Baden (Behördenorganisation)
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Reich betreffenden Geschäften betrauten Präsi-
denten des Staats Min übertragen, welcher die-
selben unter Mitwirkung einiger Räte als sog.
kleines. Staats Min erledigt; 1881 wurden dem
kleinen Staats Min auch die Angelegenheiten des
großherzogl. Hauses übertragen und gleichzeitig
mit Aufhebung des Handels Min das seither vom
Min Inn besorgte Kultus- und Unterrichtswesen
dem Justiz Min, das Eisenbahnwesen (einschließlich
der auf Post und Telegraphie bezüglichen Sachen)
dem Finanz Min zugeteilt. Die mit dem Präsi-
dium des Staats Min verbundenen Geschäfte des
Großherzoglichen Hauses, die Reichs= und aus-
wärtigen Angelegenheiten sowie die seither vom
Finanz Min zu erledigenden Eisenbahn-, Post-
und Telegraphensachen wurden 1893 einem neu
errichteten Min des Großh. Hauses und der ausw.
Angel. übertragen, so daß von dieser Zeit an wie-
der die vier Min des Großh. Hauses und der
auswärtigen Angelegenheiten, der Justiz, des
Innern und der Finanzen bestehen.
b) Gesamtministerium und Staats-
rat. Nach mehrfachen kurzlebigen Versuchen, die
Beratung des Staatsoberhaupts bei der Erlassung
von Gesetzen und Verordnungen, sowie bei der
Oberleitung der Verwaltung, zwischen dem aus
den Ministerialvorsitzenden gebildeten Gesamt-
(Staats-, Min, einem Kabinetts Min und einem
außer den Ministerialvorsitzenden aus den Prinzen
und einigen höheren Staatsbeamten bestehenden
Staatsrat zu verteilen, wurden die ungeteilten
Funktionen der obersten Staatsbehörde seit 1817
dem noch jetzt bestehenden Staats Min übertragen.
Zwar wurde in der Folge noch mehrfach, zum
letztenmal durch V v. 22. 12. 44 (aufgehoben
1849), ein Anlauf dazu genommen, daneben einen
Staatsrat zu errichten; diese Versuche sind aber
immer wieder nach kurzer Dauer der Einrichtung
aufgegeben worden.
c) Sonstige höchste Behörden. Als
dritte richterliche Instanz wurde nach Auflösung
des alten Reichs ein Oberhofgericht
eingesetzt, welches im Jahre 1879 in ein Ober-
landesgeri 4h t umgewandelt wurde. Zur
obersten Kontrolle des Staatsrechnungswesens
wurde im Jahre 1819 eine dem Staatsministerium
unmittelbar untergeordnete Oberrechnun gs-
kammer errichtet, deren Stellung und Befug-
nisse durch G v. 25. 8. 76 wesentlich verstärkt wur-
den. Die Erledigung der Kompetenzkonflikte
wurde durch V v. 20. 10. 49 dem Staats Min
unter Mitwirkung von drei Mitgliedern der Ge-
richtshöfe, durch G v. 30. 1. 79 aber einem be-
sonderen Kompetenzgerichtshof über-
tragen (unten # 9).
2. Die Mittelbehörden. Zum Zwecke
der inneren und Finanzverwaltung wurde
1803 das Land in drei Provinzen eingeteilt,
an deren Spitze je ein Hofratskollegium stand.
Mit Organisationsreskript v. 26. 11. 1809
wurden die Provinzen durch zehn Kreise ersetzt
(bis 1819 auf sechs vermindert), welche durch
bureaukratisch organisierte Kreisdirektorien als
Mittelbehörden für die innere und Finanzver-
waltung, sowie für die Geschäfte der freiwilligen
Gerichtsbarkeit verwaltet wurden. In den Jah-
ren 1824 und 1826 wurden die Finanzgeschäfte
der Kreisdirektorien auf die neu errichteten Zen-
tralmittelstellen, die Hofdomänenkammer (ietzt
Forst-- und Domänendirektion) und Steuerdirek-
tion, übertragen, und 1832 die auf die Geschäfte
der inneren Verwaltung und der freiwilligen
Gerichtsbarkeit beschränkten Kreisdirektorien in
vier Kreisregierungen umgewandelt, welche als
staatliche Mittelbehörden für die vier übrig ge-
bliebenen Kreise, den See, Oberrhein-, Mittel-
rhein= und Unterrheinkreis, zwischen den Bezirks-
ämtern und dem Min Inn standen. Während
bei den Ministerien der früher als Regel geltende
Grundsatz kollegialer Entscheidung infolge der
Einführung der Staatsverfassung von 1818 im
wesentlichen durch den bureaukratischen Grund-
satz der Alleinentscheidung des Ministerialchefs
ersetzt wurde, war für die Kreisdirektorien und
Regierungen seit 1813 wieder für zahlreiche An-
gelegenheiten die kollegiale Geschäftserledigung
maßgebend, was um so wichtiger war, als die
Kreisregierungen im wesentlichen auch mit der
Handhabung der Verwaltungsrechtspflege be-
traut waren. Schon bald nach Abschluß der ersten
Landesorganisation war das Bestreben wirksam,
die Oberleitung technischer Verwaltungszweige,
wie der Forstverwaltung, des Gesundheits-, Un-
terrichts-, Wasser--, Straßenbauwesens aus dem
Geschäftsbereiche der administrativen Mittel-
stellen (Kreisdirektorien, bezw.-Regierungen) aus-
zuscheiden und dieselben besonderen technischen
Zentralkommissionen, später technischen Zentral-
mittelstellen, zu übertragen, welchen dann auch
die auf diesen technischen Gebieten mit dem Voll-
zug betrauten technischen Bezirksbehörden un-
mittelbar untergeordnet wurden. So hat zur Er-
stattung von medizinischen Obergutachten, sowie
überhaupt zur technischen Oberberatung in Me-
dizinalangelegenheiten seit Errichtung des Groß-
herzogtums eine dem Min Inn unterstellte Sani-
tätskommission (seit 1864 Obermedizinalrat ge-
nannt) bestanden; so wurde seit 1819 die technische
Leitung der Angelegenheiten des Wasser= und
Straßenbaues samt wichtigen administrativen Be-
fugnissen der dem gleichen Ministerium unter-
geordneten Zentralmittelstelle, der Oberdirektion
des Wasser= und Straßenbaues, übertragen; fer-
ner wurde 1834 zur zentralen Leitung der Wald-
wirtschaft in den Gemeinde= und Körperschafts-
waldungen und der forstpolizeilichen Angelegen-
heiten eine besondere, dem Min Inn unterstellte
Forstpolizeidirektion errichtet, welche 1849 mit der
dem Finanz Min untergeordneten Mittelstelle für
Verwaltung der Staatsforsten, Domänen und
Bergwerke (jetzt Forst= und Domänendirektion)
verschmolzen worden ist. Die Oberleitung des
Volks= und Mittelschulwesens wurde seit 1812
nach Konfessionen getrennt durch die dem Min Inn
beigegebene katholische und evangelische Kirchen-
sektion besorgt, für die israelitischen Schulen durch
den israelitischen Oberrat; 1843 wurden jene
beiden Sektionen in den katholischen und den
evangelischen Oberkirchenrat umgewandelt. Diese
Zentralmittelbehörden für das Unterrichtswesen
waren gleichzeitig auch damit betraut, unter Ober-
leitung des Min Inn die staatlichen Befugnisse
hinsichtlich des Kultuswesens auszuüben; der
evangelische Oberkirchenrat war auch mit der obe-
ren kirchlichen Verwaltung betraut. Infolge der
neuen Kirchen= und Schulgesetzgebung wurde als
technische Zentralmittelstelle zur Leitung des ge-
samten Volks= und Mittelschulwesens ohne Unter-