Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Amtshauptmannschaft und Bezirk (Sachsen) 
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meindevorstande ein vom Gemeinderate gewählter 
Wahlmann der Wahlversammlung zu; in gleicher 
Weise wird für jede Bollzahl von 1000 Einwohnern 
über Eintausend ein weiterer Wahlmann außer 
dem Gemeindevorstande gewählt. Die Verteilung 
der Abgeordneten auf die Städte und die Land- 
gemeinden, die Feststellung der Wahlbezirke, sowie 
die Bestimmung und Verteilung der Zahl der 
Wahlmänner unter die mehreren zu einem Wahlbe- 
zirke gehörigen Ortschaften erfolgt durch die Kreis- 
hauptmannschaft; spätere Abänderungen des Vertei- 
lungsplans können nur mit Zustimmung der B- 
Vertretung erfolgen; von 12 zu 12 Jahren hat 
eine Neochon stattzufinden. Die Abgeordneten 
zur BVersammlung werden auf 6 Jahre gewählt; 
alle 3 Jahre scheidet die Hälfte aus. Die Aus- 
scheidenden sind wieder wählbar. Stimmberechtigt 
und wählbar sind nur selbständige männliche Per- 
sonen, welche die sächsische Staatsangehörigkeit be- 
sitzen und im Sinne der Gemeinde O unbescholten 
sind; der Verlust der Wählbarkeit hat das Erlöschen 
der Abgeordneten-Eigenschaft zur Folge (doch gilt 
dies nicht von einem Abgeordneten der Höchst- 
besteuerten, dessen Einkommen während der Wahl- 
veriode unter die Grenze für die Wählbarkeit 
herabgeht (Fischers Zeitschr. 7, 1600). Die Wähl- 
barkeit zum Abgeordneten der Städte setzt den 
Besitz des Bürgerrechts in einer im B gele- 
genen Stadt voraus; als Abgeordneter der Land- 
gemeinden ist jedes Gemeindemitglicd und jeder 
Besitzer eines selbständigen Gutes im betreffenden 
Wahlkreise wählbar, als Abgeordneter der Höchst- 
besteuerten jeder, dem im Wahlverbande der Höchst- 
besteuerten das Stimmrecht zusteht. Wegen des 
Rechtes zur Ablehnung oder Niederlegung des 
Amtes eines Abgeordneten gelten die für Ge- 
meindeämter vorgeschriebenen entsprechenden Be- 
stimmungen. 
Der BTag wird vom Amtshauptmann berufen, 
der auch den Vorsitz führt und die Verhandlungen 
leitet. Die Verhandlungen sind öffentlich. Der 
BTag ist beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte 
der Mitglieder der BVersammlung gegenwärtig 
ist. Die Beschlüsse werden nach einfacher Stimmen- 
mehrheit gefaßt; bei Stimmengleichheit entscheidet 
die Stimme des Vorsitzenden. Der Bag ist min- 
destens einmal jährlich zu berufen; auf Antrag von 
mindestemns ½ der Mitglieder der BVersammlung 
muß ein außerordentlicher BTag berufen werden. 
Mitglieder des Büusschusses, die nicht Mitglieder 
der BVersammlung sind, können an den BTagen 
ohne Stimmrecht teilnehmen. Auch der Kreis- 
hauptmann ist jederzeit zur Teilnahme an den 
Verhandlungen berechtigt. Ebenso kann sich die 
Staatsregierung durch besondere Kommissare ver- 
treten lassen. 
Die B Versammlung ist in Vertretung des B- 
Verbandes zu den im Eingange von Ziff. 3 be- 
zeichneten Beschlüssen befugt; sie kann beschließen, 
in welcher Weise Leistungen, die dem B als ganzen 
obliegen, deren Aufbringungsweise aber durch das 
G nicht vorgeschrieben ist, geleistet oder verteilt 
werden sollen; sie ist weiter berechtigt, den B- 
Haushaltplan festzustellen, die BJahresrechnung 
zu prüfen und richtig zu sprechen (während die 
Aufstellung des Haushaltplanes und der Jahres- 
rechnung nach dem unten bei Ziff. 2 bemerkten 
Sache des BüAusschusses ist), Aufsicht über die 
Berw des BVermögens und der Bnstalten zu 
  
führen, sowie über Anstellung und Besoldung der 
für diese Verw etwa erforderlichen Beamten Be- 
stimmung zu treffen, im allgemeinen Interesse 
des B bei den höheren Behörden Anträge zu 
stellen, Kommissionen und einzelne Personen mit 
der Wahrnehmung von BzZwecken zu beauftragen, 
die Wahlen in den B= und Kreisausschuß, sowie 
die gesetzlich sonst ihr zugewiesenen Wahlen zu 
vollziehen. « 
2. Die Aufstellung des Haushaltplanes und der 
BJahresrechnung, sowie überhaupt die Verw des 
BVermögen und der Bünstalten, soweit nicht mit 
letzterer besondere Kommissionen oder sonstige Or- 
gane des B beauftragt sind, liegt dem Bezirks- 
Ausschuß ob 1 #21. Derselbe vertritt den B Ver- 
band gegenüber den Büngehörigen, sowie in privat- 
rechtlicher Hinsicht nach außen. Schriften, die eine 
Beurkundung erheischen, sind zwar durch die Unter- 
schrift des Amtshauptmanns zu vollziehen; durch 
solche Schriften aber, in welchen Rechten für den 
B entsagt oder eine bleibende Verbindlichkeit für 
denselben übernommen werden soll, wird der B 
nur dann verpflichtet, wenn sie außer vom Amts- 
hauptmann noch von 2 Mitgliedern des Büus- 
schusses unterzeichnet sind. 
Der Bausschuß besteht unter dem Vorsitze des 
Amtshauptmanns aus mindestens 8 Mitgliedern; 
das Min Inn kann auf Antrag oder nach Gehör 
des Busschusses diese Zahl erhöhen. Die 
Mitglieder des letzteren werden von der B- 
Versammlung frei gewählt, doch so, daß in jedem 
Ausschusse je 2 Vertreter der Höchstbesteuerten, 
Stadtgemeinden und Landgemeinden sein müssen. 
Der BVersammlung brauchen sie nicht anzuge- 
hören (Sächs. Wochenblatt für Verw 1877, 196). 
Die allgemeinen Bedingungen der Wählbarkeit für 
den BAusschuß sind die gleichen wie für die B- 
Versammlung. Ueber das Vorhandensein von 
Ablehnungsgründen entscheidet der Blüusschuß. 
Das Amt eines Bäusschußmitgliedes ist ein Ehren- 
amt. Die Wahl erfolgt jedesmal auf 6 Jahre; alle 
3 Jahre scheidet die Hälfte aus. Ein ausschei- 
dendes Mitglied ist berechtigt, seine Wiederwahl 
für die nächsten 6 Jahre abzulehnen. Die Mit- 
glieder des Büäusschusses erhalten die Reisekosten 
vergütet. Der Amtshauptmann beruft den B- 
Ausschuß ein, führt bei den Verhandlungen den 
Vorsitz, hat Stimmrecht und bei Stimmengleich- 
heit die Entsch. Beschlußfähig ist der Bäusschuß, 
wenn außer dem Vorsitzenden mindestens die 
Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Seine Ver- 
handlungen sind öffentlich; Ausnahmen kann 
der Ausschuß beschließen, soweit nicht gesetzliche 
Bestimmungen entgegenstehen. 
Mit Kgl Dekrete v. 16. 10. 07 war dem Landtage 
der Entw eines neuen G über „die BVerbände und 
selbständigen Stadtbezirke sowie deren Vertretung“ 
vorgelegt worden, der in erster Linie „das hauptsäch- 
lichste Hemmnis der Entfaltung einer lebhaften 
Selbstverwaltungstätigkeit der B, die zu enge Be- 
grenzung der Büäufgaben, beseitigen“ sollte, aber 
auch sonstige Neuerungen — in bezug auf die Wahl 
und Zusammensetzung der BVersammlungen usw. 
— brachte. Der Entw ist jedoch in den Kammern 
nicht zur Beratung gekommen. 
  
Literatur bei Sachsen, Behördenorganisation. 
Wachler.
	        
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