Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
wesen v. 21. 5. 01 (Reg Bl 130), der nachbarrechtlichen Be- 
stimmungen des württ. AG z. BGB (a 217—283) u. a. 
Zur BO von 1910 erscheinen Kommentare von Reiff 
(bei W. Kohlhammer), von Kälber und Mörike bbei JI. 
Heß) und von Häsfnerfbei Metzler). 
Kümmerlen. 
V. Baden 
A. Das öffentliche Baurecht 
4 1. Geschichtliche Entwicklung. ## 2. Baupolizeirecht 
(einschl. Straßenbau). 
# l. Geschichtliche Entwickelung der geltenden 
Vorschriften. Im Gegensatz zu dem in verschie- 
denen anderen deutschen Mittelstaaten wie in 
Württemberg, Hessen und Sachsen eingehaltenen 
Verfahren ist es in Baden bis zur Gegenwart zu 
einer zusammenfassenden gesetzlichen Behandlung 
derienigen Rechtsgrundsätze, welche im Wege einer 
obrigkeitlichen Beeinflussung für eine vernünftige 
Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses der Men- 
schen Fürsorge treffen wollen, noch nicht gekom- 
men. Nach wie vor gehen die Vorschriften, die nur 
die polizeiliche Seite des in Frage stehenden Ver- 
waltungszweiges erfassen wollen, neben denjeni- 
gen selbständig einher, die sich mit der Pflege des 
Bau= und Wohnungswesens beschäftigen, und selbst 
auf dem rein polizeilichen Gebiete laufen grund- 
legende, der Sache nach zusammengehörende, 
Normen in Gesetzen und in Verordnungen ge- 
trennt nebeneinander her. 
Die erste umfassendere gesetzliche Ordnung der 
einschlägigen Fragen erfolgte auf dem Gebiete 
der B##Uagelegentlich des Erlasses des Pol St GB 
v. 31. 10. 63. Nachdem man sich in den voraus- 
gegangenen Jahrzehnten, auch nach Einführung 
der Verfassung, mit einer rein verordnungsmäßi- 
gen Behandlung begnühgt hatte, schuf der § 116 
Pol St GB für das BPRecht eine spezielle gesetz- 
liche Grundlage, indem er der verordnenden Ge- 
walt ausdrücklich die Befugnis verlieh, über die 
Baulinie, die Festigkeit, die Feuersicherheit und 
Gesundheit allgemeine Vorschriften zu erlassen, 
indem er weiter zur Ergänzung dieser Vorschriften 
die Aufstellung von örtlichen BOrdnungen zuließ 
und insbesondere auch das Recht der BPBehörden 
zur individuellen Behandlung einzelner Fälle 
ausdrücklich anerkannte. Schon mit G v. 20. 2. 68 
wurde jedoch ein Teil dieser Vollmachten, der sich 
auf die mit den Baulinien zusammenhängenden 
Fragen bezog, wieder zurückgenommen und zum 
Gegenstande einer selbständigen gesetzgeberischen 
Regelung gemacht. Das der verordnenden Ge- 
walt noch verbliebene Restgebiet wurde sodann 
mit der unterm 5. 5. 69 erlassenen V des Min Inn, 
der sog. Landesbauordnung in Behandlung 
genommen. Wollte man dabei auch jenes Gebiet 
in vollem Umfange erfassen, so zeigte sich doch 
bald, daß vor allem nach der gesundheitlichen 
Seite hin eine Ergänzung der Landesbauordnung 
nötig sei. Die Ausfüllung dieser Lücke erfolgte 
jedoch nicht durch eine Erweiterung der die Landes- 
bauordnung enthaltenden Vorschrift, sondern durch 
den Erlaß einer neuen selbständigen V über die 
Sicherung der öffentlichen Gesundheit und Rein- 
lichkeit v. 27. 6. 74. In derselben, die sich zugleich 
Bauwesen (V. Baden) 
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auch auf den im Jahre zuvor in das Pol StGB 
neu ausgenommenen # 87 a stützen konnte, war 
insbesondere ein Anfang gemacht worden mit der 
Zulassung einer Wohnungsinspektion. In der 
Folgezeit erfuhren alle drei Vorschriften namhafte 
Aenderungen: Das G v. 20. 2. 68, das die amt- 
liche Bezeichnung Ortsstraßengesetz er- 
hielt, wurde durch die Novellen der Jahre 1880, 
1890, 1896, 1904 und 1908 in seinen wesentlichsten 
Teilen umgestaltet, durch Aufnahme von Vor- 
schriften über die Bauplatzumlegung sowie über 
— — —„ — — — — — 
  
die Baulastenbücher bedeutend erweitert und voll- 
ständig neu redigiert. Die Gesundheits V v. 27. 
6. 74 wurde insbesondere hinsichtlich der auf 
die Wohnungsinspektion bezüglichen Vorschriften 
weiter ausgebaut, nachdem auch der 3# 116 des 
PolSt GB inzwischen (im Jahre 1896) eine diese 
Regelung ermöglichende Erweiterung erfahren 
hatte. Die Landesbauordnung endlich wurde 
unterm 1. 9. 07 durch cine ganz neue Vorschrift 
ersetzt, welche zugleich das Wohnungswesen mit 
umfaßte und in vieler Hinsicht in das von der 
Gesundheitspolizeiverordnung behandelte Gebiet 
hinübergriff, worauf diese Verordnung im Jahre 
1908 (23. Dezember) durch eine völlig neue Vor- 
schrift ersetzt wurde. Aufrecht erhalten blieben 
die unterm 29.2.04 ergangene V über den Schutz 
der bei Bauten beschäftigten Personen gegen Be- 
rufsgefahr, die V v. 16. 6. 76 über die Einrich- 
tung von Schlächtereien, sowie die V v. 15. 6. 
und v. 14. 11. 98 über die Errichtung von Kran- 
kenanstalten und Schulgebäuden. 
# 2. Das Baupolizeirecht. a) Von den hier 
einschlagenden Vorschriften allgemeiner Art sind 
diejenigen über die Festsetzung der Baufluchten 
und deren Wirkungen, über die Zugänglichkeit 
der zum Bauen benützten Grundstücke, über die 
Entwässerung derselben, über die Untersagung 
von Bauten außerhalb des geschlossenen Wohn- 
bezirks oder außerhalb des Bereiches etwaiger 
Ortsbaupläne sowie über die Führung von Bau- 
lastenbüchern gesetzlich (im Ortsstraßengesetze) 
festgelegt. Die Bestimmung der Baufluchten er- 
folgt in der Regel allgemein (durch den Bezirks- 
rat) gemeinschaftlich mit der Festsetzung der Orts- 
straßenlinien oder ausnahmsweise im Einzelfall 
(durch das Bezirksamt) für schon bestehende Stra- 
ßhen. Die Bauflucht besitzt nicht nur eine verbie- 
tende Wirkung, von der für provisorische oder 
untergeordnete Bauten und kleinere Vorbauten 
Ausnahmen bewilligt werden können (negative 
Funktion), sondern sie zwingt auch die Bauen- 
den mit ihren Bauwerken in die Fluchtlinie hin- 
einzurücken (positive Funktion). An Grundstücken, 
die nicht an einer bestehenden Ortsstraße liegen, 
dürfen Gebäude nur errichtet werden, wenn die 
nötigen Garantien für die Zugänglichkeit, die 
Wasserversorgung, Abwasserleitung und Beleuch- 
tung gegeben sind. Wo der Planbereich dem 
Wohnungsbedürfnis entspricht, können außerhalb 
(sog. wilde Bauten) durch ortspol. Vorschrift 
allgemein verboten werden. Auch sonst können 
solche Bauten im Einzelfalle untersagt werden, 
wenn feld-, sicherheits-, seuer-, gesundheits= oder 
verkehrspolizeiliche Bedenken bestehen oder wenn 
eine Gefährdung des Landschaftsbildes oder eines 
Bandenkmals zu be fürchten ist. (§ 12). 
Die Baulastenbücher dienen zur Siche- 
rung der Durchführung besonderer baupolizei-
	        
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