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selbe gilt nach § 154 Abs 2 GewO von den Vor-
schriften, welche, die Verhältnisse der Fabrikar-
beiter regeln — 85 134 ff —, für die auf Zim-
merplätzen und anderen BHöfen, nicht aber für
die auf Bauten selbst beschäftigten Arbeiter.
Auch der Kranken= und Invalidenver-=
sicherung unterliegen die Bürbeiter in der-
selben Weise wie andere gewerbliche Arbeiter,
ersterer mit der Maßgabe, daß für die bei Eisen-
bahn-, Kanal-, Wege-, Strom-, Deich- und
Festungsbauten sowie in anderen vorübergehenden
BBetrieben beschäftigten Arbeiter auf Anordnung
der höheren Verw Behörde B Krankenkassen er-
richtet werden müssen (§ 69 ff K VG), welche ähn-
lich wie die Betriebskrankenkassen eingerichtet sind.
Dagegen ist die Unfallversicherung durch
das BUVG (vgl. 5 1) in besonderer Weise geregelt.
Der wesentlichste Unterschied besteht darin, daß
die Mittel nicht im Umlageverfahren aufgebracht
werden, sondern durch die Versicherungsanstalten
der Berufsgenossenschaften in Gestalt von festen,
im voraus bemessenen Prämien nach Maßgabe
eines Prämientarifes. der alle drei Jahre vom
Reichsversicherungsamt festgesetzt wird. Bei B-
Arbeiten von weniger als sechstägiger Dauer wer-
den die Mittel zur Deckung der Unfallentschädigun-
gen und der Verwfosten durch die Gemeinden
oder weiteren Kommunalverbände — in Preußen
die Kreise (Ausf Anw v. 16. 12. 1887 III) — auf-
gebracht. Soweit das Reich, ein Bundesstaat,
ein Kommunalverband, oder eine andere öffent-
liche, als leistungsfähig anerkannte Körperschaft
einer Berufsgenossenschaft nicht als Mitglied bei-
getreten sind, erfolgt die Versicherung durch diese
Korporationen selbst.
Um Unfällen vorzubeugen, sind die Tief B= und
die BGewerksberufsgenossenschaften verpflichtet,
Unfallverhütungsvorschriften zu erlassen und deren
Beachtung durch besondere technische Aufsichts-
beamte zu überwachen. Die Einhaltung dieser
Vorschriften wird im übrigen auch durch die Be-
amten der B# kontrolliert, welchen überhaupt
die Fürsorge für den Börrbeiterschutz obliegt.
Für Preußen ist durch Min E v. 27. 2. 1903 (Ml
38) angeordnet, daß überall, wo eine regere B-
Tätigkeit stattfindet, besonders in den größeren
Städten, eine außerterminliche Ueberwachung
der BAusführungen im Interesse des Brbeiter-
schutzes durch technische Beamte stattzufinden hat,
für deren Anstellung Sorge zu tragen ist. Die von
diesen Beamten auszuübende Kontrolle hat sich auf
die Einhaltung der Polizeiverordnungen zu er-
strecken, welche die Arbeiterfürsorge auf Bauten
betreffen und für welche Grundzüge durch die
Ministerialinstanz ausgcarbeitet sind (neue Fas-
sung Erl v. 17. 7. 1907). Diese Polizeiverordnun-
gen ergänzen die berufsgenossenschaftlichen Un-
fallverhütungsvorschriften in der Richtung, daß
sie Schädigungen der Gesundheit der Bürbeiter,
die nicht durch Unfälle herbeigeführt werden kön-
nen, vorbeugen und außerdem dem Interesse der
Sittlichkeit und Ordnung dienen sollen. Sie fordern
die Einrichtung geeigneter Unterkunftsräume,
ausreichender Aborte usw., die Bereithaltung
guten Trinkwassers; sie verbieten die Vor-
nahme von Stuckateur-, Maler-, Putzer= und
Töpferarbeiten während der rauhen Jahres-
zeit in Räumen, die nicht durch Türen und
Fenster verschlossen sind, und ferner das Arbeiten
Bauwesen (I. Reich und Preußen. B. Baugewerbe)
in Räumen, in denen offene Koksfeuer ohne Ab-
leitung der Gase zum Zwecke der Austrocknung
der Baulichkeiten brennen. Die mit der Kontrolle
der Arbeiterschutzvorschriften zu betrauenden Po-
lizeibeamten müssen eine für ihren Beruf aus-
reichende technische Vorbildung haben. Sie auf
Grund von Wahlen aus dem Arbeiterstande zu ent-
nehmen, hat die preußische Reg aus politischen
Erwägungen und, weil gewöhnlichen Arbeitern
jene Vorbildung in der Regel fehlt, abgelehnt.
Kinder unter 13 Jahren, sowie Kinder über 13
Jahren, welche noch zum Besuche der Volksschule-
verpflichtet sind, dürfen bei Bauten aller Art nicht
beschäftigt werden (Gv. 30. 3. 1903 Röl 113).
Sonntagsarbeit darf auf Zimmerplätzen
und anderen Bpöfen sowie bei Bauten aller Art,
abgesehen von unbedingt gebotenen und gesetz-
lich bestimmten Ausnahmefällen, nicht stattfinden
(ss 105 b Abs 1, 1056 REO, AusfAnw v. 1. 5.
1904 141 ff).
Besondere Vorschriften sind in Preußen für die
bei dem Bvon Eisenbahnen beschäftigten
Handarbeiter unter dem 21. 12. 1846 (GE 1847
21) erlassen, um Störungen der öffentlichen Ord-
nung zu verhüten, wie sie bei dem B der ersten
Eisenbahnen infolge des Zusammenströmens grö-
ßerer Arbeitermassen eingetreten waren. Die V
ist in den neuen Provinzen durch V v. 19. 8. 1867
(GS 1426), im Jadegebiet durch AE v. 3. 8. 1855
(GS 631), in Lauenburg durch G v. 25. 2. 1878
(GÖ 97) 5 8 eingeführt und in einigen Punkten
durch die Gew O abgeändert. Nach der VO hat
die Annahme der Arbeiter durch einen besonde-
ren vereidigten Aufsichtsbeamten zu erfolgen.
In der Regel sind nur männliche Arbeiter, die
älter als 17 Jahre sind, zu beschäftigen. Diese er-
halten Arbeitskarten, gegen welche sie ihre Legi-
timationspapiere bei der Polizeibehörde hinter-
legen. Bei der Bezahlung der Arbeiter sind die
Eisenbahndirektionen an besondere Bestimmun-
gen gebunden; in Schank= und Wirtshäusern darf
die Zahlung nicht stattfinden. Den Aufsehern und
Schachtmeistern ist das Kreditgeben an Arbeiter
durch Lieferung von Bedürfnissen verboten, auch
dürfen sie oder ihre Angehörigen keinen Schank-
verkehr oder Handel für Arbeiter betreiben. Die
Arbeiter, welche im Akkord beschäftigt sind, haben
zu ihrer Vertretung zwei Mann zu wählen, welche
allein zur Vorbringung von Beschwerden — ge-
meinsam mit dem Schachtmeister — befugt sind.
Spiel und Trunk ist den Arbeitern bei Strafe der
Entlassung verboten. Weitere Vorschriften zielen
auf die Förderung der Sparsamkeit der Arbeiter
ab. Die Anwendung der Bestimmungen der V
auf andere öffentliche BAusführungen (Kanal= und
Chausseebauten usw) kann, soweit staatliche Bau-
ten in Betracht kommen, der Regierungspräsi-
dent, insoweit es sich um Bauten der Kreisce,
Amts-, Wegeverbände oder Gemeinden han-
delt, der Regierungspräsident unter Zustim-
mung des Bezirksausschusses, insoweit es sich
um Bauten des Provinzialverbandes han-
delt, der Oberpräsident unter Zustimmung des
Provinzialrates, für den Stadtkreis Berlin der
Oberpräsident beschließen (§ 26 der Verordnung,
*18 LV, 5144 Zust G).