Full text: Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts.

$ 5. Quellen des Verwaltungsrechte. 69 
Gesetzes, nie wider das Gesetz (contra legem) zu erzeugen.? 
An dem ‚rocher de bronze‘‘ des Gesetzes brechen sich alle dem 
Gesetze widerstreitenden Rechtsvorschriften. Das macht den 
Vorrang des Gesetzes aus. 
Der Verwaltungsrechtsatz wirkt zweiseitig, nach außen und 
nach innen. Nach außen begründet er ein Rechtsverhältnis 
zwischen Staat und Untertan; er bestimmt, was für den Unter- 
tan Rechtens ist. Daher ist jeder Rechtsatz den Untertanen 
in einer bestimmten Form kundzumachen; von der Verkün- 
digung in der vorgeschriebenen Form hängt die Verbindlichkeit 
des einzelnen Rechtsatzes ab. Auch nach innen wirkt der 
Rechtsatz; er erteilt dem Beamten den Befehl, die Anordnung 
zu vollziehen. Ob der Beamte dabei den Satz rein mechanisch 
auf einen gegebenen Tatbestand anzuwenden hat, oder ob bei 
der Vollziehung seinem eigenen freien Ermessen Raum gelassen 
ist — das ändert am Charakter des Rechtsatzes nichts. 
Nicht allen Sätzen des modernen Verwaltungsrechtes ist je- 
doch ihre verwaltungsrechtliche Zweckbestimmung auf die Stirn 
geschrieben. Ein großer Teil von ihnen erscheint in strafrecht- 
lichem Gewand.* Ein Beispiel soll dies erläutern: Nach dem 
Reichsstrafgesetzbuch $ 366, Ziff. 8 wird mit Geldstrafe bis zu 
sechzig Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen bestraft, wer 
nach der öffentlichen Straße ‚Sachen, durch deren Umstürzen 
oder Herabfallen jemand beschädigt werden kann, ohne gehörige 
Befestigung aufstellt oder aufhängt, oder Sachen auf eine Weise 
ausgießt oder auswirft, daB dadurch jemand beschädigt oder 
verunreinigt werden kann.‘‘ Derartige Vorschriften enthält das 
Reichs-, wie das Landesstrafrecht in großer Zahl. Es genügt, 
an den 29. Abschnitt des Reichsstrafgesetzbuchs über die Über- 
tretungen und an die Polizeistrafgesetzbücher der deutschen 
Einzelstaaten zu erinnern. In den darin erlassenen Strafrechts- 
3 Eine Ausnahme bilden die Notverordnungen, d. h. Verordnungen 
mit Gesetzeskraft, die auf Grund verfassungsmäßiger Ermächtigung vom 
Staatsoberhaupt erlassen werden können, wenn ein dringender Notstand 
das Einschreiten der Gesetzgebung fordert, der Landtag aber nicht so 
schnell, wie es nötig ist, versammelt werden kann. Georg Meyer- 
Anschütz, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtse, 5 161. P. Schoen, 
im Handbuch der Politik, I S. 302. 
4 Thoma, Polizeibefehl im Bad. Recht, I S. 54, S2f.
	        
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