Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Ablösung der Reallasten 
  
Ablösung der Reallasten 
(Erundlasten, Dienstbarkeiten) 
Val. über Agrarrecht im allgemeinen den Art. Agrar- 
gesetzgebung; über Ablösung der Dienstkar- 
keitsrechte (Servituten) den Art „Gemeinheits- 
teilungen"; über Ablösungsbehörden und 
Ablösungsverfahren auch den Art. „Ausein- 
andersetzungen“.) 
A., Abl = Ablösung; D Dienstbarkeit; Lo Kult —= Landes. 
Kultur; RKL — Reallast) 
I. Peutzen 
# 1. Einleitung. 5 2. Plan der Darstellung. 
I. Die älteren Landesteile Preuzens. 
A. Geschichtliche Entwickelung # 3. 
B. Gegenwärtiger Rechtszustand. 4# 4. Chne Ent- 
schädigung aufgehobene Lasten. 1 5. Ablösbare Lasten. 
5 6. Vorschriften über die Ablösung. s 7. Ablösung der Real- 
lasten der geistlichen und Schulinstitute usw. ## 8. Eigen- 
tumsverleihung. & 9. Rentenbanken. 4 10. Rechte dritter 
Personen. — 11. Landespolizeiliche Bestimmungen. 
II. Der Regierungsbezirk Kaisel 5 12. 
III. Der Regierungsbezirk Wiesbaden. 
5 13. Die Gesetzgebung. # 14. Gegenwärtiger Rechts- 
zustand. 
IV. Die Provinz Schleswig-poslstein. 
#5 15. Schleswig-Holstein. 16. Lauenburg. 
V. Die Provinz Hannover. 
5* 17. Hannoversche Gesetzgebung. ## 18—19. Preußische 
Gesetzgebung. 
VI. Die Hohenzollernschen 
§ 1. Allgemeines über Reallasten und deren 
Ablösung. RL (Grundlasten) sind Verpflichtun- 
gen zu wiederkehrenden Leistungen, die dem Be- 
sitzer eines Grundstücks als solchem obliegen. Die 
Leistungen können in einem Geben oder einem 
Tun bestehen, regelmäßig zu bestimmten Zeiten 
oder nur bei gewissen, unregelmäßig wiederkeh- 
renden Anlässen geschuldet werden, bestimmt und 
unveränderlich oder unbestimmt, von veränder- 
licher Höhe sein. Neben einer Mehrzahl beständi- 
ger R finden sich auch solche, welche nur auf be- 
schränkte Zeit, insbesondere für die Lebenszeit 
des Berechtigten, bestellt sind. 
1. Die R2 gehören zum Teil dem öffentlichen 
Rechte, zum Teil dem Privatrechte an. Da es sich 
bei den letzteren um ein sachenrechtliches Institut 
handelt, hat das BG# sie in seinen Bereich 
ziehen müssen. Das hat es aber nur in beschränktem 
Umfange getan, insofern als es nur den Begriff 
und die Entstehung der R2, die Ansprüche des Be- 
rechtigten sowie die Veräußerung und Belastung 
des Rechtes neu geordnet hat (5# 1105—1112). 
Beschränkungen des Inhaltes der R hat es nicht 
ausgesprochen, vielmehr die landesgesetzlichen 
Vorschriften, welche die Belastung eines Grund- 
stücks mit RL untersagen oder beschränken, sowie 
diejenigen landesgesetzlichen Vorschriften, welche 
Landec. (7 20.) 
  
  
  
den Inhalt und das Maß solcher Rechte näher be- 
stimmen, aufrecht erhalten (a 115 Ec z. BGB). 
Da es ferner auch die Vorschriften über die Abl., 
Umwandlung oder Einschränkung von NRL un- 
berührt gelassen hat (a 113) und da endlich die 
z. Zt. des Inkrafttretens des Be# bestehenden 
°RN mit ihrem sich aus den bisherigen Gesetzen er- 
gebenden Inhalt und Rang bestehen geblieben 
sind (a 184), so ist der vor dem Erlaß des BGB 
bestehende Rechtszustand hinsichtlich der bereits 
vorhandenen NL im wesentlichen unverändert 
geblieben. 
Ueber die juristische Natur der R hat früher 
Streit geherrscht. Unter den Rechtslehrern war 
die Meinung weit verbreitet, daß die R lediglich 
Obligationen seien, bei denen der Verpflichtete 
durch das Eigentum an einem Grundstück be- 
stimmt wird. Die Ggebung indessen hat fast überall 
diese Auffassung abgelehnt. Nach einer andern 
Meinung sollte das Rechtsverhältnis, das durch 
die RL begründet wird, ein dingliches sein. Die 
Vertreter dieser Meinung weichen aber in der Auf- 
fassung des Anspruchs auf die einzelne Leistung 
darin von einander ab, daß einige für diesen An- 
spruch ein Forderungsrecht unterstellen, andere 
ihn dagegen ebenfalls für dinglich hielten. Für das 
landrechtliche Gebiet Preußens ging die herr- 
schende Meinung dahin, daß die RL ein dingliches 
Recht seien, das zwar wie andere dingliche Rechte 
entsteht und vergeht, das aber, soweit es auf pri- 
vatrechtlichem Titel beruht, Wirkung gegen Dritte 
(Besitznachfolger, welche nicht Erben des bisheri- 
gen Besitzers sind) nur durch Eintragung im Grund- 
buch erlangt (G v. 5. 5. 72 — GE 433 — 7 12; 
GBOv. 5.5.72 — GS 446 — 5 73). Der Be- 
sitzer des belasteten Grundstücks blieb auch nach 
dessen Veräußerung für die Rückstände aus seiner 
Besitzzeit persönlich verantwortlich; daneben aber 
war wie bei den „gemeinen Lasten“ 1(§5 Anm. 5] 
so auch bei den im Grundbuch eingetragenen R# 
die Haftung des Grundstücks für Rückstände be- 
gründet. (Förster-Eccius, Preuß. Privatrecht 3, 
Nach dem BG#B (7* 1105) kann ein Grundstück 
in der Weise belastet werden, daß an denjenigen, 
zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, wieder- 
kehrende Leistungen aus dem Grundstücke zu ent- 
richten sind (RL). Die R kann auch zu Gunsten 
des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grund- 
stücks bestellt werden. 
Auf die einzelnen Leistungen finden die für die 
Zinsen einer Hypothekenforderung geltenden Vor- 
schriften entsprechende Anwendung (5 1107). Der 
Eigentümer haftet für die während der Dauer 
seines Eigentums fällig werdenden Leistungen 
auch persönlich, soweit nicht ein anderes bestimmt 
ist (& 1108). Da die RL auch nach dem Bo ein 
das Grundstück belastendes dingliches Recht ist, 
sind für seine Begründung Aufhebung, Aenderung 
des Inhalts, Uebertragung, Rang usw. die allge 
meinen Vorschriften über Rechte an Grundstücken 
(5§ 873 ff) maßgebend. 
Die R7 haben sich in alter Zeit, insbesondere 
aus den wirtschaftlichen Zuständen des Mittelalters 
entwickelt. Die ältesten waren wohl die von den 
Gutsherren den Gütern ihrer Hintersassen aufge- 
legten Dienste und Abgaben und hingen vielfach 
mit der persönlichen Unfreiheit (Leibeigenschaft, 
Erbuntertänigkeit, Gutsuntertänigkeit), sowie mit 
den besonderen Besitzverhältnissen (Laß= und ähn- 
lichen Nießbrauchs-, Erbzins-, Erbpachtverhält- 
nissen u. a.) der bäuerlichen Bevölkerung zusam- 
men. Später traten neben die gutsherrlichen dem 
öffentlichen Recht angehörende RL: Leistungen an 
die Vogtei= und Gerichtsherrschaft, die Kirche, die
	        
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