Ansiedlungen (Posen und Westpreußen — Apanagen)
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preußische Landschaftliche Darlehenskasse mit 10000
Mark. Die Regulierung geschieht dadurch, daß das
Grundstück der AdK ohne Besitz übertragung
aufgelassen und von ihr demnächst an den vorigen
Eigentümer zurückaufgelassen wird; unter Um-
ständen wird auch der Verkauf an einen neuen
Erwerber vermittelt. Gleichzeitig werden die auf
dem Grundstück lastenden kündbaren und meist
hochverzinslichen Privathypotheken durch un-
kündbare Tilgungsdarlehen ersetzt und zwar an
erster Stelle durch ein Darlehen der Landschaft
oder eines anderen öffentlichen Kreditinstituts und
an zweiter Stelle durch ein Darlehen aus dem
A.Fonds; für letzteres hat ein örtlicher Spar= und
Darlehnskassenverein die Bürgschaft und die Re-
gulierungsbank die Mithaft zu übernehmen. Die
Reinerträge der Regulierungsbanken werden dazu
verwendet, Gemeinden, in denen eine deutsche
Mehrheit gesichert ist, eine Allmende zu über-
weisen. Die Tätigkeit dieser Regulierungsbanken
ist in erheblicher Zunahme begriffen. Bei der Mit-
telstandskasse waren bis 31. 12. O9 im ganzen 4108
Regulierungsanträge für Grundstücke mit einer
Fläche von 79 857 ha eingelaufen, von denen 1629
Anträge völlig erledigt waren. Bei der deutschen
Bauernbank betrug bis zu dem gleichen Zeitpunkt
die Zahl der Anträge 3028 für 77788 ha; hiervon
waren 1347 vollständig durchgeführt.
5 10. Finanzielles Ergebnis. Die Gesamtaus-
gaben des A.Fonds vom Jahre 1886 bis Ende
Dezember 1909 betragen 615 676 670 M.
Die Gesamteinnahmen für den
. 180 943 340 M.
gleichen Zeitraum
Die reinen Ausgaben mithin 434 733 330 M.
Seit dem G v. 20. 4. 98 fließen übrigens die
gesamten Einnahmen in den Fonds der Al.
Kiteratur: Das wertvollste und zuverlässigste Ma-
terial geben die alljährlich dem Landtage vorgelegten
Denkschriften der Ansiedlungskommission
selbst. Zu diesen zählt auch Zwanzig Jahre deutscher
Kulturarbeit, Tätigkeit und Aufgaben neupreußischer
Kolonisation in Westpreußen u. Posen 1886 bis 1896. Im
übrigen vgl. Sering, Die innere Kolonisation im östlichen
Deutschland, 1893, 200—242; Lucke, Die deutschen A. in
Westpreußen und Posen, Reisebeobachtungen, 1891; Sohn-
ie y, Eine Wanderfahrt durch die deutschen A. Gebiete, 1897;
Belgard, Parzellierung und innere Kolonisation, 1907;
W. Schultze, Art. A.GG, preußisches, für Posen u. West-
preußen im HPWStaatsW , 1909; Stumpfe, Polen=
frage und AK, 1902; W. v. Massow, Die Polen-Not im
deutschen Osten, 1908. Außerdem besteht eine Reihe Ver-
öffentlichungen über im A. Gebiet gemachte Beobachtungen.
Nicht mit Unrecht hebt aber die AK in der Denkschrift für
1898 S 17 hervor, daß diese vielfach ein schiefes und über-
trieben generalisierendes Bild von den tatsächlichen Ver-
bältnissen der Ansiedler geben. Veltzer.
Apanagen
Die A. haben mit der Civilliste (s. d.) gemein,
daß auch sie Renten sind, welche zwar nicht dem
Haupte, aber den Mitgliedern landesherrlicher
Familien alljährlich ausgezahlt wer-
den, um ihnen ein standesgemäßes Leben zu
gestatten. Nur nennt man A. auch Renten, die
nicht aus allgemeinen Staatsmitteln, sondern
aus Mitteln des landes fürstlichen Vermö-
gens gezahlt werden, während es sich bei der
Zivilliste stets um staatliche Zuweisungen
handelt. Im ersten Falle handelt es sich jeden-
falls um ösfentlich-rechtliche Ansprüche
gegen den Staat. Werden die A. aus dem Haus-
vermögen gezahlt, so könnte der Charakter zwei-
felhaft sein. Doch wird man sich wohl auch hier
für den öffentlich-rechtlichen Charakter zu ent-
scheiden haben.
Die A. sind gegenüber den Civillisten die ältere
Einrichtung. Sie kamen auf mit Aufhören der Teil-
barkeit der Lande und Einführung der Primogeni-
turerbfolge. Damit trat die Notwendigkeit ein, für
die jüngeren Prinzen und deren standesmäßigen
Lebensunterhalt zu sorgen. Dieses geschah zu-
nächst meist in der Form des Paragium (Zuwei-
sung von Land und Leuten), später vielfach in der
Form des Apanagium (Geldabfindung). Die
Verpflichtung zur Zahlung der A. ruhte auf dem
im alleinigen Besitz des landesherrlichen Grund-
eigentums bleibenden Landesherrn und wurde
meist hausgesetzlich geregelt.
Erst die Einrichtung von Civillisten, die ihrerseits
eine Folge der Anerkennung des landesherrlichen
Domänenbesitzes als Staatseigentum war, führte
auch zur Anerkennung einer Verpflichtung des
Staats, neben dem Herrscher auch den Prinzen
bezw. Prinzessinnen des landesherrlichen Hauses
gewisse Jahresrenten zum Unterhalt auszusetzen.
Solches geschah nach dem Vorgange Englands
namentlich in den süddeutschen Bundesstaaten
(Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen,
ferner in Mecklenburg-Schwerin, Oldenburg, in
den thüringischen Staaten, Waldeck usw.), wäh-
rend z. B. in Preußen der Landesherr aus seinem
Vermögen bezw. aus den Beträgen der Ciovilliste
die A. aussetzt.
Im einzelnen weist die Regelung des A.-Ver-
hältnisses in den verschiedenen Staaten manche
Verschiedenheiten auf. Die A. können personliche,
lebenslängliche Renten (Baden, Mecklenburg,
Oldenburg) oder auch vererblich, also für die be-
treffende Linie bestimmt sein (Württemberg,
Bayern, wo eine königliche und eine herzogliche
Linie unterschieden wird, Sachsen, Waldeck). Dann
muß z. B. der Vater bei Lebzeiten die Söhne
mit unterhalten, während bei seinem Tode eine
Teilung stattfindet. Wird dadurch die A. zu klein,
so kann sie auf eine gewisse Höhe ergänzt werden
(tin Württemberg z. B. auf 5000 fl.), während
andererseits, z. B. in Baden, wo die A. persönlich
gezahlt werden, bei einer Gesamtsumme der A.
von über 400 000 fl. eine verhältnismäßige Kür-
zung der Einzelbeträge stattfindet.
Ihrer rechtlichen Natur nach nicht von den A.
verschieden sind die vielfach aus der Staatskasse
— dauernd oder einmalig — an Witwen der
Monarchen oder eines Prinzen gezahlten „Wit-
tümer“ oder an unverheiratete Prinzessinnen ge-
zahlten „Sustentationen“, Nadelgelder, Mitgaben,
Aussteuern, Ausstattungsgelder usw. (Bayern,
Baden, Sachsen usw.).
Die der zweiten Linie eines landesfürstlichen
Hauses zugute kommenden sog. Sekundo-
genituren sind Einrichtungen, die in der
Regel auf Hausrecht beruhen, ausnahmsweise
aber auch, wenigstens teilweise, als Staatsrenten
gewährt werden (3. B. in Sachsen, wo die S. 85000