Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Arzt (Rechte und Pflichten) 
229 
  
sen zu erleichtern sucht. Der preußische Staat hat 
bereits sein Interesse für diese Bestrebungen durch 
Gewährung eines jährlichen Zuschusses von 15.000 
Mark an das Zentralkomitee in Berlin kundgege- 
ben; desgleichen hat er die Gründung der Aka- 
demien für praktische Medizin in 
Köln und Düsseldorf, die sich neben der Ausbil- 
dung von Praktikanten die Abhaltung von Fort- 
bildungskursen für A. zur Aufgabe gestellt haben, 
wesentlich gefördert. An weiteren Veranstaltun- 
gen für diesen Zweck sind noch die von verschiede- 
nen Ortsgruppen des Leipziger Verbands der A. 
Deutschlands ins Leben gerufenen Semina- 
rien für soziale Medizin, in denen be- 
sonders die versicherungsrechtliche und Sachver- 
ständigen-Tätigkeit der A. berücksichtigt wird, und 
das Komitee zur Veranstaltung 
ärztlicher Studienreisen (Sitz: Ber- 
lin, Kaiserin Friedrich-Haus) zu erwähnen. 
z 6. Entziehung der Approbation. Nach 8 40 
GewO darf die ärztliche Appr weder auf Zeit 
erteilt, noch, abgesehen von den Bestimmungen 
in § 53, widerrufen worden. Ihre Entziehung 
kann nach § 53 GewO nur dann durch die Verw- 
Behörde erfolgen, wenn die Unrichtigkeit der 
Nachweise dargetan wird, auf Grund deren sie 
erteilt worden ist oder wenn dem Inhaber der 
Appr die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind, 
in letzterem Falle jedoch nur für die Dauer des 
Ehrverlustes. Es geht daraus zunächst hervor, 
daß beim Vorhandensein der vorgenannten gesetz- 
lichen Voraussetzungen die Appr nicht zurückgenom- 
men werden muß, sondern nur entzogen werden 
kann, daß es also von dem Ermessen der zustän- 
digen Verw Behörde abhängt, ob sie das Verfahren 
  
auf Entziehung einleiten will oder nicht. Grund- 
sätzlich soll allerdings die zuständige Behörde in 
solchen Fällen von ihrer Befugnis Gebrauch ma- 
chen und nur ausnahmsweise, bei ganz besonderen, 
eine milde Beurteilung zulassenden Umständen 
davon Abstand nehmen (OVG 20. 10. 02). Die 
Unrichtigkeit der Nachweise wird 
nur dann als Entziehungsgrund gelten können, 
wenn sie von Erheblichkeit ist (O#G 13. 5. 78), 
z. B. Fälschung der der PrKommission vorgeleg- 
ten Zeugnisse; da nach der neuen Pr Ordnung die 
Appr aber auch „bei schweren strafrechtlichen oder 
sittlichen Verfehlungen“ zu versagen ist (§5 2a), 
so wird demzufolge in solchen Fällen ebenfalls 
die Zurücknahme und zwar die dauernde zulässig 
sein, während sie sonst bei Aberkenn ung 
der bürgerlichen Ehrenrechte nur 
für die Dauer des Ehrverlustes gestattet ist. 
Die Zurücknahme soll hier ebenfalls in der 
Regel erfolgen und zwar nicht nur mit Rücksicht 
auf den Schutz des Publikums, wenn sich der A. 
in Bezug auf seine Berufstätigkeit eines Vergehens 
oder Verbrechens schuldig gemacht hat, sondern 
auch dann, wenn der zum Ehrverlust Verurteilte 
in moralischer Hinsicht nicht würdig ist, dem ärzt- 
lichen Stande anzugehören (OVG 17. 1. 89 und 
5. 12.01, Bad. Ve#H 2. 7. 07). Die Aberkennung 
der bürgerlichen Ehrenrechte zieht übrigens nach 
33 St GB für den A. auch den Verlust von Titeln 
und Würden, z. B. der medizinischen Doktorwürde, 
nach sich (OLG#resden 12. 7. 1906), und zwar 
dauernd. 
Durch die Entziehung der Appr verliert der A. 
nur das Recht, sich „Arzt“ oder arztähnlich zu nennen 
  
* 
und die damit verbundenen Vorrechte (§ 10), 
dagegen nicht das Recht zur Ausübung der Heil- 
kunde (O G 1. 10. 94). 
Das Verfahren bei Zurücknahme 
der Approbation regelt sich nach § 54 
GewpO. Zuständig ist dafür in Preußen: der Be- 
zirksausschuß (Antragsteller: Orts Pol Behörde, 
die zuvor die Ermächtigung des Reg Präsidenten 
einzuholen hat; Ausführungsanw. z. GewO v. 
1. 5. 09), in Bayern: die Kreis Reg, Kammer des 
Innern, in Sachsen: die Kreishauptmannschaft, 
in Württemberg: die Kreis Reg, in Baden: der 
ärztl. EG#Hof, in Hessen: der Provinzialausschuß, 
in Elsaß-Lothringen: der Bezirkspräsident. 
5& 7. Verzicht auf die Approbation. Die Frage, 
ob eine solche überhaupt zulässig ist, wird von 
juristischer Seite verschieden beantwortet; Fied- 
ler verneint sie, während Neumuann der 
gegenteiligen Ansicht ist. Jedenfalls enthält die 
GewoO darüber keine bestimmte Vorschrift; dies 
schließt aber die Befugnis zum Verzicht nicht 
aus, denn niemand kann genötigt werden, im 
Genuße von Rechten zu bleiben, die er nicht mehr 
haben will, und umsoweniger dann, wenn mit 
dem Rechte eine Last verknüpft ist (Bayr. VG2. 
10. 80). Soll die Verzichtleistung jedoch rechtsgültig 
sein, so muß sie durch eine amtlich von der zu- 
ständigen Behörde (Orts Pol Behörde) aufzuneh- 
mende Willenserklärung unter Rückgabe der Appr 
erfolgen (OV 19. 6. 05). Die Wirkung der 
Verzichtleistung auf die öffentlich-rechtliche Stel- 
lung des Betreffenden ist dann die gleiche wie bei 
der Zurücknahme der Approbation. 
II. Rechte und Pflichten des Arztes 
z 8. Stellung nach der Gewerbeordnung. Titel. 
1. Wenn auch die Gew verschiedene, die 
Ausübung der Heilkunde und die öffentlich-recht- 
liche Stellung des A. betreffende Vorschriften 
(㤤29, 40, 53 u. 54 (Erteilung, Unwiderruflichkeit 
u. Zurücknahme der ärztlichen Appr; s. vorher 
882, Gu. 7), 3 30 (Konzessionierung von Privat- 
kranken= usw. Anstalten) § 56 a (Ausübung der 
Heilkunde im Umherziehen), § 80 (Taxvorschriften), 
 (Aufhebung des Zwanges zu ärztlicher Hilfe- 
leistung), §# 147 u. 148 (Strafbestimmungen)! 
enthält, so ist dadurch die Berufstätigkeit des 
approbierten A. doch nur nach ihrer gewerbepoli- 
zeilichen Seite hin geregelt und keineswegs 
zum Gewerbebetriebe gemacht. Die 
Ausübung des ärztlichen Berufes steht, obgleich 
sie in Erwerbsabsicht stattfindet, wegen des dabei 
obwaltenden höheren wissenschaftlichen und sitt- 
lichen Interesses außerhalb des materiellen Ge- 
werbebetriebes und ist den rein wissenschaftlichen 
und künstlerischen Berufen zuzurechnen. Der U. 
braucht sich demzufolge nicht ins Handels- 
register eintragen zu lassen (KG 14. 1. 01), 
er ist auch von der Gewerbesteuer befreit½) 
(*F 4 Nr. 7 des preuß. Gewerbesteuer G v. 24. 6. 
91 und O### 5. 1. 98, 8. 12. 03) im Gegensatz zu 
den nicht approbierten, die Heilkunde gewerbs- 
mäßig ausübenden Personen, die gewerbe- 
1) Eine Ausnahme davon macht Elsaß-Lothrin- 
gen, wo die A. mit 1,995 ihrer Reineinnahme aus der ärzt- 
lichen Praxis zur Gewerbesteuer herangezogen werden 
((4 1 u. 7 des Gewerbesteuer G v. 8. 6. 96).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.