Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Amtsbezirke, Amtsverbände — Amtsdelikte 
Anleihen und ist vom Kreisausschuß zu erteilen, 
2. das Recht der Beanstandung von Beschl des 
Ausschusses, die seine Befugnisse überschreiten 
oder die Gesetze verletzen, und das Recht der 
Zwangsetatisierung, die beide vom Landrat aus- 
zuüben sind ([lGemeindeverwaltungl. 
#s#6. Anhang. Distriktskommissarien. Nicht un- 
erwähnt bleiben darf die Sonderstellung, die in 
dem für die östlichen Provinzen geltendem System 
der ländlichen Pol Berw die Provinz Posen aus 
politischen Gründen einnimmt [II Posenl. In 
der Provinz Posen gibt es keine A# mit ihren 
Organen, dem im Ehrenamt fungierenden AVor- 
steher und dem AAusschuß. Die Ortspolizei wird 
vielmehr von besoldeten Berufsbeamten, den Kgl 
Distriktskommissarien verwaltet. Ihre Zuständig- 
keit auf polizeilichem Gebiete innerhalb ihres Di- 
strikts, der ein reiner Verw Bez ist, ist im wesent- 
lichen dieselbe wie die der AVorsteher. Die Orga- 
nisation beruht auf der Kab O v. 10. 12. 36 (abge- 
druckt in v. Kamptz Annalen 20, 943) und auf der 
Min Instr v. 19. 8. 87 (Min Bl 179). Die Distrikts- 
kommissare werden vom Oberpräsidenten ernannt 
und sind kgl Beamte, gelten aber nicht als kal Be- 
hörden im Sinne des Pol Kosten G v. 3. 6. 08. 
GS#l19 (vgl. § 8, Ziff. 2). 
Literatur: Arnstedt, Das Preußische PolRecht 
Bd. 1, 1905; v. Bitter, HWpr Berw I, Art. AAus- 
schuß, ABez, Abekretäre, Aunkosten, AvVorsteher, Di- 
striktskommissarien; Brauchitsch Bd. 2; v. Kamptz, 
Rechtivrechung des OBG, Bd. 1, Erg.-Bd. 1, 2, 3:; Schön, 
Das Recht der Kommunalverbände in Preußen, 1897. 
Dierschke. 
Amtsdelikte 
5 1. Grundbegriffe. # 2. Die Beziehungen zwischen der 
Gesetzgebung Preußens und des Reichs. 3 3. Legaldefini- 
tion des reichsstrafrechtlichen Beamtenbegriffs. # 4. Die 
Amtsdelikte des Reichsstrafrechts als kriminalisierte Ver- 
letzungen der internen Beamtendienstpflicht. 4 5. Der Be- 
griff der Amtsdelikte keine „Materie" des RSt GB (752 E). 
#6. Die einzelnen Amtsdelikte. # 7. Schlußbemerkungen. 
IB — Beamter; D — Disziplintar).) 
## 1. Grundbegriffe: Kriminal= und Diszi- 
Plinarstrafgewalt; eigentliche und nneigentliche, 
allgemeine und besondere Amtsdelikte. Nach 
deutscher Rechtsanschauung, wie sie sich im Ver- 
laufe von fast zwei Jahrhunderten ausgebildet hat 
und auch in der positiven Rögebung zum Ausdruck 
gekommen ist, unterliegt der pflichtwidrig han- 
delnde B einer doppelten Strafgewalt des Staats: 
der DStrafgewalt I7 Disziplin] und der Kriminal- 
strafgewalt. Die erstere ist eine besondere Erschei- 
nungsform des besonderen Gewaltrechts (der 
„Dienstgewalt“), welches durch den das BVer- 
hältnis begründenden öffentlich-rechtlichen Dienst- 
vertrag zu Gunsten des Staats über den B ge- 
schaffen wird. Sie bezweckt in ihrer gegenwärtigen 
Ausprägung durch Verhängung besonderer Straf- 
übel an dem B den schuldhaft vollendeten Bruch 
der Ordnung des internen, zwischen dem B. und dem 
Staat als dessen Dienstherrn bestehenden Gewalt- 
verhältnisses fühnend zu vergelten. Die Kriminal- 
  
  
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strafgewalt des Staats dagegen ist eine Erschei- 
nungsform der allgemeinen Staatsgewalt über die 
Untertanenschaft als solche. Auch der B unter- 
liegt zunächst derselben als ein Element der all- 
gemeinen Untertanenschaft beim Verüben „ge- 
meiner“, an sich von jedermann begehbarer straf- 
barer Handlungen. Aber gewisse Verletzungen der 
internen, durch den Dienstvertrag dem Staat 
gegenüber begründeten Dienstvpflicht des B be- 
einflussen auch zugleich den Bestand der allge- 
meinen, durch die Kriminalstrafgewalt geschützten 
RechtsO und werden daher, abgesehen von der 
disziplinellen Ahndung, nach Maßgabe der pofsi- 
tiven Ggebung auch zum Zwecke öffentlicher Sühne 
und Genugtuung mit Kriminalstrafen vergolten. 
Derartige kriminalisierte Dienstpflichtverletzungen 
der B heißen herkömmlich Amtsverbrechen, Amts- 
vergehen, Amtsdelikte. Besteht das vollendete 
Unrecht der B, welches kriminalisiert ist, ledig- 
lich in einem bloß von einem B begehbaren 
Verstoß gegen die interne dem Staat geschuldete 
Dienstpflicht, so liegt ein „eigentliches“ A. vor. 
Aber die gemeinen, an sich von jedermann begeh- 
baren strafbaren Handlungen involvieren, wenn 
der Täter ein B ist, bei dem umfassenden Charakter 
der B Dienstpflicht zugleich immer einen Verstoß 
gegen letztere, und mit Rücksicht hierauf hat die 
positive Ggebung bisweilen die Bigenschaft des 
Täters als strafschärfendes Moment bei der Kri- 
minalisierung gewisser gemeiner Delikte in Betracht 
gezogen. Man spricht von dem Vorliegen „un- 
eigentlicher" A. (Amtsvergehen, Amtsverbrechen), 
wenn die positive Ggebung gewisse gemeine De- 
likte, von B begangen, gerade wesentlich 
wegen der konkurrierenden Ver- 
letzung der internen B Dienstpflicht 
mit erhöhten Strafsanktionen ausgezeichnet hat. 
Ferner unterscheidet man „allgemeine“ und „be- 
sondere“ A., je nachdem als Täter alle B in Frage 
kommen können oder nur die Angehörigen be- 
stimmter BKKategorien. Im übrigen besteht nach 
der gegenwärtigen deutschen Rechtsanschauung 
grundsätzlich ein gesondertes unabhängiges Funk- 
tionieren der staatlichen Kriminal= und Disziplinar- 
strafgewalt gegenüber dem Beamtentum. 
** 2. Die Beziehungen zwischen der Gesetzgebung 
Preußens und des Reichs. Auf der Grundlage der 
Ggebung Preußens in dem G v. 21. 7. 52, sowie 
in Tit. 28 T. II St GB v. 51 hat auch die deutsche 
Reichsgewalt ihre Normen einerseits über das B- 
Disziplinarrecht in dem Reichs B#v. 31. 3. 73 
(ietzt Fassung v. 18. 5. 07), andererseits über „Ver- 
brechen und Vergehen im Amt“ in dem Abschn. 28 
T. II Reichs StG B v. 15. 5. 71 aufgebaut. Ins- 
besondere hat trotz mannigfacher Klagen über eine 
zu große Härte des preußischen Gebers in Tit. 28 
T. II St#B v. 51 der RGeber diesen Titel „fast 
unverändert und in seinen Strafvorschriften nur 
wenig gemildert übernommen“. Bestimmend war 
die mit dem preußischen GGeber geteilte Erwä- 
gung, „daß, wer als B ein Verbrechen verübt, 
nicht bloß die allgemeine staatsbürgerliche Pflicht, 
den G zu geborchen, verletze, daß vielmehr die 
Stellung des B noch besondere Pflichten aufer- 
lege, welche durch die Begehung von strafwürdigen 
Handlungen mitverletzt würden, und daß darum, 
wenn diejenigen, die als Wächter der G bestellt 
seien, welche also vor allen die G heilig zu halten 
haben, gegen dieselben frevelten, die zu treffende
	        
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