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Armeebefehl und Armeeverordnung
schende Ansicht als ABf alle diejenigen Anord-
nungen des Herrschers, die dieser auf Grund seiner
Kommandogewalt über die Armee erläßt, wäh-
rend sie unter A## diejenigen Anordnungen ver-
steht, die er auf Grund seiner Reg Gewalt i. e. S.
trifft (Laband 4, 34). Mit dieser Unterscheidung,
die deshalb notwendig ist, weil AmBf im Gegensatz
zu A# der Gegenzeichnung eines verantwortlichen
Min zu ihrer Gültigkeit nicht bedürfen, ist nun
allerdings, wie Laband selbst zugibt, wenig ge-
wonnen, denn an die Stelle der Begriffe „ABf
und A#“ sind die Begriffe „Kommando= und
Reg Gewalt"“ getreten, die ihrerscits wiederum von
einander abgegrenzt werden müssen. Indem man
allgemein die Begriffe „Oberbefehl“ und „Kom-
mandogewalt“ identifiziert, verstehen die Einen
darunter nur diejenigen Anordnungen, die die
militärische Aktion und deren Vorbereitungen be-
treffen (Meyer-Anschütz, 723), während andere
unter Kommandogewalt den auf die Zwecktätig-
keit des Heeres bezüglichen Teil der militärischen
Vollzugsgewalt begreifen (Müller, 59). In Er-
kenntnis dessen, daß dieser Weg nicht zum Ziele
führt, da er nur wieder neue Begriffe wachruft
und deren Bestimmung erfordert, hat man allge-
mein (Arndt, Hecker, Laband, Müller, Burhenne,
Peckert, Zorn u. A.) eine begriffliche Abgrenzung
beider Begriffe von einander für unmöglich er-
klärt und sich damit begnügt, die erforderliche Ab-
grenzung in der auf den Erl des Königs von Preu-
hen v. 18. 1.61 (Mli V 73) gegründeten Uebung
zu sehen. In diesem Erl ordnet der König zunächst
allgemein an, daß alle seine der Armee bekannt
zu machenden Ordres den Charakter des militäri-
schen Befehls behalten sollen. Sodann bestimmt
er etwa folgendes:
A#f sowie Ordres in Militärdienstsachen oder
Personalangelegenheiten sollen ohne Gegenzeich-
nung expediert werden. Sind in diesen Ordres
Bestimmungen enthalten, welche auf den Militär-
etat von Einfluß sind oder andere Zweige der Mili-
tär Verw berühren, so sollen diese von dem Kriegs-
Min gegengezeichnet, der Armee aber ohne die
Gegenzeichnung als Militärbefehle bekannt ge-
macht werden. Alle übrigen nur die Verw be-
treffenden Ordres sowie alle anderen Ordres in
Armecangelegenheiten, welche die Etats alterieren
oder sonst einen Reg Akt enthalten, sollen vor der
Absendung mit der Gegenzeichnung des Kriegs-
Min versehen werden.
Laband meint, daß man nicht behaupten könne,
daß diese Unterscheidung klar, bestimmt und un-
zweideutig sei. Wenn man allerdings, wie es
allgemein geschieht, davon ausgeht, das maß-
gebende Unterscheidungsmerkmal in dem Gegen-
stande, den die Ordre betrifft, zu suchen und den
Erl unter diesem Gesichtspunkte untersucht, so
gibt er nicht die gesuchte klare Abgrenzung. Die
Unterscheidungsmerkmale müssen anderswo ge-
sucht werden. Es wird sich dann, wenn man sie,
wie nachstehend, feststellt, zeigen, daß der Erl er-
heblich klarer ist, als man allgemein annehmen zu
müssen glaubt.
ABfsind eine besondere Art des militärischen
Befehls, d. h. einer Anordnung des militärischen
Vorgesetzten, durch die er seinen militärischen Un-
tergebenen etwas ge= oder verbietet. Ein Befehl
ist daher nur dann ein militärischer, wenn der Be-
fehlsgeber zu dem Befehlsempfänger in einem
militärischen Vorgesetztenverhältnis steht. Ein
militärischer Befehl ist nur dann ein Ahf, wenn
er 1. von dem Inhaber der Kommandogewalt
als solchem erlassen und 2. an die Armee gerichtet
ist. Zu 1. Ahf sind hiernach diejenigen Befehle
nicht, die von anderen militärischen Vorgesetzten
erteilt und diejenigen, die zwar von dem Inhaber
der Kommandogewalt erlassen sind, jedoch nicht
von ihm als solchem. AnBf sind also z. B. diejeni-
gen Befehle nicht, die der Inhaber der Kommando-
gewalt erteilt, wenn er die Führung eines Trup-
penteils übernommen hat, eine Didvision, eine
Brigade exerziert, ein Manöver leitet, wenn er
also die Tätigkeit eines Truppenbefehlshabers aus-
übt. Zu 2. Af müssen an die „Armee“ gerichtet
sein, d. h. an ein Kontingent, an mehrere oder
alle Kontingente. Es ist hierbei nicht nötig, daß
der Befehl der ganzen Armee etwas ge-= oder ver-
bictet; das Ge= oder Verbot kann sich auf einzelne
Truppenteile, Personen usw. beschränken; der
Befehl muß aber an die ganze Armee gerichtet sein,
die ganze Armee ansprechen, sei es unmittelbar,
sei es mittelbar in der Form, daß der Befehl an
den Kriegsminister als verfassungsmäßig berufenen
Vertreter der Armee gerichtet und dieser beauf-
tragt wird, ihn zur Kenntnis der Armee zu bringen.
Hiernach sind rechtsgültige Af z. B. diejenigen,
die der Juhaber der Kommandogewalt anläßlich
des Ablebens einer militärisch bedeutenden Per-
sönlichkeit an den Kriegs Min und die Armee zu
richten pflegt und in denen er in der Regel An-
ordnungen über die Anlegung von Trauer und
die Beteiligung von Abordnungen an den Bei-
setzungsfeierlichkeiten zu treffen pflegt.
Da die Ahf die militärischen Befehle des In-
habers der Kommandogewalt als solchen sind, so
können sie nur solchen Personen etwas ge- oder
verbieten, die der Kommandogewalt des Befehl-
gebers unterworfen sind. Soll der Befsehl eine
weitergehende Wirkung, soll er also Rechtswirk-
samkeit auch gegenüber Personen haben, die der
Kommandogewalt nicht unterliegen, so versagt
diesen Personen gegenüber der Weg des Af und
es bedarf der A V. Damit ist die Grundlage für
eine begriffliche Abgrenzung beider Arten mili-
tärischer Anordnungen gegeben. Nicht der Gegen-
stand des Befehls, nicht die Materie, die er be-
handelt, ist das maßgebende Unterscheidungsmerk-
mal, sondern die Person dessen, der er etwas ge-
oder verbictet, der Kreis der ihnen unterworfenen
Personen. Die der Kommandogewalt unterwor-
fenen Personen schulden jeder Anordnung des In-
habers dieser Gewalt Gehorsam, mag sie die Form
eines Ahf oder die einer A# haben. Ihnen ge-
genüber besteht keinerlei Zwang zur Beschreitung
des Weges der A##, ihnen kann alles durch ABf
befohlen werden. Diesen Gedanken bringt der
oben erwähnte Kgl Erl zum Ausdruck, wenn er
bestimmt, daß alle der Armee bekannt zu machen-
den Allerhöchsten Ordres den Charakter eines Be-
fehls behalten und selbst im Falle der Notwendig-
keit der Gegenzeichnung den Kommandostellen
und der Armce ohne diese als Militärbefehl be-
kannt zu geben sind. Soll die Anordnung Perso-
nen, die der Kommandogewalt nicht unterworfen
sind, und auch den Fiskus binden, so bedarf sie der
Form der AV. Af und Au# unterscheiden sich
also darin, daß ersterer Rechtswirksamkeit nur
gegenüber Personen, die der Kommandogewalt