Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
410 
Bergwesen (A. Reichsgebiet B. Schutzgebiete) 
  
Arbeiterausschüsse, die ihre Befugnis über- 
schreiten, kann das Oberbergamt nach vorheriger 
Verwarnung auflösen. Auch kann es einen Si- 
cherheitsmann wegen Pflichtverletzung seines 
Amtes entheben. Die Entscheidung erfolgt in 
öffentlicher Sitzung nach kontradiktorischer Ver- 
handlung nach näherer Vorschrift des Verwal- 
tungsstreitverfahrens. 
Auf denjenigen Bergwerken oder selbständigen 
Betriebsanlagen, auf welchen Sicherheitsmänner 
nicht bestellt zu werden brauchen, muß, sofern auf 
ihnen in der Regel mindestens 100 Arbeiter be- 
schäftigt werden, ein Arbeiterausschuß in un- 
mittelbarer und geheimer Wahl bestellt werden, 
auf den die sonst für Arbeiterausschüsse gege- 
benen Vorschriften entsprechende Anwendung 
finden. 
III. Inhaltlich gleiche Vorschriften über Arbei- 
terausschüsse, Strafgelder, Arbeitsordnungen usw. 
sind in Sachsen durch G v. 12. 2. 09 gegeben. 
In neuester Zeit sind auch dort, und zwar durch 
Gv. 7. 6. 10, Sicherheitsmänner vorgeschrieben. 
Der gesetzliche Zwang zur Einführung von Sicher- 
heitsmännern bezieht sich in Sachsen einerseits 
auf Bergwerke aller Art, auf denen in der 
Regel mehr als 30 Arbeiter beschäftigt werden, 
aber andererseits nur auf unterirdische Betriebe. 
Die Bestellung erfolgt durch geheime und direkte 
Wahl (mindestens alle 5 Jahre). Verhältniswahl 
ist zulässig. Zur Wahl berechtigt sind nur voll- 
jährige Arbeiter, die seit Eröffnung des Betriebs 
oder mindestens 1 Jahr ununterbrochen auf dem 
Bergwerke gearbeitet haben. Die Gewählten 
müssen mindestens 25 Jahre alt sein, die deutsche 
Reichsangehörigkeit besitzen und mindestens drei 
Jahre oder seit Eröffnung des Betricbes auf 
dem Bergwerke gearbeitet haben. Wähler und 
Gewählte müssen die bürgerlichen Ehrenrechte 
besitzen, letztere Überdies der deutschen Sprache 
mächtig sein. Das Amt erlischt, sobald der Sicher- 
heitsmann aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet 
oder eine andere Voraussetzung der Wählbartkeit 
verliert. Die Sicherheitsmänner dürfen von der 
Wahl bis zum Ablauf ihrer Wahlperiode ohne 
Kündigung nur beim Vorliegen eines gesetzlichen 
Entlassungsgrundes, im übrigen aber nur beim 
Vorliegen eines wichtigen Grundes und in die- 
sem Falle nur unter Einhaltung einer 14tägigen 
Kündigungsfrist entlassen werden. Auch in Bay- 
ern sind im Jahre 1910 Sicherheitsmänner vor- 
geschrieben. Nicht wesentlich abweichend ist das 
österreichische Recht, das gleichfalls die Insti- 
tution der Sicherheitsmänner plant. Diese besteht 
schon in England und Fran kreich. 
Einen größeren praktischen Nutzen haben die 
Arbeiterausschüsse bislang nicht gebracht; sie 
äußern sich meist nicht. Von den Sicherheitsmän- 
nern erwartet man nicht gerade eine Vermehrung 
der Sicherheit, wohl aber eine größere Beruhigung 
der Arbeiter. 
Literatur: Arndt, Theorie und Geschichte des 
Bergregals und der Bergbaufreiheit, 1879; Derselbe in 
v. Savigny-Zeitschr. 24 germ. Abt. 596; Zycha, Das 
Recht des ältesten Bergbaus, 1899; ferner die Lehrbücher 
der deutschen Rechtsgeschichte und des deutschen Privatrechts 
(Brunner, Gierke und Stobbe) und die Kom- 
mentare zum preuß. Beragesetz von Klostermann 
Fürst, Arndt, Westhof-Schlüter (Arndt 6. Aufl. 
  
des kurzgefaßten Kommentars); 8 für Bergrecht (seit 1860); 
3 f. d. Berg-, Hütten= u. Salinenwesen. — 
Ouellen (Berggesetze nebst Abänderungen): Reich 
und Preußen im Texte # 1. Für die übrigen Staaten 
(abgesehen von den einzelnen Bestimmungen, die durch die 
Einführung des Bn, durch die Gewerbeordnung und die 
Arbeiterversicherungsgesetze veranlaßt sind): Bayern 
Bv. 20. 3. 69, Abgaben G v. 6. 4. 69, jetzt B v. 13. 8. 10 
(GVBl Nr. 55), das im Terte noch nicht berücksichtigt wer- 
den konnte. — Sachsen B6. 6. 68, jetzt einheitl. Fassung 
der Berggesetzgebung G 31. 8. 10 (GVBl Nr. 16). — Würt- 
temberg B 7.10.74. — Baden B22. 6.90, 16. 8. 00. 
—Hessen B6 ks8. 1. 76, 30. 9. 99, 28. 3. Oos. — Elsaß= 
Lothringen Be (u. Abgaben) 16. 12. 73, 8. 12.09; 14. 7. 
08.— Anhalt BG 20.33.96, 20. 4. 06, 24. 3. 09, B Polizei B 
9. 3. 07 (GS Nr. 1251). — Braunschweig B 15. 
4. 67, 16. 4. 92, 10. 6. 93, 19. 5. 94/25. 2. 99 (Salze), 12. 
6. 99, 5. 11. O4 (Erdöl), 10. 4. 09, Abgaben G 15. 4. 67/ 
20. 6. 99. — Lippe B0 30. 9. 57. — Mecklenburg. 
Schwerin B 16. 5. 79, 22. 6. 00, 16. 8. 04, 28. 2. 06 
(sämtlich Salze betr.), B 19. 6. 96 (Gewerkschaften). — 
Mecklenburg-Strelitz B. 27. 2. o7 (Salze). — 
Oldenburg B 3. 4. 8 (für Birkenfeld 18. 8. 91, 
20. 2. 94, 27. 12. 99). — Reuß 4. L. Gesetzliche B 1. 4. 
57. — Reuß ij. L. B 9. 10. 70, 23. 11. 76, 19. 9. 79, 29. 
3. 95, 9. 3. 03, 5. 3. 07; 5. 1. 75, 20. 6. 77 (Gebühren!. — 
Sachsen-Altenburg B 18. 4. 72, 1. 9. 96; 18. 5. 
96 (Salze). — Coburg= Gotha BW 23. 10. 99, 26. 
1. 09; 23. 11. 95, 7. 7. 96 (Salze). — Meiningen 
BG 17. 4. 68, neue Fassung 18. 2. 04. — Weimar BG 
1. 3. 05. — Schaumburg= Lippe B 28. 3. 066. — 
Schwarzburg-Rudolstadt B 20. 3. 94, B 
24. 6ö. 07. — Schw.-Sondershausen B6 6. 3. 94. 
— Waldeck G 1. 1. 69, 11. 12. 99, 6. 12. 05, 30. 12. 07. 
— Bremen G 19. 7. 66, 14. 4. 08. — Hamburg 
G ?20. 9. 07. — Lübeck B 28. 10. 95, 28. 12. 99, 21. 3. 04. 
Vom Herausgeber. 
B. Schutzgebiete 
#* 1. Rechtsgrundlagen. 1 2. Schürf= und Bergbaurecht. 
5s3. Schranken in der Nutzung des Bergbaurechts. 1 4. Ab- 
gaben. 1 5. Bergbehörden. 1 6. Befugnisse des Reichs- 
kanzlers (Sonderrechtsgebiete). 
5 1. Nechtsgrundlagen und Geschichtliches. Die Rechts- 
grundlagen für die Regelung des deutschen Kolonial-Berg- 
rechts finden sich in dem Schutzgebietsgesetz (RG#l 1900, 
812 ff). Die von dem Kaiser im Namen des Reichs ausgeübte 
Schutzgewalt ist indes nur auf dem Gebiete öffentlichen Rechts 
unbeschränkt. Hinsichtlich des Privatrechts und des Strafrechts 
sind noch Vorschriften des Schutzgeb G zu berücksichtigen. Nach 
38 Schutzgeb G gelten in den Schutzgebieten die im & 19 des 
Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit bezeichneten Vor- 
schriften der Reichsgesetze und preußischen Gesetze. Vom 
bürgerlichen Rechte sind es außer den Reichsgesetzen die 
innerhalb Preußens im bisherigen Geltungsbereiche des 
preußischen ALK in Kraft stehenden allgemeinen Gesetze. 
Nach # 21 Kons GGkann durch Kais. Berordnung das Berg- 
werkseigentum abweichend geregelt werden. Nach der Kais. 
B betr. die Rechtsverhältnisse i. d. d. Schutzgebieten v. 
9. 11. 00, # 3 bleiben die im # 19 des G über die Kons# 
bezeichneten, dem bürgerlichen Rechte angehörenden Vor- 
schriften außer Anwendung, soweit sie u. a. das Bergwerks- 
eigentum betreffen. Soweit diese Verhältnisse noch nicht 
durch Kaiserliche Verordnung geregelt sind, ist der Reichs- 
kanzler und mit dessen Genehmigung der Gouverneur bis 
auf weiteres be fugt, die erforderlichen Bestimmungen zu
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.