Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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(5 313), „Post B" (5 328), „gerichtliche Anwälte 
oder andere Rechtsbeistände“ (5 329); dazu be- 
droht unter der Voraussetzung der „Verletzung 
einer amtlichen Pflicht“ § 311 auch die an einem 
„Mitglied der bewaffneten Macht“, wie an einem 
„B“ oder „Schiedsrichter“ vorgenommene aktive 
Bestechung. Hierbei rechnete man damals offiziell 
„die einen Teil der Rechtspflege ausübenden und 
somit ein Staatsinteresse wahrnehmenden Rechts- 
anwälte“ ausdrücklich zu den unmittelbaren 
Staatsdienern, und auch die von § 329 gemeinten 
„anderen Rechtsbeistände“ mußten den Charakter 
von B besitzen, denen die Wahrung von Partei- 
rechten anvertraut war (Beseler, Kom. 562). Die 
Schiedsrichter, Mitglieder der bewaffneten Macht 
und Geschworenen dagegen entbehrten im Sinne 
des StE#B von 51 die BEigenschaft. Dasselbe er- 
achtete einen den BCharakter begründenden öffent- 
lich-rechtlichen Dienstvertrag nur bei der Annahme 
eines angebotenen „öffentlichen“ Amts für gegeben 
(Oppenhoff zu § 331 Nr. 2 KO 11 VIII 1832) 
und schied gerade die Funktionen der Schieds- 
richter, der Mitglieder der bewaffneten Macht 
und der Geschworenen positiv aus dem Be- 
griff des öffentlichen Amts aus (s. § 12 Z. 2, 3, 6; 
88 102, 192), trotzdem der Wortlaut der §#8 310, 
311 mit Bezug auf „Schiedsrichter“ und „Mit- 
glieder der bewaffneten Macht“ von einer „amt- 
lichen Pflicht“ zu reden wußte. Der bloßen Prak- 
tikabilität wegen gedachte so der spezifisch den 
„Amtsdelikten“ der „B“ gewidmete 28. Tit. II T. 
St GB v. 1851 (s. Mot 1851, 66, Komm B 179 f.), 
auch einiger Kriminaldelikte gewisser Nicht B. Auch 
im 28. Abschn. T. II RSteß erscheinen als 
Adressaten der Strafsanktionen außer „B“ noch 
„Richter“ (§ 334), „Schiedsrichter“ (§ 334, 330), 
„Geschworene" (5 334), „Schöffen“ (§ 334), „Reli- 
gionsdiener oder Personenstands B“ (5 338), „Ad- 
vokaten, Anwälte oder sonstige Rechtsbeistände“ 
(* 352, 356), „Post B“ (5 354), „Telegraphen B 
oder andere mit der Boeaufsichtigung und Bedie- 
nung einer zu öffentlichen Zwecken dienenden 
Telegraphenanstalt betraute Personen“ (75 357); 
dazu ist nach § 333 ebenfalls die an einem „Mit- 
glied der bewaffneten Macht“ verübte aktive Be- 
stechung strafbar. Der 28. Abschn. II T. RSteh 
gedenkt also neben den „V“ auddrücklich auch 
einiger Personenkategorien, deren Zugehörig- 
keit zum reichsstrafrechtlichen BBegriff nach den 
notorischen Intentionen des RGebers direkt 
ausgeschlossen ist. Der den reichsstrafrechtlichen 
BhBegriff erzeugende „öffentlich-rechtliche“ Dienst- 
vertrag verlangt zwar an sich auch Angebot und 
Annahme eines „öffentlichen“ Amts. Aber gewisse 
Personenkategorien, wie z. B. Geschworene, Schöf- 
fen, Advokaten, Anwälte (Rechtsbeistände), sind 
vom RStEB positiv als besondere nicht- 
beamtete Träger öffentlicher Aemter gualifiziert 
(vgl. auch § 31 und § 34 Z. 2). Nichtedestoweniger 
erscheinen als Grundstock des 28. Abschn. II T. 
RStGB die Bestimmungen über die Personen 
mit BECharakter und im Hinblick hierauf, wic auch 
wegen des Gesichtspunkts der Kontinuität der 
Rechtsentwicklung muß wenigstens als prin- 
zipielles Ziel des 28. Abschn. die Feststellung 
der „A“ der „B angesehen werden, was nicht 
ausschloß, daß nicht der Praktikabilität wegen die 
A einiger „nichtbeamteter“ Träger öffentlicher 
Aemter angefügt wurden. Jedenfalls hat man so 
  
  
Amtsdelikte 
Anlaß gehabt, auch hinsichtlich der Tatbestände 
des 28.Abschn. zwischen eigentlichen (reinen, echten) 
Xund uneigentlichen (gemischten, unechten) A 
zu unterscheiden. Unter die erste Gruppe hat man, 
wie hergebracht, solche Handlungen gerechnet, 
welche nur strafbar sind, wenn ein B sie verübt, 
oder welche tatsächlich nur von B verübt werden 
können, unter die zweite Kategorie dagegen Hand- 
lungen, welche, an sich und allgemein strafbar, mit 
größerer Strafe bedroht sind, falls ein B sie ver- 
übt. Gegenüber dieser herrschenden, von dem V 
als Subjekt der A ausgehenden Unterscheidung 
unternehmen andere eine Charakteristik nach dem 
Objekt der strafbaren Angriffshandlung und unter- 
scheiden reine A, wenn die Verletzung der Amts- 
pflicht allein den Tatbestand ausmacht, die Amts- 
pflicht das primäre Angriffsobjekt bildet, und ge- 
mischte A, wenn die Verletzung der Amtspflicht zu 
einem gemeinen Verbrechen erschwerend hinzu- 
tritt, die Amtspflicht als sekundäres Angriffsobjekt 
erscheint. Nach Binding verdienen selbst die un- 
eigentlichen A gar nicht die Bezeichnung „2“; 
nach ihm ist ein A nur begangen, wenn wirklich die 
Staatsgewalt zu echtem Unrecht benutzt worden: 
in der Verwendung der Staatsgewalt seitens ihres 
Organs zu widerrechtlichen Akten innerhalb seiner 
Zuständigkeit erblickt er das Wesen des A. Hand 
in Hand mit diesen Differenzen über die Gliede- 
rung der A gehen aber in der Theorie überhaupt 
auch Meinungsverschiedenheiten darüber, ob cs sich 
bei den Ain der Tat um Kriminalisierung von Ver- 
letzungen der internen Dienstpflicht gegenüber dem 
Dienstherrn handelt und nicht vielmehr um kri- 
minelle Verstöße gegen bestimmte externe Amts- 
pflichten. 
Der das anvertraute Amt verwaltende Staats B 
kann allerdings von der Ggebung auch als Träger 
externer Amtsrechte und Amtspflichten erfaßt 
werden, und es steht grundsätzlich nichts im Wege, 
daß ihn bei solchen Verletzungen externer Amts- 
rechte und Amtspflichten, welche einen strafwür- 
digen Bruch der allgemeinen Rechts O involvicren, 
die staatliche Kriminalstrafgewalt ereilt. Anderer- 
seits ist es auch möglich, daß der Ggeber alles, 
was der B in seinem Amt zu prästieren hat, auf 
seine interne Dienstpflicht gegen den Dienstherrn 
zurückführt, und gewisse schwere interne Dienst- 
pflichtverletzungen des B, wenn sie zugleich die 
allgemeine Rechts O wesentlich tangieren, auch mit 
Kriminalstrafe belegt. Ob die Kriminal GEgebung 
den einen oder anderen Weg einzuschlagen hat, 
entscheidet immer das jeweilige Ermessen des G- 
gebers. Für das RStoB steht nun aber — 
sowohl wegen des Gesichtspunkts der Kontinuität 
der Rechtsentwicklung, wie wegen der bereits an- 
geführten Ausführungen der Reg Mot — jeden- 
falls fest, daß im 28. Abschn. II T. der Ggeber 
gerade im Anschluß an das vorgefundene preußische 
Recht besonders schwere, aber zugleich die allge- 
meine Rechts O wesentlich antastende Verletzungen 
der an sich internen Bcienstpflicht hat 
kriminalisieren wollen (vgl. auch Mot zu §s 345: 
„bloße Fahrlässigkeit in Ausübung seiner Dienst- 
pflicht“). Die Aneinanderreihung von „Amts= oder 
Dienstpflicht“ in § 332, 333 ist jedenfalls nicht im 
Sinne einer scharfen Sonderung von externer und 
an sich interner Pflichtenstellung gewollt, sondern 
im Grunde nur ein unschädlicher Pleonasmus. Ein 
derartiger, zu weiteren Folgerungen an sich nicht 
  
 
	        
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