ent-
halten daher ‚verallgemeinerte Dienstbefehle‘“‘. Sie schreiben
dem Beamten ein bestimmtes Verhalten vor. Aber dadurch
wird für ihn eine Pflicht lediglich gegenüber dem amtlichen Vor-
37 Beispiel: Nach der RGewerbeordnung, $ 33, Abs. 2, Ziff. 2 ist
die Erlaubnis zum Betriebe einer Schankwirtschaft zu versagen, wenn
das Lokal den polizeilichen Anforderungen nicht genügt. Infolgedessen
haben die Ministerialinstanzen verschiedener Staaten den Konzessions-
behörden allgemeine Anweisungen erteilt, welche Momente bei der Prü-
fung der Lokalfrage zu berücksichtigen sind. Landmann, Reichsgewerbe-
ordnung I® S. 322. Vgl. ferner ein Urteil des Preuß. Ober-Verwaltungs-
gerichtse vom 9. Januar 1903 (Entscheidungen Bd. 43, S. 300), worin
die Bedeutung der für die Handhabung der Theaterzensur maßgebenden
Instruktionen erwähnt wird. Die vom badischen Ministerium der Justiz,
des Kultus und Unterrichts s. 7t. erlassenen „Vorschriften über die Ab-
lieferung von Leichen an die anatomischen Anstalten‘ enthalten ledig-
lich Dienstanweisungen an die Ortspolizeibehörden. Rechtsprechung des
bad. Verwaltungsgerichtshofs, Bd. III (Behr) S. 177, Nr. 318. Vgl. über
die Frage im allgemeinen Thoma, Polizeibefehl im bad. Recht I S. 350.
38 Dagegen enthalten die Normen über die Organisation der Behörden
Rechtssätze. Nicht darum — wie Jellinek, System der subjektiven
öffentlichen Rechte S. 238ff., annimmt —, weil die an die staatlichen
Organe gerichteten Normen zugleich Normen für die hinter ihnen stehenden
Menschen sind, denn das trifft in gleicher Weise bei reinen Verwaltungs-
verordnungen zu, sondern weil auch die organisatorischen Normen eine
Abgrenzung von Willenssphären enthalten. Nicht nur den übrigen Staats-
organen, sondern auch dem Untertan gegenüber stellt die organisatorische
Vorschrift fest, unter welchen Voraussetzungen ein bestimmter mensch-
licher Wille als Staatswille zu gelten hat. Vgl. auch Walz, Bad. Staats-
recht, 1909, S. 209—210. Hänel, Gesetz im formellen und materiellen Sinn,
S. 222, 226, 232. Thoma, Polizeibefehl im Bad. Recht, I S. 118. Reine
Organisationsverordnungen sind deshalb KRechtsverordnungen. Vgl.
unten $ 5. Anderer Ansicht z. B. Anschütz, in der Enzyklopädie der
Rechtswissenschaft, II S. 604.
39 Die Pflicht zur Befolgung dieser Befehle ergibt sich für den Be-
amten aus dem besonderen Abhängigkeitsverhältnis (Gewaltverhältnis),
in das er durch die Anstellung eingetreten ist.