Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

72, 73 und 75 LVG). Für die Erhebung und 
Würdigung der Beweise kommen die für das 
Verw Streitverfahren geltenden Vorschriften (88 
76—79 LV) sinngemäß und mit der Maßgabe 
zur Anwendung, daß gegen den eine Strafe oder 
die Nichtverpflichtung eines Zeugen oder Sach- 
verständigen aussprechenden Beschluß des Kreis- 
(Stadt-)Ausschusses den Beteiligten die Be- 
schwerde an den Bezirksausschuß, gegen den in 
erster oder zweiter Instanz ergangenen Beschluß 
des letzteren oder des Provinzialrates innerhalb 
der gleichen Frist die Beschwerde an das OV0 
zusteht (§ 120 LV). 
Nach badischem Recht ist nach der erwähn- 
ten V v. 31. 8. 84 hinsichtlich des Versahrens 
vor den Bozirksräten bestimmt, daß die Ver- 
handlung auf Grund mündlicher und öffentlicher 
Verhandlung zu erfolgen hat. Die Oeffentlich- 
keit kann durch Beschluß des Bezirkerats nur aus 
Gründen des öffentlichen Wohles oder der Silt- 
lichkeit ausgeschlossen werden. Die Ladung der 
Beteiligten zur mundlichen Verhandlung erfolgt 
unter der Verwarnung, daß beim Auelleiben 
nach Lage der Verhandlung werde entschieden 
werden. Den Beteiligten muß schon im Vor- 
verfahren Gelegenheit gegeben werden, ihre In- 
terossen zu wahren und vom Vorbringen etwaiger 
Gegenbetciligter sowie von dem Ergebnis der 
bezirksamtlichen Erhebungen Kenntnis zu neh- 
men. In der münolichen Verhandlung hat der 
Vorsitzende des Bezirtsrats durch Vernehmen der 
Beteiligten und bei deren Ausbleiben durch einen 
Vortrag über den Inhalt der Vorverhaudlungen 
dahin zu wirken, daß der Sachverhalt völlig auf- 
geklärt wird. Die Beteiligten können neue Tat- 
sachen und Beweise vorbringen, insoforn hierdurch 
nach dem Ermessen des Bozirksrats eine erhebliche 
Verzögerung des Verfahrens nicht herbeige führt 
wird und das Verteidigungerecht der Gegen- 
beteiligten nicht geschmälert wird. Die Beweis- 
aufnahme findet nach Bestimmung des Bezirks- 
beamten in der mündlichen Verhandlung oder 
vor dem Bezirksamte statt. Letzteren Falles wird 
das Ergebnis in der mündlichen Vorhandlung 
bekannt gegeben. Nach Schluß der Verhandlung 
hat der Vorsitzende durch Darlegunga der cinschla- 
genden Gesetze und Verordnungen die Mitalieder 
vom Rechtsbestande des einzelnen Falles zu unter- 
richten und einen bestimmten Antrag zu stellen. 
In Sachen, in welchen eine mündliche Verhand- 
lung nicht stattfindct, wird die Beratung durch 
einen Vortrag über das Tatsächliche des Falles 
und die einschlagenden Gesetze und Verordnungen 
eingeleitet. Der Bezirksrat beschließt durch ein- 
fache Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit 
hat der Vorsitzende die Entscheidung. Zu den 
Sitzungen des Bezirksrats kann der Bezirks- 
beamte die übrigen beim Bezirksamte angestellten 
Beamten und Hilsearbeiter, sowie den Rechnungs- 
verständigen und sonstige Sachverständige zur Er- 
teilung von Auskunft mit beratender Stimme 
beiziehen. Den Sitzungen des Bezirksrats hat zur 
Beurkundung der Beschlüsse ein Protokollführer 
beizuwohnen (S§ 16—27 d. V.; val. auch unten 
zu b). Zulässig sind Beweismittel mit Ausnahme 
des Eides, jedoch vorbehaltlich der besonderen 
Gesetze, welche für gewisse Fälle die eidliche oder 
handgelübdliche Bestätigung der Angaben der 
Parteien vorschreiben oder zulassen. Die Zeugen 
Beschlußverfahren 
werden nur auf Verlangen der Beteiligten oder, 
wenn es zur Ermittelung der Wahrheit aus be- 
sondern Gründen dienlich erscheint, verpflichtet. 
Regel ist die handgelübdliche Verpflichtung. 
In wichtigeren Fällen kann nach dem Ermessen der 
Behörde und, wo es gesetzlich vorgeschrieben ist, 
muß eidliche Verpflichtung stattfinden. In dienst- 
polizeilichen Untersuchungen findet die Verpflich- 
tung der Zeugen regeimaßig siatt. Sachverstäu- 
dige werden nur dann verpflichtet, wenn es von 
ceinem Beteiligten ausdrücklich verlangt wird, 
ausgenommen solche, welche vermöge ihres 
Dienstes oder sonst im voraus für Begutachtungen 
der fraglichen Art im allgemeinen verpslichtet sind. 
Soweit nicht für einzelne Gegenstände das Ver- 
fahren durch Gesetze oder Verordnungen be- 
sonders geregelt ist, gilt der Grundsatz, daß die 
Verw ehörden auch von Amts wegen die Tat- 
sachen, welche für die Cutscheidung oder Anord- 
nung erheblich sind, zu erforschen und festzustellen, 
sowic die desfallsigen Beweise zu erheben haben. 
Sie sind befugt, Zeugen und Auskunftspersonen 
vorzuladen und das persönliche Erscheinen und die 
Auskunftserteilung von seiten der Beteiligten, 
wenn es zur Austlärung der Sache nötig ist, zu 
verlangen (PS& 12 und 1 d. V). 
Bezüglich der Auslagen und Kosten ent- 
halten für Preußen Bestimmungen die 88 103 
Ab## 1, 101, 108 Abs 1, 124 LVG. 
§ 1. Formen des Verfahrens und Rechtemittel. 
Die Form des B. ist Grlaß einer Verfügung, eines 
Bescheides oder Beschlusses auf Grund der verhan- 
delten Akten in Preuszen, auf Grund einer münd- 
lichen Verhandlung in Baden (val. oben §#). Der 
Vorsitzende des Kreis (Stadt) Ausschusses ist in 
Fällen, welche keinen Aufschub leiden oder in wel- 
chen das Sach= und Rochtsverhältnis klargelegt und 
die Zustimmung des Kollegiums nicht im Gesetz aus- 
drücklich als erforderlich bezeichnet wird (wie dies 
z. B. beim Erlaß und bei der Auserkraftsetzung 
von Polizeiverordnungen — K 139, 142, 145 LMG 
— bei der Versagung der Bestätigung der Nall- 
len von Gemeindebeamten — & 81 LGSO, 81 
Abs 2 StO und &àl3 Zustoz, bei der Genehmigung 
von Kreislagsbeschlüssen gemäß && 19 und 20 des 
Kr. u. Prov. Abg.G; der Fall ist), befuat namens 
der Behörde Verfügungen zuerlassen und Bescheide 
zu erteilen. Der Vorsitzende des Bozirksausschusses 
und des Provinzialrates ist hierzu nur mit der 
Masgabe befugt, daß eine Abänderung der durch 
Boschwerde angesochtenen Beschlüsse des Kreis- 
(Stadt--)Ausschusses bezw. des Bo##irksausschusses 
nur unter Zuziehung des Kollegiums erfolgen darf. 
An den Vorhandlungen der Bezirke können unter 
Zustimmung des Kollegiums technische Staats- 
und Kommunalbeamte mit beratender Siimme 
teilnechmen (SS 117 Abs 1 und 2, 118 LV). 
Vagl. noch die Erl v. 9. ö. 74, 11. 12. 75 und 30. 
1. 82 (MBl 1874, 119: 1875, 285; und 1882, 26). 
Als Rechtsmittel gilt die Beschwerde. 
Sie findet statt innerhalb zweier Wochen gegen 
die Veschlüsse des Kreis-(Stadt-) Ausschusses an 
den Bozirksausschuß, gegen die in ersier Instanz 
ergangenen Beschlüsse des Bozirksausschusses 
innerhalb gleicher Frist an den Provinzialrat, so- 
fern nicht nach anedrüclicher Vorschrift des Ge- 
setzes die Beschlüsse endgultig sind oder die Be- 
schlußjassung über die Beschwerden andern Be- 
hörden übertragen ist. Die auf Beschwerden ge-
	        
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