Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
A. Staat macht auch die Verfolgung in dem 
andern unstatthaft; RösSt 38, 334). 
Auf Delikte, die nach der Auslieferung be- 
gangen werden, bezieht sich der Grundsatz der 
Spezialität überhaupt nicht (Entsch. d. Reichs- 
militärgerichts 8, 70). Ebensowenig findet er im 
Falle der extradition volontaire (§ 8) Anwen- 
dung (RESt 35, 254). 
Soweit er aber gilt, steht er nicht nur der 
Aburteilung, sondern auch der strafrechtlichen 
Auslieferung — Auswanderung 
  
Untersuchung überhaupt im Wege. Deshalb darf 
im schwurgerichtlichen Verfahren keine Frage 
gestellt werden, mit deren Bejahung der Ange- 
klagte im Widerspruch zu der Spezialität für 
schuldig erklärt würde (R St 29, 270; 37, 88). 
Auf die Beachtung der Spezialität kann der 
Angeklagte nur insofern verzichten, als der Ver- 
trag einen Verzicht zuläßt (Rst 34, 191; Reichs- 
militärgericht 6, 300). Andererseits gilt der 
Grundsatz nur solange, als der Angeklagte ein 
„Ausgelieferter“ ist. Diese Eigenschaft verliert 
er, wenn er nach Beendigung des Verfahrens 
im Lande bleibt, trotz der Möglichkeit, es zu 
verlassen, oder wenn er erklärt, im Lande bleiben 
zu wollen (Rüöst 38, 111). 
Sehr bestritten ist endlich die Frage, ob sich der 
Angeklagte auf die Unzulässigkeit der A. berufen 
kann. Das Reichsgericht hat die Frage verneint, 
weil hierüber der ausliefernde Staat allein in 
einer keine Nachprüfung zulassenden Weise zu 
befinden habe (R#t 29, 22, 63, 288; 33, 99). 
Anders wäre es, wenn eine A. überhaupt nicht 
stattgefunden, der verfolgende Staat aber unter 
Verletzung des Völkerrechts eine eigenmächtige 
Ergreifung bewirkt hätte. In diesem Falle 
würde das verurteilende Erkenntnis auf einer 
Verletzung des Gesetzes beruhen, die gemäß Ec# 
z. StPO #&# 7 und St PO 5##M 376, 229 Anlaß zur 
Revision gäbe. 
Tabelle der Auslieferungsdelikte 
a#uf S. 268—277. 
Kiteratur: Aus der sehr umfangreichen Literatur 
sollen hier die grundlegenden deutschen Werke von Lam- 
masch, Auslieferungspflicht und Asylrecht (1887) und 
v. Martitz, Internationale Rechtshilse in Strassachen 
(2 Abteilungen 1888, 1897) in erster Linie genannt werden. 
Bon neueren Monographien seien erwähnt: Bader, Der 
Begriff des politischen Delikts (Züricher Diss. 1894); 
Delius, Das A. Verfahren in Preußen I. d. Z StrW 11, 
é7 ff; Fleisch mann, A. und Nacheile nach deutschem 
Kolonialrecht (1906); Frank, Der Kampf um ein deut- 
sches A.Gesetz (1905); Hornberger, Der Begriff des 
politischen Delikts (1893); Mettgenberg, Die Atten- 
tatsklausel im deutschen A.Recht (1906); Die Praxis 
des deutschen Reichsgerichts in A. Sachen i. d. Z f. inter- 
nationales Privat- u. öffentl. Recht Bd. 18, 398 ff; Die 
Reziprozität im deutschen A. Recht im Arch LeffK 25, 1 ff; 
A. Mülle f. Der Ausgelieferte vor dem Gerichte, Annalen 
1887, 567 ff: J. Wolf, Die Bedeutung und der Begriff 
des politischen Delikts (Marburger Diss. 1907). Mittel-. 
lungen der internationalen krimin alisti- 
chen Bereinigung 14, 354 ff. — Hauptsächlich 
praktischen Zwecken dienen: Delius, Das kl. Recht 
Cso) und Grosch, Das deutsche A.Recht (1902); ferner: 
Aros im Auslande zu erledigenden Ersuchungsschreiben 
!* ergänzter SA a. d. preußischen Inml v. 1389). 
ammlung der deutschen A. Berträge bei Grosch; außer- 
–– — — — 
  
em: C ohn, Die A. Verträge des dentschen Reichs u. d. 
  
267 
deutschen Bundesstaaten (1908): Olshausen, Die A.-= 
und Konsularverträge des Deutschen Reichs (1903); Die 
Reichsstrafgesetzgebung für die deutschen Konsulargerichts.- 
bezirke und Schutzgebiete (1903). Die bedeutendere aus- 
ländische Literatur findet sich bei Lammasch, 
Martitz und in der letzten der Mettgenberg-. 
schen Arbeiten; dazu Langhard, Das schweizerische 
A. Recht, 1910. Reinhard Frank. 
Kusspielungen 
Spiel 
Kusstelungen 
Handel 
Auswanderung 
5 1. Begriff und historische Entwickelung. ##2. Rechts- 
auellen. #& 3. Organisation des Auswanderungswesens. 
# 4. Positivrechtliche Beschränkungen der Auswanderung 7. 
# 1. Begriff und historische Entwickelung. 
1) A. ist Verlegung des Wohnsitzes in einen frem- 
den Staat. Sie kann erfolgen mit Aufgabe oder 
unter Beibehaltung der bisherigen Staatsange- 
hörigkeit; an sich geht durch A. die Staatsange- 
hörigkeit nicht verloren, es bedarf hierfür vielmehr 
regelmäßig eines besonderen Rechtsaktes; wohl 
aber zieht A., welche 10 Jahre dauert (St. Ang. G 
§# l 13 Nr. 3, 21), sowie solche, die gegen bestimmte 
Ge= oder Verbotsmaßregeln des Staates erfolgt 
(s. unten § 4), jenen Verlust nach deutschem Rechte 
nach sich, welcher jedoch im ersteren Falle durch 
Erfüllung bestimmter Voraussetzungen (Besitz 
von Reisepapier oder Heimatschein, Eintrag in die 
Konsularmatrikel, Eintritt in fremden Staats- 
dienst mit Regierungserlaubnis) abgewendet wer- 
den kann; in diesem Falle muß auch bei erfolgter 
Rückkehr die Staatsangehörigkeit wieder ver- 
liehen werden (St. Ang.G F 21). Andererseits be- 
dingt das Aufgeben der Staatsangehörigkeit not- 
wendig auch A.: a) im Falle der erwirkten Ent- 
lassungsurkunde binnen 6 Monaten, widrigen- 
falls die Entlassungsurkunde ungültig wird (St.= 
Ang. G § 18 Abs2), b) im Falle der kriegsrechtlichen 
Option (hierüber Stoerk, Option und Plebiszit). 
Innerhalb des deutschen Reichsgebietes ist der 
Begriff „A.“ nicht anwendbar; ebensowenig in dem 
Verhältnisse zwischen Reich und Schutzgebieten 2). 
2) Der antike Staat und das Mittelalter kennen 
keine A.-Freiheit (ugl. hierher Stoerk in 
  
Holtzendorff VR 2, 596). Noch Bodinus ver- 
neint sie, indem er dem Staat ein Recht auf seine 
Untertanen zuspricht; als solche gelten ihm die im 
Staatsgebiet Geborenen, da der Begriff der juri- 
stischen Staatsangehörigkeit noch nicht existiert. 
Im Beginn der Neuzeit erscheint das „beneficium 
emigrandi“, zunächst aus konfessionellen Grün- 
den, so im westfälischen Frieden (a 5 5 36). Aber 
die A. ist durch drückende Maßregeln behindert: 
ius detractus, gabella emigrationis, Nach- 
steuer, wozu noch der Abschoß als Abgabe von 
den in die Fremde gehenden Erbschaften tritt 
Nachsteuer und Abschoß gebühren den Landesherren 
(Fortsetzung S. 278) 
h neber Einwanderungsschranken 1 Ausland 
(S. 259), Ausweisung (S. 282, 289).
	        
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