Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

fügung betr. die Herstellung von Feuerungsein- 
richtungen erlassen, welche beide am 23. 11. 82 
durch neue Verfügungen ersetzt wurden (württ. 
Reg Bl 431). Neben diese beiden mit Kgl Geneh- 
migung erlassenen Verfügungen tritt noch die 
Kgl Verordnung betr. die Zuständigkeit der Reg- 
Behörden in BPachen v. 16. 12.72. (Reg Bl 399). 
Zur Beseitigung der Mängel, welche bei der BO 
v. 1872 und ihren Vollzugsbestimmungen im 
Laufe der Zeit, hauptsächlich infolge der ver- 
änderten Anschauungen auf dem Gebiet des 
Städtebaus und der Arcchitektur sich ergaben, 
wurde im Februar 1907 den württ. Landständen 
der Entw einer B0O vorgelegt (Drucksachen der 
Württ. 2. Kammer, Beil. 38, ausgegeben 9. 3. 07). 
Der Entwurf wurde 1908—1910 von den Stän- 
den durchberaten und erlangte nach langwierigen, 
eingehenden und lebhaften Verhandlungen, die 
das Zustandekommen des Gesetzes noch bis zum 
Schluß zweifelhaft erscheinen ließen, durch seine 
unterm 28. 7. 10 (Reg Bl 333) erfolgte Verkündi- 
gung Gesetzeskraft. Die BO von 1910 tritt in der 
Haupkfache am 1. 7. 11 in Kraft. 
Neben den allgemeinen Verordnungen und Ver- 
fügungen der Reg sind die OBSt oder Orts- 
bausatzungen zu erwähnen, zu deren Er- 
lassung die Gemeinden nach der B0O v. 1872 auf 
Grund besonderer Ermächtigung durch Gesetz 
oder Vollzugsbestimmungen befugt sind. In der 
BO v. 1910 ist einerseits das Verordnungsrecht 
der Reg ausdrücklich auf die Fälle beschränkt, die 
im Gesetz besonders genannt sind, andererseits den 
Bauwesen (IV. Wü 
  
— — — — — — —— 
Gemeinden das Recht eingeräumt, durch Ortsbau- 
satzungen allgemein weitere Baubeschränkungen, 
als in der BO selbst vorgesehen sind, einzuführen 
oder die gesetzlichen Einschränkungen zu verschär- 
sen. In einzelnen bestimmt bezeichneten Fällen 
können die Gemeinden auch gesetzlich festgelegte 
Baubeschränkungen aufheben oder abschwächen. 
Eine vollständige Umarbeitung der Ortsbau- 
satzungen und eine weitgehende Ausdehnung 
ihres Geltungsgebiets ist hienach für die nächsten 
Jahre in Aussicht zu nehmen. Von der Ermäch- 
tigung Ortsbausatzungen zu erlassen haben bis- 
her ca. 160 Gemeinden Gebrauch gemacht ((. 
Kümmerlen, OBSt, Württ. Z für Verw und 
Rechtspflege 1908, S 320, 385 und 1909, 293). 
Hervorzuheben sind: das im Jahr 1897 revidierte 
OBSt der Stadt Stuttgart, das aber durch zahl- 
reiche besondere Anbauvorschriften für einzelne 
Straßen ergänzt ist; das OBSt der Stadt Ulm 
v. 1875 und 1894, dem im Dezember 1905 die 
sehr bemerkenswerte Staffel BO für die neuen 
auf und außerhalb der seitherigen Umwallung 
gelegenen B Quartiere beigefügt wurde. 
Die Errichtung neuer und die Abän- 
derung bestehender Ortsbausat- 
zungen steht den Gemeindekollegien (Ge- 
meinderat und Bürgerausschuß) zu, welche einen 
BVerständigen zu hören haben. Nach dem Ent- 
wurf ist die Verpflichtung zur Anhörung eines 
geprüften Technikers auf technische Fragen be- 
  
welcher Einwendungen erhoben werden können, 
beträgt mindestens 4 Wochen. Ueber die vorge- 
brachten Einwendungen ist mit den Einsprechenden 
zu verhandeln und sodann von den Gemeinde- 
kollegien zu beschließen. Ortsbausatzungen be- 
schränkt. Der Entwurf des OSt ist öffentlich 
bekannt zu machen. Die Auflagefrist, innerhalb. 
rttemberg) 
dürfen der Genehmigung des Min Inn, die nach 
der BO v. 1872 frei war, nach der BO v. 1910 
jedoch nur versagt werden darf und muß, wenn 
die Ortsbausatzung mit dem Gesetz in Wider- 
spruch steht, das öffentliche Wohl schädigt, erheb- 
liche Interessen Dritter ohne genügenden Grund 
becinträchtigt oder wenn die Vorschriften über die 
Erlassung und öffentliche Bekanntmachung der 
Ortsbausatzung nicht eingehalten sind. 
Die Ortsbausatzung ist nach ihrer Genehmigung 
öffentlich bekannt zu machen und tritt mit ihrer 
Bekanntmachung in Wirksamkeit, wenn nicht in 
ihr selbst hiefür ein späterer Termin festgesetzt ist. 
6 6. Die Anlage der Orte und der Ortsstraßen 
wird durch den Ortsbauplan bestimmt, dessen Fest- 
stellung gleichfalls wieder den Gemeindekollegien 
(Gemeinderat mit Zustimmung des Bürgeraus- 
schusses) zukommt. Bei der Feststellung hat nach 
der BO v. 1872 ein BTechniker mitzuwirken, der 
mindestens die Befähigung eines Oberamtsbau- 
technikers besitzt. Die BO v. 1910 verlangt ganz 
allgemein sachverständige Beratung. Im übrigen 
ist das Verfahren über die Feststellung von B- 
Linien demjenigen über die Feststellung von Orts- 
bausatzungen durchaus analog mit dem Unterschied, 
daß die Einsprachefrist auf mindestens 8 Tage 
(1910 = 1 Woche# festgesetzt ist und daß bei Fest- 
stellung einer BLiniec von beschränkter Ausdeh- 
nung die Vernehmung der bekannten Beteiligten 
genügt. 
Die nach der BO v. 1872 der Regehörde 
(Min bei Orten über 2500 E., sonst Oberamt) 
zustehende freie Genehmigung ist nach der BO 
v. 1910 in eine in gleicher Weise, wie bei den Orts- 
bausatzungen gebundene Genehmigung unmge- 
wandelt und steht nur in großen und mittleren 
Städten (zur Zeit 13 Gemeinden) dem Min, im 
übrigen dem Bezirksrat zu, doch kann die Zustän- 
digkeit des Min durch Kal Verordnung auf weitere 
Gemeinden mit besonderen Verhältnissen ausge- 
dehnt werden. 
Die im a 4 Abs. 2—4 der BO v. 1872 genann- 
ten Voraussetzungen für die Feststellung von 
Baulinien und Ortsbauplänen sind in a 7 der BO 
v. 1910 teils erweitert (insbes. für die Fälle rasch 
zunehmender Bevölkerung), teils für weiträumig 
bebaute ländliche Orte und Einzelwohnsitze be- 
schränkt. 
Der Ortsbauplan umfaßt die BStraßen und 
ihre Höhenlagen. Die Bötraßen können auf bei- 
den Seiten oder nur auf einer Seite anbaubar sein 
außerdem werden im Ortsbauplanverfahren fest- 
gestellt Vorgärten, Vorplätze, öffentliche Plätze und 
Verbindungswege. Die weitere Einteilung der 
Straßen, also vor allem die Breite der Gehwege 
und der Fahrbahn wird zwar regelmäßig zugleich 
mit dem Ortsbauplan festgestellt, sie ist jedoch in 
der Genehmigung nicht inbegriffen, so daß die 
Gemeinden für die Untereinteilung der Straßen 
freie Hand haben. - Nach der BO v. 1910 (a 52) 
ist bei Feststellung oder Aenderung von Ortsbau- 
plänen insbesondere auch darauf Bedacht zu neh- 
men, daß künstlerisch oder geschichtlich wertvolle 
BWerke, Naturdenkmäler, Friedhöfe und schöne 
Straßen und Landschaftsbilder erhalten bleiben, 
sowie daß mit der Bebauung neugeplanter Straßen 
und Plätze solche Bilder neu geschaffen werden. 
Auf einem Grundstück, das nach dem Ortsbauplan 
in die Fläche einer Ortsstraße oder eines Verbin-
	        
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