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Bergwesen (A. Reichsgebiet B. Schutzgebiete)
Arbeiterausschüsse, die ihre Befugnis über-
schreiten, kann das Oberbergamt nach vorheriger
Verwarnung auflösen. Auch kann es einen Si-
cherheitsmann wegen Pflichtverletzung seines
Amtes entheben. Die Entscheidung erfolgt in
öffentlicher Sitzung nach kontradiktorischer Ver-
handlung nach näherer Vorschrift des Verwal-
tungsstreitverfahrens.
Auf denjenigen Bergwerken oder selbständigen
Betriebsanlagen, auf welchen Sicherheitsmänner
nicht bestellt zu werden brauchen, muß, sofern auf
ihnen in der Regel mindestens 100 Arbeiter be-
schäftigt werden, ein Arbeiterausschuß in un-
mittelbarer und geheimer Wahl bestellt werden,
auf den die sonst für Arbeiterausschüsse gege-
benen Vorschriften entsprechende Anwendung
finden.
III. Inhaltlich gleiche Vorschriften über Arbei-
terausschüsse, Strafgelder, Arbeitsordnungen usw.
sind in Sachsen durch G v. 12. 2. 09 gegeben.
In neuester Zeit sind auch dort, und zwar durch
Gv. 7. 6. 10, Sicherheitsmänner vorgeschrieben.
Der gesetzliche Zwang zur Einführung von Sicher-
heitsmännern bezieht sich in Sachsen einerseits
auf Bergwerke aller Art, auf denen in der
Regel mehr als 30 Arbeiter beschäftigt werden,
aber andererseits nur auf unterirdische Betriebe.
Die Bestellung erfolgt durch geheime und direkte
Wahl (mindestens alle 5 Jahre). Verhältniswahl
ist zulässig. Zur Wahl berechtigt sind nur voll-
jährige Arbeiter, die seit Eröffnung des Betriebs
oder mindestens 1 Jahr ununterbrochen auf dem
Bergwerke gearbeitet haben. Die Gewählten
müssen mindestens 25 Jahre alt sein, die deutsche
Reichsangehörigkeit besitzen und mindestens drei
Jahre oder seit Eröffnung des Betricbes auf
dem Bergwerke gearbeitet haben. Wähler und
Gewählte müssen die bürgerlichen Ehrenrechte
besitzen, letztere Überdies der deutschen Sprache
mächtig sein. Das Amt erlischt, sobald der Sicher-
heitsmann aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet
oder eine andere Voraussetzung der Wählbartkeit
verliert. Die Sicherheitsmänner dürfen von der
Wahl bis zum Ablauf ihrer Wahlperiode ohne
Kündigung nur beim Vorliegen eines gesetzlichen
Entlassungsgrundes, im übrigen aber nur beim
Vorliegen eines wichtigen Grundes und in die-
sem Falle nur unter Einhaltung einer 14tägigen
Kündigungsfrist entlassen werden. Auch in Bay-
ern sind im Jahre 1910 Sicherheitsmänner vor-
geschrieben. Nicht wesentlich abweichend ist das
österreichische Recht, das gleichfalls die Insti-
tution der Sicherheitsmänner plant. Diese besteht
schon in England und Fran kreich.
Einen größeren praktischen Nutzen haben die
Arbeiterausschüsse bislang nicht gebracht; sie
äußern sich meist nicht. Von den Sicherheitsmän-
nern erwartet man nicht gerade eine Vermehrung
der Sicherheit, wohl aber eine größere Beruhigung
der Arbeiter.
Literatur: Arndt, Theorie und Geschichte des
Bergregals und der Bergbaufreiheit, 1879; Derselbe in
v. Savigny-Zeitschr. 24 germ. Abt. 596; Zycha, Das
Recht des ältesten Bergbaus, 1899; ferner die Lehrbücher
der deutschen Rechtsgeschichte und des deutschen Privatrechts
(Brunner, Gierke und Stobbe) und die Kom-
mentare zum preuß. Beragesetz von Klostermann
Fürst, Arndt, Westhof-Schlüter (Arndt 6. Aufl.
des kurzgefaßten Kommentars); 8 für Bergrecht (seit 1860);
3 f. d. Berg-, Hütten= u. Salinenwesen. —
Ouellen (Berggesetze nebst Abänderungen): Reich
und Preußen im Texte # 1. Für die übrigen Staaten
(abgesehen von den einzelnen Bestimmungen, die durch die
Einführung des Bn, durch die Gewerbeordnung und die
Arbeiterversicherungsgesetze veranlaßt sind): Bayern
Bv. 20. 3. 69, Abgaben G v. 6. 4. 69, jetzt B v. 13. 8. 10
(GVBl Nr. 55), das im Terte noch nicht berücksichtigt wer-
den konnte. — Sachsen B6. 6. 68, jetzt einheitl. Fassung
der Berggesetzgebung G 31. 8. 10 (GVBl Nr. 16). — Würt-
temberg B 7.10.74. — Baden B22. 6.90, 16. 8. 00.
—Hessen B6 ks8. 1. 76, 30. 9. 99, 28. 3. Oos. — Elsaß=
Lothringen Be (u. Abgaben) 16. 12. 73, 8. 12.09; 14. 7.
08.— Anhalt BG 20.33.96, 20. 4. 06, 24. 3. 09, B Polizei B
9. 3. 07 (GS Nr. 1251). — Braunschweig B 15.
4. 67, 16. 4. 92, 10. 6. 93, 19. 5. 94/25. 2. 99 (Salze), 12.
6. 99, 5. 11. O4 (Erdöl), 10. 4. 09, Abgaben G 15. 4. 67/
20. 6. 99. — Lippe B0 30. 9. 57. — Mecklenburg.
Schwerin B 16. 5. 79, 22. 6. 00, 16. 8. 04, 28. 2. 06
(sämtlich Salze betr.), B 19. 6. 96 (Gewerkschaften). —
Mecklenburg-Strelitz B. 27. 2. o7 (Salze). —
Oldenburg B 3. 4. 8 (für Birkenfeld 18. 8. 91,
20. 2. 94, 27. 12. 99). — Reuß 4. L. Gesetzliche B 1. 4.
57. — Reuß ij. L. B 9. 10. 70, 23. 11. 76, 19. 9. 79, 29.
3. 95, 9. 3. 03, 5. 3. 07; 5. 1. 75, 20. 6. 77 (Gebühren!. —
Sachsen-Altenburg B 18. 4. 72, 1. 9. 96; 18. 5.
96 (Salze). — Coburg= Gotha BW 23. 10. 99, 26.
1. 09; 23. 11. 95, 7. 7. 96 (Salze). — Meiningen
BG 17. 4. 68, neue Fassung 18. 2. 04. — Weimar BG
1. 3. 05. — Schaumburg= Lippe B 28. 3. 066. —
Schwarzburg-Rudolstadt B 20. 3. 94, B
24. 6ö. 07. — Schw.-Sondershausen B6 6. 3. 94.
— Waldeck G 1. 1. 69, 11. 12. 99, 6. 12. 05, 30. 12. 07.
— Bremen G 19. 7. 66, 14. 4. 08. — Hamburg
G ?20. 9. 07. — Lübeck B 28. 10. 95, 28. 12. 99, 21. 3. 04.
Vom Herausgeber.
B. Schutzgebiete
#* 1. Rechtsgrundlagen. 1 2. Schürf= und Bergbaurecht.
5s3. Schranken in der Nutzung des Bergbaurechts. 1 4. Ab-
gaben. 1 5. Bergbehörden. 1 6. Befugnisse des Reichs-
kanzlers (Sonderrechtsgebiete).
5 1. Nechtsgrundlagen und Geschichtliches. Die Rechts-
grundlagen für die Regelung des deutschen Kolonial-Berg-
rechts finden sich in dem Schutzgebietsgesetz (RG#l 1900,
812 ff). Die von dem Kaiser im Namen des Reichs ausgeübte
Schutzgewalt ist indes nur auf dem Gebiete öffentlichen Rechts
unbeschränkt. Hinsichtlich des Privatrechts und des Strafrechts
sind noch Vorschriften des Schutzgeb G zu berücksichtigen. Nach
38 Schutzgeb G gelten in den Schutzgebieten die im & 19 des
Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit bezeichneten Vor-
schriften der Reichsgesetze und preußischen Gesetze. Vom
bürgerlichen Rechte sind es außer den Reichsgesetzen die
innerhalb Preußens im bisherigen Geltungsbereiche des
preußischen ALK in Kraft stehenden allgemeinen Gesetze.
Nach # 21 Kons GGkann durch Kais. Berordnung das Berg-
werkseigentum abweichend geregelt werden. Nach der Kais.
B betr. die Rechtsverhältnisse i. d. d. Schutzgebieten v.
9. 11. 00, # 3 bleiben die im # 19 des G über die Kons#
bezeichneten, dem bürgerlichen Rechte angehörenden Vor-
schriften außer Anwendung, soweit sie u. a. das Bergwerks-
eigentum betreffen. Soweit diese Verhältnisse noch nicht
durch Kaiserliche Verordnung geregelt sind, ist der Reichs-
kanzler und mit dessen Genehmigung der Gouverneur bis
auf weiteres be fugt, die erforderlichen Bestimmungen zu