Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

Anlagen von Düngerstätten an Straßen s. a 33 
BOv. 1872, a 42 BO v. 1910, das Verbot Küchen- 
ausgüsse und Abtritte gegen die Straßenseite zu 
legen s. a 25 u. 26 BO v. 1872, àa 40 v. 1910, 
Rinnen und Ablaufröhren zur Wasserleitung fs. 
à 24 BO v. 1872. 
kt) Die Schönheitsvorschriften sind 
in der BO von 1872 sehr dünn gesät. Nach 
a 22 können in Beziehung auf die Art der 
an den Straßen und öffentlichen Plätzen zuläs- 
sigen Gebäude und auf die Stellung der Gebäude 
mit der Trauf= oder Giebelseite gegen die Straße 
ortsbaustatutarische Bestimmungen getroffen wer- 
den und nach a 46 bleibt es in Städten von 
größerer Bedeutung und in solchen Orten, bei 
welchen eigentümliche Verhältnisse zutreffen, den 
OBSt vorbehalten, über die Anordnung des 
Aeußeren der Gebäude Vorschriften zu erteilen. 
Die OBSt enthalten nun in größeren Städten 
durchaus die allgemeine und sehr weit ausdehnbare 
Bestimmung, daß Gebäude an Hauptstraßen und 
öffentlichen Plätzen ein diesen entsprechendes 
Aeußeres erhalten müssen, verbieten die Erstel- 
lung einstockiger Gebäude, von Scheuern, Remisen, 
Stallungen, Schweineställen u. dgl. Positiv grün- 
det sich auf diese Artikel auch das in den besonderen 
Anbauvorschriften für neu zu erschließende Außen- 
gebiet häufige Gebot landhausartiger BWeise. 
Zum Schutze bestehender BDenkmäler fehlten bis- 
her genaue Bestimmungen, doch finden sich in 
neuester Zeit Ansätze hiezu in einzelnen Anbau- 
vorschriften (z. B. Eßlingen), in der Art, daß in 
gewissen Straßen von besonders historischem Cha- 
rakter jedes BGesuch von dem Konservatorium für 
vaterländische Kunst und Altertumsdenkmale be- 
gutachtet werden muß. Die BO von 1910 geht 
in dieser Richtung bedeutend weiter. Nach a 97 
sollen künstlerisch oder geschichtlich wertvolle Bau- 
werke (Baudenkmale) in ihrem Bestand mög- 
lichst erhalten werden. Zu diesem Zweck können 
nach Einholung des Gutachtens der staatlich be- 
stellten Kunstverständigen Neubauten und Bau- 
veränderungen am Aeußern der Baudenkmale 
oder in deren Umgebung von der BPBehörde 
untersagt werden. Doch ist dem Baulustigen unter 
Umständen Schadensersatz zu leisten. Vorgeschen 
ist ferner die Anlage eines Denkmalverzeichnisses 
und die Möglichkeit der Zwangsenteignung. Nach 
à 98 sollen Neubauten und Bauveränderungen, 
durch die ein eigenartiges Landschaftsbild gröblich 
verunstaltet würde, vermieden werden. Die nähe- 
ren Vorschriften hierüber, sowie über Reklame- 
schilder, Ausschriften usw. sind im wesentlichen 
den Ortsbausatzungen vorbehalten. 
§ 8. Verfahren. Die BO von 1872 hat für 
kleinere B. das Repressiovsystem, für größere das 
Präventivsystem gewählt. Es können nach a 77 
gewisse dort genannte unbedeutende Blrbei- 
ten im Innern der Gebäude und gegen Außen, 
sowie kleinere selbständige B. ohne irgend welche 
Genehmigung und ohne vorausgegangene Anzcige 
bei den Behörden unter Einhaltung der bestehen- 
den Vorschriften ohne weiteres ausgeführt werden. 
Eine weitere Anzahl von in a 78 BO näher auf- 
geführten Bauten sind 8 Tage vor dem Beginn 
der Ausführung unter Angabe des Baumeisters 
oder BHandwerkers der Pol Behörde anzuzeigen, 
bedürfen aber keiner ausdrücklichen Genehmigung, 
sondern können unter Beobachtung der beste- 
Bauwesen (IV. Württemberg) 
— — — — –—. — ——— —. 
  
henden polizeilichen Vorschriften hergestellt wer- 
den, wenn dem Baulustigen das B. nicht innerhalb 
des obigen Termins untersagt wird. Durch OBSt 
kann die Anzeigefrist bis zu 15 Tagen erstreckt 
werden. Alle Bauten, die nicht unter à 77 und 78 
BO fallen, vor allem alle neuen Gebäude im 
engeren Sinn sind genehmigungspflichtig, d. h. 
es hat über sie die BPBehörde nach vorgängiger 
Untersuchung zu erkennen. Die BO v. 1910 kennt 
nur genehmigungspflichtige und nicht genehmi- 
gungspflichtige B., nennt also anzeigepflichtige 
Bauten nicht, doch läßt sic für bestimmte B. die 
Einführung einer Anzeigepflicht durch OBSt zu. 
Zuständig zur Beschlußfassung über die anzeige- 
pflichtigen B. ist nach der BO v. 1872 der Ge- 
meinderat, zur Genehmigung der erkenntnispflich- 
tigen B. das Oberamt, doch steht in Gemeinden, 
in denen die dauernde Mitwirkung eines BVer- 
ständigen in der OBSchau gesichert ist, das Er- 
kenntnis über BVeränderungen und die Herstel- 
lung neuer Gebäude, soweit sie nicht an öffent- 
lichen Plätzen und Ortsstraßen, an Landstraßen, 
in der Nähe von Waldungen, Eisenbahnlinien, 
öffentlichen Wassern, Lager-, Holzabstoß= und 
Wasenplätzen sowie Friedhöfen liegen, dem Ge- 
meinderat zu. Dem Min Inn (Abteilung für 
Hoch B.) ist die Erkenntnis über eigentümliche 
BWerke, für welche die allgemeinen Vorschriften 
nicht ausreichen, sowie über alle Bauten im 
Stadtdirektionsbezirk Stuttgart, soweit sie nach 
Obigem nicht in die Gemeindeinstanz fallen, vor- 
behalten. 
Die B0O von 1910 dehnt die Zuständigkeit der 
Gemeinden erster und zweiter Klasse in a 103 
auf die meisten Neubauten aus, und schaltet die 
Zuständigkeit des Min in 1. Instanz ganz aus. 
An Stelle des Gemeinderats tritt der Ortsvor- 
steher, an Stelle der Ortsbauschau der Ortsbau- 
techniker. 
Gegen Entscheidungen der Verw Behörden, die 
sich auf die Bestimmungen der BO gründen, ist 
das Rechtsmittel des Rekurses in der gesetzlichen 
Instanzenfolge (Gemeinderat, Oberamt, Min Inn) 
zulässig. Die allgemeine Aufsicht über die Hand- 
habung der BP liegt den Oberämtern, deren Tech- 
niker jährlich eine Neubankontrolle in ihrem Be- 
zirk vornehmen und in höchster Instanz dem Min- 
Inn (Abteil. für Hoch B.) ob. Gegen die Entschei- 
dungen des Min ist noch die allgemeine Verw- 
Rechts Beschw an den Kgl VGH möglich. Dem 
Min ist es nach a 76 BO v. 1872 und a 116 BO 
v. 1910 vorbehalten in einzelnen dringenden Fällen 
von besonderer Natur von den durch Gesetz, Ver- 
ordnung oder OBSt unbedingt erteilten polizei- 
lichen Vorschriften Dispensation zu erteilen, soweit 
dadurch nicht dem Rechte oder erheblichen Interesse 
eines Dritten Eintrag geschiecht. Befreiung von 
den durch OBt erteilten unbedingten Vorschrif- 
ten kann nach à 116 der BO v. 1910 auch von den 
Oberämtern und den ihnen hinsichtlich ihrer Zu- 
ständigkeit gleichgestellten Gemeindebehörden, so- 
weit sich der Gemeinderat dafür ausspricht, erteilt 
werden. 
Literatur: Kommentare zur BO v. 1872 sind erschie- 
neu von Bitzer 1872, von Schindler 1896, Reiff 1902. 
Bei Reiff findet sich eine umfassende Zusammenstellung 
sämtlicher mit dem B. in Württemberg zusammenhängenden 
v! Bestimmungen, insbes. der Min Afg über das Wohnungs-
	        
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