82 $ 5. Quellen des Verwaltungsrechts.
gesetzgebung. Sie schafft Normen von der Kraft des Gesetzes .*!
Aber andrerseits gilt der Vorrang des Gesetzes auch ihr gegen-
über. Bevor der Richter autonomes Recht anwendet, hat er es
auf seine Übereinstimmung mit dem Inhalt der Gesetzgebung zu
prüfen.** Die staatliche Bestätigung der Satzung entbindet ihn
von dieser Pflicht nicht.“
Die Erzeugung autonomen Rechts ist im allgemeinen nur dem
organisierten Verbande möglich. Die verwaltungsgerichtliche
Praxis — in erster Linie die des Preußischen Oberverwaltungs-
gerichts — hat jedoch die Fähigkeit zur Rechtsetzung auch un-
organisierten Gemeinschaften zuzuerkennen begonnen. Dies na-
mentlich in Fällen, in denen das Gesetz eine öffentliche Last (Bau
und Unterhalt eines öffentlichen Weges; Aufbringung der Mittel
zum Unterhalt einer Schule u. dgl.) einer Mehrheit von Personen
(Gemeinden, Gutsherrn usf.) gemeinsam auferlegt hat (vgl. unten
$ 25). Wie weiter unten wird zu beweisen sein, kann die Ver-
teilung der Last auf die einzelnen durch ein im Kreise der Ver-
pflichteten entstandenes Gewohnheitsrecht vorgenommen wer-
den. Dasselbe Ergebnis erreichen jedoch die Träger der öffent-
lichen Last durch den Abschluß eines Vertrages, worin sie unter
sich die wechselseitigen Rechte und Pflichten regeln, die sich aus
einer solchen Gemeinschaftlichkeit einer öffentlichen Last er-
geben. Zielen die in dem Vertrage enthaltenen Willenserklä-
rungen nicht bloß auf die Begründung subjektiver Rechte und
Pflichten zwischen den Vertragsparteien, sondern auf die Auf-
richtung objektiver Normen über die Verteilung der Lasten ab und
wird dem Vertrage überdies die staatliche Bestätigung zu teil, so er-
langt er den Charakter einer rechtsetzenden Vereinbarung.”
“41 „Anordnungen mit Gesetzeskraft‘‘ sagt die württembergische Gec-
meindeordnung v. 1906, Art. 8.
42 Beispiele: Entsch. des Reichsger. in Zivilsachen, Bd. 51 S. 62ff.,
323 ff.
43 Bayr. Verwaltungsgerichtshof 28. Oktober 1896 (Sammlung von
Entsch. des bayr. Verw.-Ger. H. XVIII S. 33). Preuß. Ob.-Verw.-Ger. v.
3. November 1897 (Entsch. Bd. 32, S. 123). Kgl. Sächs. Ob.-Verw.-Ger.
14. Oktober 1901 (Jahrbücher des K. Sächs. Ob.-Verw.-Ger. I S. 240).
4 Das Wesen der Vereinbarung ist gegenüber dem Vertrag scharf
erfaßt worden von Binding, Die Gründung des norddeutschen Bundes
(Festgabe der Leipziger Juristenfakultät für Windscheid, 1888) S. 69— 70.
Den Begriff haben weiter ausgebaut Jellinek, System der subjektiven