Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Arzt (Standesorganisation) 
  
  
rend dort absichtlich von der Aufstellung einer 
solchen Abstand genommen wurde, damit die EG# 
nach freier Ueberzeugung urteilen, ohne an et- 
waige Standesordnungen gebunden zu sein. Die 
Ehrengerichte erster Instanz sind die für 
jede Kreishauptmannschaft gebildeten Ehren- 
räte; als zweite Instanz fungiert ein Ehren- 
gerichtshof mit dem Sitz in Dresden. 
In Baden sind durch G v. 10. 10. 06 betref- 
fend die Rechtsverhältnisse des Sanitätspersonals, 
fast die gleichen Vorschriften wie in Preußen ein- 
geführt (eine AK für das ganze Großherzogtum 
(Sitz: Karlsruhej, vier ärztliche E (je eines für 
die vier Landeskommissariatsbezirke Konstanz 
Freiburg, Karlsruhe und Mannheim)j, ein EG#Hrof 
in Karlsruhe, nur mit dem Unterschiede, daß ge- 
gen die Entsch des EEG#Hofes noch eine Berufung 
an den Verw erichtshof zulässig ist, also drei In- 
stanzen vorgesehen sind, und Eu insofern eine 
staatliche Funktion übertragen ist, als sie über die 
Zurücknahme der ärztlichen Appr (s§ 53 GewO) 
zu beschließen haben (s. vorher § 6). Außerdem 
sind die beamteten usw. A. hinsichtlich ihrer 
privatärztlichen Tätigkeit den ärztlichen EG eben- 
falls unterstellt. Beiträge zu Unterstützungs- 
zwecken können mit Genehmigung des Min Inn 
bis zur Höhe von 100 des aus der ärztlichen Be- 
rufstätigkeit stammenden Einkommens erhoben 
werden. 
In Elsaß-Lothringen ist durch V v. 
13. 6. 98 eine Aerztekammer mit dem 
Sitz in Straßburg nach preußischem Muster er- 
richtet, deren Vorstand etwaige Verstöße gegen 
Berufspflichten und Standesehre mit Entziehung 
des Wahlrechts ahnden kann; andere Disziplinar- 
strafen stehen ihm nicht zu. Desgleichen sind 
ärztliche E hier nicht vorgesehen. Dasselbe gilt 
betreffs Bayern: Hier besteht nach der Kgl V 
v. 10. 8. 71 mit Ergänzung v. 9. 7. 95 je eine 
Aerztekammer für jeden Reg Bezirk (8), die 
aus Delegierten der im Bezirk vorhandenen ärzt- 
lichen Bezirksvereine, zu denen der Beitritt jedem 
A. freisteht, gebildet wird und einen ständigen 
Aerztekammerausschuß zur Erledigun 
der laufenden Geschäfte zu wählen hat. Allöhricch 
hat die AK mindestens eine Sitzung abzuhalten 
und in dieser einen Abgeordneten zur Vertretung 
der Kammer in den außerordentlichen Sitz- 
ungen des Ober Med Ausschusses zu wählen. 
In Württemberg (V v. 30. 12. 75 mit 
Abänderung v. 14. 1. 00) und Hessen (Vv. 
28. 12.76) besteht ie ein är ztlicher Landes- 
verein, der aus gewählten Mitgliedern der 
ärztlichen Bezirksvereine (8) bezw. Kreis- 
vereine (13) gebildet wird. Disziplinargewalt 
besitzen diese Vereine nicht; der Beitritt zu den 
Bezirks= bezw. Kreisvereinen ist auch nicht obliga- 
torisch, sondern freiwillig. 
5 16. Aerztliches Vereins= und Unterstützungs- 
wesen. Schon lange, ehe man staatlicherseits 
daran dachte, ärztliche Standesvertretungen zu 
  
Beurteilung anderer A., Anbieten und Gewähr, von Vor- 
teilen an dritte Personen, Abhalten von auswärtigen ärzt- 
lichen Sprechstunden im Praxisgebiet anderer A. usw.; 
Berfehlungen und Berstöße gegen die ärztliche Standes- 
ehre, die übrigens auch seitens der ärztlichen Ec# in Preußen 
und Baden in ständiger Rechtsprechung als solche aner- 
kannt sind. Vgl. noch oben S. 230. 
  
schaffen, haben sich die A. selbst in allen Bundes- 
staaten behufs Wahrnehmung ihrer Standes- 
und Berufsinteressen ärztliche Vereine 
gebildet, die sich wiederum zu großen Verbänden 
(Kreis-, Landes= usw. Vereine) und außerdem im 
Jahre 1873 zu einem Deutschen Aerzte- 
vereinsbund vereinigt haben, der nach sei- 
nen Satzungen v. 17. 3. 03 den Zweck hat, die 
ärztlichen Vereine Deutschlands zu gegenseitiger 
und gemeinsamer Betätigung auf dem Gebiete 
der wissenschaftlichen, praktischen und sozialen Be- 
ziehungen des ärztlichen Standes zu vereinigen. 
Seine Geschäfte werden durch einen Geschäfts- 
ausschuß geleitet, der auf dem alliährlich abzuhal- 
tenden Aerztetag gewählt wird. Mit dem Aerzte- 
vereinsbund ist seit 1903 der im Jahre 1900 ge- 
gründete Verband der Aerzte Deutsch- 
lands zur Wahrung ihrer wirt- 
schaftlichen Interessen, der sogen. 
„Leipziger Verban“, dem jeder A. als 
Mitglied beitreten kann, als eine besondere Ab- 
teilung verbunden; er verfolgt hauptsächlich den 
Zweck, die deutschen A. zur Besserung ihrer wirt- 
schaftlichen Lage zusammenzuschließen und ins- 
besondere solche Kollegen zu unterstützen, die in 
Wahrung der Standesinteressen gegenüber Kran- 
kenkassen und ähnlichen Korporationen materielle 
Einbußce erlitten haben oder zu erleiden befürchten 
müssen. Auf seine Anregung sind zahlreiche ört- 
liche Vereinigungen (Ausschüsse) entstanden, die 
wiederum, soweit es nicht durch die ärztlichen 
Vereine geschehen ist, die Bildung von sog. Ver- 
tragskommissionen veranlaßt haben, de- 
ren Hauptaufgabe die Regelung der Verhältnisse 
zwischen den A. und Krankenkassen ist. Dem 
Aerztevereinsbund gehören z. Z. 399 Vereine mit 
23 906 Mitgliedern, dem Leipziger Verband 
22 440 A., also rund 80 bezw. 7500 aller prakti- 
schen A., an. 
Das ärztliche Unterstützungswe- 
sen hat im letzten Jahrzehnt dank der wieder- 
holten Anregungen in den A-k, auf den A.Tagen 
usw. sehr erfreuliche Fortschritte aufzuweisen; 
gleichwohl genügen die vorhandenen Unter- 
stützungskassen und deren Mittel noch keineswegs, 
um allen notleidenden A. sowie deren Witwen und 
Waisen in zureichender Weise Hilfe gewähren zu 
können. Die vorhandenen Unterstützungskassen 
zerfallen in drei Gruppen: Rechtskassen, die ihren 
Mitgliedern ohne Prüfung der Vermögenslage die 
vertragsmäßigen Rechte, ähnlich wie die Lebens- 
versicherungen gewähren; Unterstützungskassen auf 
Gegenseitigkeit, die ihre Mitglieder nur im Falle 
der Not unterstützen; allgemeine Unterstütz- 
ungs= oder Wohltätigkeitskassen, die nur bedürfti- 
gen A. und deren Hinterbliebenen Unterstützungen 
gewähren. Rechtskassen gibt es bisher nur 
eine: die Versicherungs kasse für die 
Aerzte Deutschlands mit dem Sitz in 
Berlin, die aus 5 getrennten Abteilungen: Sterbe- 
kasse, Krankenkasse, Invaliditäts-, Altersversor- 
gungs= und Witwenkasse besteht und es den A. 
ermöglicht, sich und ihren Hinterbliebenen im 
Krankheits--, Invaliditäts-, Todes= und Altersfalle 
einen vertragsmäßigen Geldanspruch zu sichern. 
Die auf Gegenseitigkeitberuhenden 
Kassen sind nicht sehr zahlreich und bezwecken 
meist nur die Auszahlung eines Sterbegeldes. 
  
Allgemeine Unterstützungskassen,
	        
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