Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

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keit bedarf; darunter würde aber das Staatsinter- 
esse leiden. 
#9# Beschränkungen der Beamten. Die B. 
unterliegen im Interesse der Sicherung voller 
Pflichterfüllung verschiedenen Beschränkungen in 
Bezug auf die Freiheit ihres Handelns, nament- 
lich: 
a) Die Betreibung eines Gewerbes, die 
Uebernahme von Nebenämtern oder 
Nebenbeschäftigungen,, besonders von 
solchen, mit denen eine Entlohnung verbunden 
ist, bedürfen in der Regel der Genehmigung der 
vorgesetzten Behörde; ebenso der Eintritt 
in den Vorstand, Aufsichtsrat oder 
Verwaltungsrat einer Erwerbs- 
gesellschaft, zu dem übrigens die Geneh- 
migung versagt werden muß, wenn mit der Stelle 
ein Gewinn oder eine Entlohnung verbunden ist. 
Auch zur Uebernahme von Vormundschaf- 
ten, Pflegschaften, kommunalen 
Ehrenämtern wird vielfach eine Genehmi- 
gung der Aufsichtsbehörde verlangt. 
b) Die B. dürfen nach dem RBE# und den 
Gesetzen verschiedener Einzelstaaten Titel, 
Ehrenzeichen, Geschenke, Gehalts- 
bezüge oder Remunerationen von 
anderen Regenten oder Regierun- 
gen nur mit Genehmigung des Kaisers bezw. 
Landesherrn oder der von diesen ermächtigten 
Behörde annehmen. Zur Annahme von son- 
stigen Geschenken oder Belohnun- 
gen, die dem B. in Bezug auf sein Amt zuge- 
dacht sind, bedarf er der Erlaubnis der zuständigen 
Dienstbehörde. 
c) Zur Eingehung einer ehelichen Ver- 
bindung bedürfen die B. in manchen Staaten, 
wie z. B. in Württemberg, der Erlaub- 
nis der zuständigen Dienstbehörde; die Erlaubnis 
darf aber dort nur versagt werden, wenn die ehe- 
liche Verbindung aus Räcksicht für die Ehre des 
Dienstes als unzulässig erscheinen müßte (Württ. 
Be a 7). Andere Staaten, wie Preußen,, 
Bayern, Baden,, beguüßgen sich mit einer 
vorgängigen Anzeige; jedoch kann in Bayern und 
Baden für bestimmt zu bezeichnende Gruppen 
von B. die Zulässigkeit der Verehelichung von 
der Erlaubnis der zuständigen Dienstbehörde ab- 
hängig gemacht werden. 
§+ 10. Die Nechtsfolgen einer Berletzung der 
Beamtenpflichten. Die Verletzung der den B. 
obliegenden Pflichten kann drei Arten von Rechts- 
folgen herbeiführen, die sich gegenseitig nicht aus- 
schließen, sondern gleichzeitig nebeneinander ein- 
treten können: disziplinarische, straf- 
rechtliche und privatrechtliche. 
Jede Handlung eines B., die eine Verletzung 
der ihm durch sein Amt auferlegten — amtlichen 
oder außeramtlichen — Pflichten enthält, ist ein 
Dienstvergehen und unterliegt als sol- 
ches disziplinarischer Bestrafung 
[1Disziplinl. Sie ist außerdem krimi- 
nell strafbar, wenn sie gleichzeitig in einem 
Strafgesetze mit Strafe bedroht ist (UAmts- 
delikte!). Die in amtlicher Funk- 
tion begangenen kriminell strafbaren Hand- 
lungen pflegt man in uneigentliche und 
eigentliche Amtsdelikte einzuteilen. Un- 
eigentliche Amtsdelikte sind Handlungen, 
die an sich und allgemein strafbar sind, die jedoch 
  
Beamte 
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um deswillen mit einer höheren Strafe be- 
droht sind, weil ein Beamter sie verübt hat 
(5 128 Abs 2, 129 Abs2, 340—342, 347, 348 Abs 2,. 
349, 350, 353a Abs 1, 354—356 St GB). Bei den 
eigentlichen Amtsdelikten kann die mit 
Strafe bedrohte Handlung überhaupt nur von 
einem B. begangen werden; hier bildet die Ver- 
letzung der Amtspflicht nicht ein die Strafbarkeit 
steigerndes Moment, sondern den Tatbe- 
stand des Deliktes selbst (I§s 331, 332, 334, 339, 
343—346, 348 Abs 1, 352, 353 St GB). 
Zivilrechtliche Haftung des B. tritt 
ein, wenn durch seine pflichtwidrige Handlung 
die Vermögensbeschädigung eines Anderen her- 
beigeführt und zugleich nach den Grundsätzen des 
Zivilrechts eine Schadensersatzpflicht begründet 
ist. Die Haftung ist für die Reichs= und Landes- 
beamten geregelt durch das BGB 5 839. Aus 
Anlaß der Einführung des BG# B (vgl. Em& z. BGB 
à 77) haben aber verschiedene Bundesstaaten eine 
Haftung des Staates für Verschulden der B. 
bei Ausübung staatlicher Hoheitsrechte an- 
erkannt, und zwar eine unmittelbare 
Haftung mit Rückgriffsrecht des Fiskus gegen 
den B.: Bayern, Württemberg, Ba- 
den, Anhalt, Koburg--Gothasz; eine 
subsidiäre Haftung: Hessen, Groß- 
herzogtum Sachsen, Elsaß--Loth- 
ringen. Im Königreich Sachsen wird 
in der Rechtsprechung ein Gewohnheitsrecht an- 
genommen, nach welchem der Staat neben dem 
schuldigen B. haftet. Auch Preußen ist neuer- 
dings durch das G v. 1. 8. 09 (GS 691) in die 
Reihe derjenigen Staaten getreten, die ihre un- 
mittelbare Haftung für Verletzungen der Amts- 
pflicht seitens ihrer B. anerkennen. Die Haftung 
ist dahin geregelt, daß — unter Rückgriffsrecht des 
Fiskus — die im §& 839 BGB bestimmte Verant- 
wortlichkeit bei unmittelbaren Staatsbeamten 
auf den Staat und bei Kommunalbeamten (mit 
Ausnahme der Standesbeamten, bei denen gleich- 
falls der Staat haftet) auf den Kommunalverband 
übergeht. Dagegen hat sich das Gesetz bezüglich 
der Amtspflichtverletzungen der Lehrer und Leh- 
rerinnen eines Schulverbandes einer Regelung 
enthalten. Endlich ist durch das R v. 22. 5. 10. 
(Rl 798) auch die Haftung des Reichs für 
seine B. (einschließlich der B. der Schutzgebiete 
und der Angehörigen der Kaiserl. Schutztruppe) 
geregelt worden. Das Reich haftet unmittelbar 
mit Rückgriffsrecht gegen die Beamten. Die 
Personen des Soldatenstandes, mit Ausnahme 
derjenigen des Kgl. bayerischen Kontingents, 
stehen den Reichs B. gleich. Zuständig für die 
Ansprüche gegen das Reich sind ausschließlich die 
Landgerichte. 
In manchen Bundesstaaten, wie Preußen, 
Bayern, Baden, Hessen, beiden 
Mecklenburg, sowie in Elsaß-Loth- 
ringen ist, entsprechend dem #& 11 Abfs 2 des 
Ec#z. G, die Zulässigkeit der strafrechtlichen 
oder zivilrechtlichen (in Bayern nur der zivilrecht- 
lichen) Verfolgung eines Beamten von der Vor- 
entscheidung einer besonderen Behörde (d. i. des 
obersten VGund, wo ein solcher fehlt, des R) 
darüber abhängig, ob dem Beamten eine Ueber- 
schreitung seiner Amtsbefugnisse zur Last fällt. 
Diese Abhängigkeit kann doppelter Natur sein: 
entweder nämlich ist die Verfolgung der Beam- 
  
 
	        
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