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Apothekenwesen
in erster Linie darin Ausdruck gefunden, daß man
nur staatlich approbierten Ap die Verw von A ge-
stattet. Die Uebertragung eines Privilegiums
oder einer Konzession war somit stets an jene Vor-
aussetzung gebunden. Während man nun in dem
17. und 18. Jahrhundert im Deutschen Reiche
jener Forderung am besten dadurch genügen zu
können glaubte, daß man den staatlichen Schutz
möglichst weit ausdehnte und den Ap Privi-
legien, die meist sogar mit Verbietungsrechten
verbunden waren (sog. Exklusiv-Privilegien) ge-
währte, oder auch von seiten selbst kleinerer Kom-
munen A einrichtete, haben sich diese Verhältnisse
seit Anfang vorigen Jahrhunderts insofern ge-
ändert, als infolge der freieren Anschauung auf
gewerblichem Gebiete Privilegien überhaupt nicht
mehr erteilt sind, sondern nur noch Kon-
zessionen, die entweder mit Genehmigung
der zuständigen Behörde verkauft werden dürfen
oder nach dem Tode des Inhabers an den Staat
wieder zurückfallen, also unverkäuflich und unver-
erblich sind. Vollständige Freigabe des Handels
mit Az Mitteln, also Kiederlassungsfrei-
heit, hat im Deutschen Reiche nur während der
französischen Fremdherrschaft in den das ehemalige
Königreich Westfalen bildenden Landesteilen so-
wie in Elsaß-Lothringen (hier bis 1877) bestanden.
Die Frage, welches System: Privileg, ver-
käufliche (Real-) oder unverkäufliche (Personal-)
Konzession, Verstaatlichung, Kommunalisierung
der A oder Niederlassungsfreiheit, sich für die ge-
setzliche Regelung des A Mittelhandels am meisten
empfiehlt, ist eine sehr umstrittene. Nur in einem
Punkte dürfte wohl Uebereinstimmung herrschen,
daß Bannrechte, sog. Privilegien, sich völlig über-
lebt haben; tatsächlich werden sie auch in keinem
Bundesstaate mehr erteilt.
Die Nachteile der Privilegien: Dem
Rechtsbewußtsein unserer Zeit wie den leitenden
Grundsätzen der GewO zuwiderlaufende Be-
günstigung Einzelner auf Kosten der Gesamtheit
durch Zuwendung hochwertiger veräußerlicher
ABerechtigungen, außerordentliche Preissteige-
rung der vorhandenen A#Werte, insbesondere der
sog. Idealwerte, und die damit Hand in Hand
gehende Verschuldung der , die einerseits deren
ordnungsmäßigen Betrieb gefährdet und ander-
seits die dem Bedürfnisse der Bevölkerung entspre-
chende Vermehrung der A und damit eine ord-
nungsmätßige AzVersorgung der Bevölkerung
hindert, sowie Erschwerung des Selbständig-
werdens für den unbemittelten Ap, haften mehr
oder weniger auch den verkäuflichen A-
Konzessionen an: deshalb ist man mit
Recht fast in allen deutschen Bundesstaaten, na-
mentlich in den letzten Jahrzehnten, zu dem Sy-
stem der reinen Personalkonzession
übergegangen, die auch zur allgemeinen Einfüh-
rung in dem letzten, 1907 veröffentlichten Entwurf
eines Reichs-A## vorgesehen ist. Dieser Entw ent-
hält außer Vorschriften über Ausschreibung, Er-
teilung, Versagung, Entziebung und Erlöschen
einer Konzession, über die Anlegung von Zweig-A
und Dispensieranstalten, die Erlaubnis zu ärztlichen
und tierärztlichen HausA auch einzelne Bestim-
mungen über den Aetrieb und über die Um-
wandlung verkäuflicher A in nicht verkäufliche,
also über die allmähliche Ablösung aller z. 3.
noch vorhandenen AWerte, die durch die Auflage
35,3, 51,9 und 12,80,
von Betriebsabgaben seitens der neuen Kon-
zessionsinhaber erreicht werden soll. Diese Ab-
lösung ist zweifellos eine der schwierigsten Fragen:
gesetzlich ist sie bisher nur im Königreich Sachsen
(s. später) geregelt. Der Wert der sogenannten
Idealwerte, die hierbei hauptsächlich in Betracht
kommen, wird im Deutschen Reich auf 400—500
Millionen Mark geschätzt. Die Bestimmungen
des Entw sind im allgemeinen zweckmäßig,
sie haben nur insofern einen Mangel, daß
sie die Erteilung einer Konzession an Gemeinden,
also die Errichtung von Kommunal #,, nicht
gestatten, deren Einführung viele Vorzüge
besitzt und sich im Großherzogtum Hessen durch-
aus bewährt hat. Die Reichs GEgebung hat übri-
gens schon bisher den Ap insofern einen ge-
wissen Schutz gewährt, als sie durch § 147 Nr. 1
GewO die Ausübung des Ap Gewerbes durch
Nicht Ap, sowie durch § 367 Nr. 3 des StGB den
Handel mit Giften oder Az unter Strafe stellt,
soweit er nicht auf Grund des & 6 Abs 2 GewO
freigegeben ist.
57. Apothekenberechtigungen der selbständi-
gen (Voll-)Apotheken. Den Berechtigun-
gen und Besitzverhältnissen nach las-
sen sich im Deutschen Reich zur Zeit folgende Arten
von A#erechtigungen unterscheiden:
1. Realprivilegien mit oder ohne Ver-
bietungsrecht, sowie mit oder ohne Verpflichtung
zur Zahlung eines Kanons; sie sind völlig frei
verkäuflich und meist an ein bestimmtes Grund-
stück gebunden, d. h. „radiziert"“;
2. Realkonzessionen, die in der Regel
an ein bestimmtes Grundstück gebunden, aber
nur mit Genehmigung der Behörden verkäuflich
sind; diese Genehmigung muß jedoch bei Präsen-
tation cines approbierten Ap stets erteilt werden:
3. reine Personalkonzoessionen, die
weder verkäuflich noch vererblich sind, bei denen
aber im Todesfalle des Inhabers der Witwe bezw.
den minderjährigen Kindern die Verw der A durch
einen approbierten Ap auf längere oder kürzere
Zeit gestattet wird. Für den Geschäftsnachfolger
besteht bei diesen Konzessionen die Verpflichtung,
mindestens die AEinrichtung nebst Azmittelvor-
räten gegen eine angemessene Entschädigung zu
übernehmen; in Bayern und Sachsen hat er auch
eine Entschädigung für den sog. Kundschaftswert
zu zahlen.
Außerdem sind einige A im Besitze der Krone
bezw. standesherrlich sowie im Besitz des Staates,
von Gemeinden, Korporationen und Anstalten
usw.; eine größere Anzahl von A im Besitz von
Gemeinden ist besonders im Großherzogtum
Hessen vorhanden (s. nachstehend).
Abgesehen von Sachsen-Weimar, Schwarzburg-
Sondershausen und Reuß j. L., wo bis jetzt nur pri-
vilegierte Avorhanden sind, sowie von Bremen und
Hamburg, wo es nur verkäufliche Konzessionen gibt,
sind in den übrigen Bundesstaaten fast alle vor-
her genannten Arten von Berechtigungen ver-
treten, d. h. es besteht hier also ein sogenanntes
gemischtes System. Von den z. Zeit im
Deutschen Reich befindlichen VollA (rund 6000)
beruhen rund 1800 = 300 auf Privilegien, 2300
48,3 auf Realkonzessionen und 1900 = 31,70
auf unverkäuflichen Personalkonzessionen, gegen
iim Jahre 1895; das Ver-
hältuis hat sich also seitdem außerordentlich stark