Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Bauwesen (VI. Hessen) 
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der ortsstatutarischen Regelung vorbehalten. Wie 
in Preußen ist die Beitragspflicht der Anlieger 
erst im Falle der Bebauung gegeben. Die An- 
lieger können hinsichtlich des Aufwandes für die 
Erwerbung des zur Straße nötigen Geländes zur 
Zeit nicht für mehr als die Hälfte der Straßenbreite 
und wenn diese Breite mehr als 16 Meter be- 
trägt, nicht für mehr als 8 Meter herangezogen 
werden. Jedes Bauwerk muß einen ausreichenden 
öffentlichen Zugana besitzen. Auch können für die 
Errichtung, Zugänglichkeit, Stellung, Bauart und 
Größe der Hintergebäude in Ortsstatuten beson- 
dere Vorschriften erteilt werden. Zur Zeit be- 
stimmt der a 56 der Ausf Vi z. Allg. BD, daß aus 
feuerpolizeilichen Interessen die Gebäude auch 
an ihren Rückseiten zugänglich sein müssen. Es 
sind genügende Zugänge oder Durchfahrten von 
mindestens 2,3 m Breite und 2,6 m Höhe her- 
zustellen und, soweit die Feuerlöscheinrichtungen 
es erfordern, zwischen den Vorder= und Hinter- 
häusern angemessene Zwischenräume offen zu 
lassen. Auch die Höhe der Gebäude ist für den 
Umfang der Zwischenräume entscheidend. Im 
übrigen ist die BPBehörde befugt, nach Lage des 
einzelnen Falles zu entscheiden und hierbei unter 
Umständen auch verschärfte, durch den Spezialfall 
gebotene Anforderungen zu stellen, die durch den 
eod des Verkehrs oder die Feuersgefahr bedingt 
ind. 
5. Wird der bauliche Zustand eines B. als ge- 
fährlich für Menschen oder fremdes Eigentum 
erkannt, so ist der Eigentümer zur rechtzeitigen Ab- 
hilfe, erforderlichenfalls zum Niederreißen der 
gefahrdrohenden Teile verpflichtet. Letztere Ver- 
pflichtung besteht aber nur, wenn ein technisches 
Gutachten die Niederlegung fordert. Zuständig 
zum Erlaß und ev. zwangsweisen Durchführung 
der nötigen Anordnungen ist in der Regel das 
Kreisamt, in Städten, in denen die Erteilung der 
Baubescheide dem Lokalpolizeibeamten über- 
tragen ist, der Lokalpolizeibeamte; in dringenden 
Fällen kann die Lokalpolizeibehörde den Eigen- 
tümer zur Herstellung oder Beseitigung anhalten 
(a 27, 40 BO, 5l45 Ausf. V). Z 
s 7. Formeller IJnhalt und Baupolizeibe- 
hörden. Der nach deutschem Verwaltungsrecht 
fast ausnahmslos geltende Grundsatz, daß vor 
Beginn der BAusführung die Genehmi- 
ung der BpPBehöäörde einzuholen ist, gilt auch 
far Hessen. 
Irgendwelche Ausnahmen von dieser allgemei- 
nen Verpflichtung, die Genehmigung herbeizu- 
führen, bestehen nicht, auch nicht für Staatsbau- 
ten. Für diese hat jedoch die praktische Uebung 
insofern eine Ausnahmestellung geschaffen, als 
durch ministerielle Anordnung (vgl. die Aus- 
schreiben des Min Inn v. 20. 2. 82 Al Nr. 221, 
v. 3. 9. 841A Bl Nr. 151, v. 5 7. 88 Al Nr. 51, 
v. 15. 2. 98 [ABl Nr. 31, v. 13. 2. 02 und 
v. 10. 1. 03 [AnBl Nr. 11) ein besonderer 
„Geschäftsgang“ eingeführt ist; danach wird bei 
Staatsbauten (z. B. staatlichen Eisenbahnbauten 
und Hofbauten) bei der BPPehörde angefragt, 
ob das Bauprojekt zu baupolizeilichen Bedenken 
Anlaß gibt. Eine formelle Genehmigung hat die 
Bynricht zu erteilen, doch ist die ergehende Mit- 
teilung als Genehmigung zu betrachten, da die ByP 
ihre Prüfungspflicht erfüllen muß. Auch steht der 
B# irgend eine weitere Mitwirkung bei Ausfüh- 
  
  
rung des B nicht zu: die staatlichen Techniker 
üben die Kontrolle aus. 
Nach a 64 allg. BO ist die Genehmigung zu 
erwirken: 1. Bei Gebäuden mit einer Feuerungs- 
anlage. 2. Bei Errichtung neuer Feuerstätten, 
oder Verlegung oder Veränderung vorhandener. 
3. Bei Aufführung eines Gebäudes an einer be- 
stehenden oder in den genehmigten Bauplan auf- 
genommenen Straße, oder an einem Platze. 4. Bei 
Vornahme einer Hauptänderung an einem bereits 
bestehenden Gebäude an dessen äußerer, nach der 
Straße zu gehender Seite. Unter einer Haupt- 
änderung in diesem Sinne versteht das Gesetz 
jede Veränderung in der Konstruktion, oder in 
der Form der nach einer Straße gehenden Seite 
des Gebäudes (Ausführungs V zur allgemeinen 
BO 8 83). 
Daneben bestimmt die allgem. BO (a 65), 
daß die Genehmigungspflicht durch Lokalpolizei- 
Vorschriften erweitert werden kann; davon ist 
vielfach Gebrauch gemacht. Man hat die Ge- 
nehmigungspflicht u. a. ausgedehnt auf Gas- 
anlagen, Düngerstätten, Einfriedigungen, auf die 
Anlage von an die Straße gehenden Vorsprüngen, 
Säulen, Balkons, Firmenschilder und dergl., so- 
wie auf Errichtung von Bau= und Tünchergerü- 
sten. Zuständig zur Genehmigung ist in erster 
Linie das Kreisamt. Nach a 64 II ist es jedoch 
dem Min Inn vorbehalten, in Städten dieses Ge- 
nehmigungsrecht auf den Bürgermeister, bezw. 
den vom Staat ernannten Lokalpolizeibeamten 
zu übertragen. Danach ist das Genehmigungs- 
recht zunächst den Bürgermeistern der Städte 
Mainz, Offenbach und Worms übertragen worden, 
während Darmstadt und Giceßen erst verhältnis- 
mäßig spät nachfolgten (1898). Hier war bis da- 
hin das Genehmigungsrecht dem staatlich ernann- 
ten Lokalpolizeibeamten übertragen. Nach Prü- 
fung der Pläne und Begutachtung des Projekts in 
bau-, feuer= und gesundheitspolizcilicher Hinsicht 
und nach Beseitigung etwaiger Anstände erfolgt 
die Baugenehmigung. Entgegen der Gesetzgebung 
der meisten übrigen deutschen Staaten haben die 
Nachbarn des Bauenden keinen gesetzlichen An- 
spruch, über ein vorliegendes BGesuch gehört zu 
werden. Kreisamt und Lokalpolizeibehörde können 
jedoch da, wo dies als sachdienlich erachtet wird, 
eine Vernehmung der Nachbarn eintreten lassen; 
über etwaige Einwendungen entscheidet das 
Kreisamt (5§ 88 A#). In Städten mit bau- 
polizeilichem Genehmigungsrecht wird die Ent- 
scheidung über Einwendungen der Nachbarn von 
der Lokalpolizei-Behörde getroffen. Von der 
Befugnis zur Vernehmung der Nachbarn ist in 
den meisten B Pol Ordnungen Gebrauch gemacht 
und bestimmt, daß vor Genehmigung alle Bau- 
gesuche 3 Tage lang zur Einsicht der Nachbarn 
offengelegt werden (vgl. z. B. BPOrdnung für 
Darmstadt § 51). Die Genehmigung wird erteilt 
durch den sogenannten Baubescheid unter Bei- 
fügung etwaiger sich als erforderlich erweisenden 
besonderen Vorschriften. Erst dann darf mit der 
Ausführung des B begonnen werden (a 75). Der 
Baubescheid ist ein Jahr gültig. Wird mit der 
Ausführung des B. nicht innerhalb dieses Jahres 
begonnen, so kann auf Antrag Verlängerung des 
Baubescheids auf ein Jahr erfolgen, oder es wird 
die Baugenehmigung unwirksam (a 74). Von 
Beendigung des Rohbaues sind die Bauenden ver-
	        
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