Archive — Armeebefehl und Armeeverordnung
187
Ein A. zur Aufbewahrung von Urkunden kann
sich jeder anlegen, der Staat, Gemeinden, Kirchen
und sonstige öffentliche Verbände, aber auch Pri-
vatpersonen oder Vereinigungen solcher, z. B. ein
Vereins A. oder ein Familien A. Die darin ent-
haltenen Urkunden tragen durchweg ihre Beweis-
kraft in sich selbst und nicht in dem Orte der Auf-
bewahrung. Oeffentlich sind die A., soweit sie dem
Staate oder öffentlichen Verbänden gehören.
Von einer Registratur unterscheiden sie sich da-
durch, daß die aufbewahrten Urkunden und Akten-
stücke nicht mehr unmittelbar den Zwecken der
Verw dienen, sondern nach archivalischen Grund-
sätzen verwaltet werden. Dazu gehört namentlich
die Wahrung des wissenschaftlichen Zweckes, wenn
auch A. nie in demselben Sinne wie Bibliotheken
öffentlich d. h. allgemein zugänglich sein können,
und es immer der Prüfung der Persönlichkeit des
Benutzers bedarf. Nur in diesem Sinne kann man
heute noch von einem A. Rechte sprechen.
§s 3. Archivverwaltung. Für die Darstellung
der A. Verw können natürlich nicht alle öffentlichen
A. in Betracht kommen, sondern nur die der wich-
tigeren deutschen Staaten.
a) Preußen. Staatliche Provinzial A. be-
stehen zu Aurich, Breslau, Düsseldorf, Hannover,
Koblenz, Königsberg, Magdeburg, Marburg, Mün-
ster, Osnabrück, Posen, Schleswig, Sigmaringen,
Stettin, Wetzlar, Wiesbaden. Dazu kommt das
Geh. Staats A. zu Berlin. An der Spitze der ge-
samten A. Verw steht ein Generaldirektor, dem für
das Berliner Geh. Staats A. ein zweiter Direktor
unterstellt ist. Der Generaldirektor ist dem Prä-
sidenten des Staats Min unmittelbar untergeord-
net. Mit der A.Verw verbunden ist auch das Kgl
preußische historische Institut zu Rom. Daneben
besteht ein besonderes Haus A., das dem Min des
Kgl Hauses unterstellt ist. Das Archiv des alten
deutschen Bundes ist der Stadtbibliothek zu Frank-
furt a. M. überwiesen, Benußungserlaubnis erteilt
der Polizeipräsident.
Die Vorbildung der A. Beamten ist
durch die Bek und PrüfungsO v. 3. 5. 06 (Mli V
206) unter Einsetzung einer Prüfungskommission
in Berlin geregelt. Dazu kommt die DAnw für
die A. Beamten in den Provinzen v. 21. 1. 04 (34).
Die Benutzung der Staats A. regeln die
Erl des Min Präsidenten v. 28. 5. 56 (Mli V 177)
und 9. 1. 76 (1).
b) Bayern. Das Haus= und Staats A. wurde
durch die V v. 29. 10. 06 dem Min des Aeußern
unterstellt. Neben diesem wurde 1812 ein beson-
deres allgemeines Reichs A. gebildet. Die oberste
Verw hatte die MinisterialArKommission, die
nach der V v. 2. 2. und dem Kabinettsbefehle v.
16. 4. 1817 dem Min des Aeußern untergeordnet
blieb. Die neue Organisation brachte die Forma-
tions-B v. 9. 12. 25.
Dem Staats Min des Kgl Hauses und des Aeu-
ßern untersteht das Geheime Haus- und Staats A.
Ersteres verwahrt die auf das Kgl Haus, letzteres
die auf die auswärtigen Verhältnisse bezüglichen
Urkunden. Dem Staats Min des Innern ist da-
egen das allgemeine Reichs A. in München unter-
Scher dessem Filialen die Kreis A. sind.
c) Sachsen. Durch die V v. 7. 11. 31 wurden
das Geheime Kabinetts A. und die A. verschiedener
früheren Oberbehörden (Landesregierung, Landes-
justizkollegium, Obergericht) zum Hauptstaats A. in
Dresden vereinigt, und ihm später auch das Fi-
i.
d) Württemberg. Unter dem Min der
auswärtigen Angelegenheiten steht die Direktion
des Kgl Haus- und Staats A. Dieses führt seiner-
seits die Aufssicht über drei verschiedene A.: 1. Das
Geheime Haus= und Staats A. zu Stuttgart ver-
wahrt die Originalien der Staatsverträge, die
Urkunden und Vhdl über die Familienangelegen-
heiten des Kgl Hauses, überhaupt alle Dokumente,
welche für das Land und dessen Geschichte von
besonderer Wichtigkeit sind, darunter auch die wert-
vollsten Urkunden der neu-württembergischen A.,
deren übrige Urkunden sich in den Filial A. befin-
den. 2. In dem StaatsfilialA. zu Ludwigsburg
befinden sich u. a. die Urkunden und Akten des
Deutschordens, des Ritterstifts Kanburg und des
Klosters Schönthal, der Ritterkantone Odenwald
und Kraichgau, Donau, Kocher und Neckarschwarz-
wald, der Klöster Schönthal, Baindt, Hofen, Lö-
wenthal und Weingarten, der gefürsteten Probstei
Ellwangen, der Behörden des schwäbischen Krei-
ses, der früheren vorderösterreichischen Lande, des
kaiserl. Hofgerichts Rottweil 2c. 3. Das in der Ge-
meinschaft des Staates und der Stadt Hall be-
findliche A. zu Hall mit den Akten des vormals
reichsstädtischen A. zu Hall.
e) Baden hat ein Generallandes A., das dem
Minister des Innern,
k) Hessen ein Haus- und Staats A., das dem
Staat= Min untergeordnet ist.
Die nicht dem Staate gehörigen öffentlichen A.
unterliegen vielfach insofern einer staatlichen Auf-
sicht, als ihre Veräußerung von höherer Genehmi-
gung abhängig ist, so für die Gemeinden in Preu-
ßen 8 16 ZustG v. 1. 8. 83 oder regelimäßige Re-
visionen erfolgen, so bei den städtischen Archiven
in Sachsen durch Beamte des Hauptstaats A.
Literatur: Die Artikel von Müller, bei Rotteck
und Welcker, Staatslexikon 1 (1834), 664 ff; John, in
Holtzendorffs Rechtslexikon 1, 141 ff; Rockinger, Staats-
WB 1 (1857), 311 ff; (v. Lancizolle), Denkschrift über
die preußischen Staats A., 18554 Gollmert, Die preuß.
Staats A., 1857; v. Hagke, Wiederherstellung des deut-
schen Reichs A., 1868; Burkhardt, Die A. Frage vor
dem Reichstage, 1868;: Burkhardt, Hand- und Adreßbuch
der deutschen A., 2 Teile, 1887; v. Löher, A-Lehre, Grund-
züge der Geschichte, Aufgaben und Einrichtung unserer A.,
1890; Muller, Feith, Fruin, Handleiding voor het
#rdenen en beschrijven van Archlven, 1898; Koser,
Mitteilungen der Kal preuß. Arch Verw, davon Heft 1:
Ueber den gegenwärtigen Stand der archivalischen Forschung
in Preußen, 1900; Heft 7: Die Neuordnung des preuß. A.=
Wesens durch den Staatskanzler Fürsten v. Hardenberg,
1904. —
Armeebefehl und Armeeverordnung
# 1. Begriff und Unterscheidungsmerkmale. # 2. In-
haber des Rechts zum Erlasse von Armeebefehlen. 1 3. In-
haber des Armeeverordnungsrechts. # 4. Marinebefehl und
Marineverordnung.
[ABf — Armeebefehl; AB — Armeeverordnungl.
8 1. Begriff und Unterscheidungemerkmale.
Nach dem Vorgange Heckers bezeichnet die herr-