Bauwesen (IV. Württemberg)
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dungsweges fällt, darf von Feststellung des Orts-
bauplans an kein B mehr errichtet werden.
Nach der BO v. 1872 sind die Gebäude in der
Regel an die Baulinie zu stellen. Ein Zurücksetzen
ist nur unter bestimmten, in den Ortsbausatzungen
häufig weiter ausgedehnten, erschwerten Be-
dingungen (Parallelstellung, rechtwinklige Stel-
lung der Nebenseiten zur Baulinie u. a.) gestattet.
Die B0O v. 1910 räumt mit diesen Vorschriften,
welche zusammen mit geradlinigen, schachbrett-
artigen Ortsbauplänen manchen neuen Orten und
Ortsteilen einen langweiligen, unschönen Cha-
rakter aufdrückten, auf und setzt an Stelle der
Baulinie eine Baugrenze, die mit Bauten zwar
nicht überschritten, hinter die aber beliebig zurück-
gefahren werden darf.
Bei bevorstehender Aenderung oder Ausdeh-
nung des Ortsbauplans kann über die Bötelle
BSperre verhängt werden mit der Wirkung, daß
die Errichtung neuer oder die Erweiterung be-
stehender Bauten in dem Sperrgebiet untersagt
oder nur vorläufig und unter bestimmten Bedin-
gungen gestattet werden darf. Während die Ver-
hängung der BSperre nach der BO v. 1872 auf
einer durch Urteil des VGH anerkannten Uebung
beruhte, hat die BO v. 1910 für sie eine gesetz-
liche Grundlage und ein genau geregeltes Ver-
fahren geschaffen und ihre Zeitdauer auf ein Jahr
beschränkt. Doch darf die Frist bei umfassenderen
Neufestsetzungen von den Gemeindekollegien nach-
träglich um 2 Jahre verlängert werden.
Nach der BO v. 1910 dürfen ferner von der
amtlichen Bekanntmachung eines Beschlusses über
die Abänderung oder Feststellung eines Ortsbau-
plans an keine Erdschiebungen, die dem festgestell-
ten Visier zuwiderlaufen, mehr vorgenommen
werden.
Die Herstellung und Unterhal-
tung der Ortsstraßen, wozu nach der
BOv. 1910 auch die Einrichtungen für die Wasser-
versorgung und Beleuchtung gehören, liegt grund-
sählich den Gemeinden ob. Die Gemeinde ist zur
Herstellung der im Ortsbauplan vorgesehenen
Straßen verpflichtet, wenn und soweit an solchen
neue oder ältere Gebäude in regelmäßiger Reihen-
folge sich anreihen. Die BO v. 1910 verlangt,
daß die Herstellung der Ortsstraßen regelmäßig
vor ihrem Anbau erfolgen soll.
Die Herstellung von Privatstraßen, für welche
ein öffentliches Bedürfnis nicht vorliegt, ist den
betreffenden Grundbesitzern nur mit Zustimmung
des Gemeinderats und Genehmigung der Reg-
Behörde gestattet.
Nach der BO von 1872 (a 15) kann durch
OBt festgesetzt werden, daß bei der Anlegung
einer neuen oder bei der Verlängerung einer be-
stehenden BoStraße der Aufwand für die
Erwerbung der zur Straße notwendigen Grund-
fläche und für die Planierung von den Eigen-
tümern der angrenzenden Grundstücke ganz
oder teilweise getragen oder ersetzt werden, sobald
auf ihren Grundstücken Gebäude errichtet werden.
Die B0O v. 1910 dehnt diese Befugnis, von
der in neuerer Zeit eine immer größere Anzahl
auch kleinerer Gemeinden Gebrauch machen, aus
einmal auf sämtliche Kosten der Herstellung der
Straßen= und teilweise auch von Straßendurch-
brüchen, Flußbauten, Tunnels usw. Sodann
können unter der Voraussetzung, daß durch die er-
folgte Herstellung der Straße eine Steigerung des
Verkaufswerts ihres Grundbesitzes in der Höhe
der zu fordernden Leistungen eintritt, sowohl die
Eigentümer von Grundstücken, die vor Festsetzung
des Ortsbauplans oder vor Inkrafttreten der Orts-
bausatzung überbaut worden sind und an die
Straße grenzen, als auch die Eigentümer nicht
überbauter oder nicht überbaubarer Grundstücke
zu Straßenkostenbeiträgen herangezogen werden.
Zur Herstellung der im Ortsbauplan vorge-
sehenen Straßen und Plätze, sowie zur Durch-
führung der Ortsbaupläne ist Zwangsenteignung
nach Maßgabe des G v. 20. 12. 88 (Reg Bl 446)
— .. insbes. àa 46 Ziff. 3 desselben — zulässig. Die
BOv. 1910 sieht auch die Ermächtigung z. Zwangs-
enteignung von BGelände (Zonenenteignung) bei
der Vornahme von Straßendurchbrüchen, der durch
sanitäre Gründe veranlaßten Niederlegung von
Gebäuden in alten Gassen oder Ortsteilen und
beim Wiederaufbau zerstörter Orte oder Ortsteile
vor. Auch sogenannte Schikanierzwickel sollen von
den Gemeinden enteignet werden dürfen.,
Für die Benützung der Dohlen durch die Ge-
bäudeeigentümer dürfen die Gemeinden nach be-
stimmten vom Min genehmigenden Sätzen Bei-
träge erheben.
8 7. Polizeiliche Bestimmungen für die ein-
zelnen Bauten. a) Der oberste Grundsatz, den so-
wohl die BO von 1872 wie die BO v. 1910 in al
an die Spitze stellen, ist der der Baufreiheit.
Die privatrechtliche Befugnis auf einem Grund-
stück zu bauen unterliegt nur denjenigen öffent-
lichen rechtlichen Beschränkungen, die durch Gesetz
oder gesetzlich begründete Vorschriften festgestellt
sind. Der Begriff der B. im Sinne der B0 ist
in à 16 der BOv. 1872 u. à 29 der BOv. 1910 näher
umschrieben. Bauten, welche nur auf beschränkte
Zeit für vorübergehende Zwecke z. B. als Hilfsmit-
tel für BoAusführungen errichtet werden, können
auch wenn sie den sonst geltenden polizeilichen Vor-
schriften nicht entsprechen, in stets widerruflicher
Weise gestattet werden, wenn und solange Be-
denken nicht entgegenstehen. Auf rechtmäßig be-
stehende Bauten findet das Gesetz erst dann An-
wendung, wenn eine solche Aenderung oder Aus-
besserung zur Ausführung kommt, bei welcher die
Durchführung der zu treffenden Vorschrift ohne
unverhältnismäßige Opfer für den Bauenden
möglich ist. Doch darf an einer unter der Herr-
schaft des früheren Rechts hergestellten baulichen
Anlage ein dem bestehenden Recht zuwiderlau-
fender Zustand nicht neu geschaffen oder wesent-
lich verschlimmert werden. Wenn der bauliche
Zustand eines B. für Menschen oder fremdes
Eigentum gefährlich ist, so ist der Eigentümer zur
rechtzeitigen Abhilfe, nötigenfalls zum Nieder-
reißen verpflichtet und von der OPBehärde zur
Erfüllung dieser Verpflichtung anzuhalten (a 18
BO v. 1872 und a 31 BO v. 1910. Bei jeder
BAusführung und ebenso bei dem Abbruch der
Bauten sind die nötigen Vorkehrungen gegen
Unglücksfälle und Schaden an fremdem Eigentum
zu treffen (a 19 BO v. 1872 u. a 32 v. 1910, der
auch den Schutz der Gesundheit, der Sittlichkeit
und des Anstands nennt).
b) Ueber die Stellung der Gebäude
zur Baulinie ist das Wesentliche oben unter
z 6 gesagt.
e) Die Höhe der Gebäude darf nach