Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Anarchismus — Anhalt (Herzogtum) 
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Kuarchismus 
1 Staat 
Anhalt 
(Herzostum) 
Im Bundesrat: 1 Stimme. Im Reichstag 2 Abg. 
2299,4 qkm — 328 029 Einwohner (1905) — 
auf 1 qakm 142,6 Einwohner. 
Etat 1908/09: 14 401 000 M. 
* 1. Landesherr. 1 2. Volksvertretung. 
u. Beamte. 4 4. Berwaltungszweige. 
# 3 Behörden 
Seit dem Ableben des Herzogs Alexander Karl 
von Bernburg am 19. 8. 1863 sind unter dem 
Herzog Leopold Friedrich alle Landesteile An- 
halts nach 260jähriger Trennung wieder in einer 
Hand vereinigt. . 
§1.Derand-OdemDerHerzogistTräger 
der Staatshoheit und in dieser Eigenschaft nur 
durch seine Zugehörigkeit zum Deutschen Reiche 
beschränkt. Er beruft und schließt den Landtag, er 
hat das Auflösungsrecht, er bedient sich des Land- 
tags in bestimmten Fällen, in anderen ist er an die 
Zustimmung desselben gebunden. Er entsendet 
Kommissare zum Landtag, ernennt 2 Landtags- 
mitglieder und den Landtagspräsidenten, bestätigt 
die Wahlen des 1. und 2. Vizepräsidenten. Der 
evangelische Landesherr ist oberster Landesbischof 
und Träger des Kirchenregiments, mit dessen 
Führung das Konsistorium betraut ist, er beruft 
und schließt die Landessynode und ernennt 5 Mit- 
glieder derselben, er bestätigt die Wahl des Präses 
der Synode. Er ernennt auch den Landesrabbiner. 
In den Jahren 1869—1872 hat zwischen dem 
herzoglichen Hause und dem Lande eine Aus- 
einandersetzung bezüglich des Domaniums statt- 
gefunden (unten 5 4 VI): Ges. v. 28. 6. 1869 
(A.G.S. Nro. 194) mit Nachträgen in Nro. 536 
u. 666 das. u. Bekanntm. in Nr. 279 das. Seit 
dem 1. 7. 1871 hat der Herzog für sich und 
das herzogliche Haus jeder Beihilfe des Landes 
zur Bestreitung der Hof= und Haushaltungskosten 
mit Einschluß sämtlicher Apanagen, der Aussteuer 
und des Wittums für die Prinzen und Prinzes- 
sinnen des herzogl. Hauses entsagt und für alle 
künftigen Fälle auf die landesverfassungsmäßige 
Prinzessinnensteuer verzichtet. Die herzogliche 
Privat Berw ist auch bezüglich des Beamten- 
personals von der Staats Verw völlig getrennt. 
An ihrer Spitze steht der Hausminister und eine 
kollegialisch organisierte Hofkammer mit einem 
Präsidenten. 
Durch Familien G ist die Unteilbarkeit des Lan- 
des und die Primogenitur im Mannsstamm fest- 
gesetzt. Die nachgeborenen Prinzen und Prin- 
zessinnen erhalten bestimmte Apanagen. (Testam. 
des Fürsten Leopold v. 29. 3. 1714, des Fürsten 
Leop. Maximilian v. 4. 5. 1751 u. des Erbprin- 
zen Friedrich v. 19. 12. 1812, vom Herzog Leop. 
Friedr. Franz am 19. 7. 1814 bestätigt und zum 
Hausgesetz erhoben.) 
2. Die Volksvertretung. Die anhaltische 
Landschaft bestand früher aus 3 Klassen: Prälaten 
(Geistliche), Freiherren und Ritterschaft, Städte; 
  
später der Kostenersparnis wegen aus einem Ober- 
direktor, einem engeren und weiteren Ausschusse. 
Der Oberdirektor war der jedesmalige Senior des 
Fürstlichen Hauses, ihm war ein Unterdirektor vom 
Adel, der zugleich Landrat war, zur Hilfeleistung 
beigegeben. 
Infolge des Strebens der Fürsten nach Unab- 
hängigkeit und anderer Umstände wurden die 
Rechte der Landschaft vielfach umgangen. Als im 
Frühjahr 1848 veränderte politische Verhältnisse 
eintraten und die Versuche, mit A.-Bernburg 
eine Gesamt Verf und einen gemeinschaftlichen 
Landtag zu errichten, erfolglos blieben, berief 
Herzog Leopold Friedrich von A.-Dessau, zugleich 
kraft seines Seniorates Regent von A.-Cöthen, 
die nach der V v. 23. 3. und 11. 4. 48 gewählten 
Volksvertreter beider Herzogtümer am 31. 7. in 
Dessau zusammen, um eine zeitgemäße Verf mit 
der Regierung zu vereinbaren. Die Verf wurde 
am 28. 10. 48 fertiggestellt und am folgenden 
Tage seitens des Herzogs sanktioniert. A.-Bern- 
burg errichtete mit seinen Volksvertretern eine 
eigene Verf, die am 28. 2. 50 publiziert wurde. 
Dagegen protestierten die nie ausgehobenen Land- 
stände ohne Erfolg. Durch die V v. 4. 11.57 wurde 
die Verf für die Herzogtümer A.-Dessau und 
Cöthen, als mit den landesrechtlichen Grundsätzen 
nicht mehr vereinbar, aufgehoben. 
Die landständische Vertretung, die Gesamt- 
landschaft wurde nach dem Patente v. 18. 7. 
und 31. 8. 59 neu geregelt. Die neue Landschafts- 
O trat am 1. 10. 59 in Kraft. Die anhaltische Ge- 
samtlandschaft verhandelte danach auf einem Ge- 
samtlandtage, der durch je 12 Vertreter der Ritter- 
schaft, der Städte und der Landgemeinden gebil- 
det wurde. Die Ritterschaft war vertreten durch 
diejenigen adeligen Familien, denen nach landes- 
herrlichem Ermessen ein Sonderstimmrecht bei- 
gelegt war und durch Abgeordnete, welche die Be- 
sitzer der Rittergüter aus ihrer Mitte wählten. 
Die Vertreter der Städte waren die Bürgermeister 
der 4 Hauptstädte (Dessau, Bernburg, Cöthen, 
Zerbst) und 8 von den Gemeinderäten der sämt- 
lichen Städte gewählte Abgeordnete. Die 12 länd- 
lichen Abgeordneten wurden von den Schulzen 
der Landgemeinden aus ihrer Mitte oder aus der 
Zahl der im Herzogtum ansässigen Grundbesitzer 
gewählt. Durch spätere Gesetze wurde die Land- 
schafts O vielfach abgeändert: Ges. v. 19. 2. 1872, 
8. 1. 1873, 4. 2. 1874, 24. 1. 1876, 7. 4. 1887, 
1. 3. 1890, 26. 2. 1891, 19. 5. 1895, 20. 6. 1904 
&5 17 letzter Absatz. 
Der jetzige Landtag besteht aus 36 Mitglie- 
dern, nämlich 2 vom Herzog für die Dauer der 
Landtagsperiode zu ernennenden, 8 von den meist- 
besteuerten Grundbesitzern, 2 von den meistbe- 
steuerten Handel- und Gewerbetreibenden, 14 von 
den übrigen Wahlberechtigten der Städte und 10 
von den übrigen Wahlberechtigten des platten 
Landes zu wählenden Mitgliedern. 
Wähler zum Landtage ist im allgemeinen jeder 
Anhaltiner, welcher das 25. Lebensjahr über- 
schritten hat. Stimmberechtigt für die Wahlen 
der meistbesteuerten Grundbesitzer sind nur die- 
jenigen Grundbesitzer, welche 63 M. oder mehr zur 
festen Grundsteuer zahlen, für diel Wahlen der 
meistbesteuerten Handels= und Gewerbetreiben- 
den nur diejenigen, die als Kaufleute im Sinne 
des HB anzusehen oder Eigentümer von Berg-
	        
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