Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
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Bibliotheken 
  
fälschlich behauptet wird, durch das Preß G v. 
17. 3. 48 beseitigt, wohl aber durch § 6 des Preß G 
v. 12. 5. 51 ausdrücklich bestätigt ist, daß der Ver- 
leger, also auch der Selbstverleger verpflichtet ist, 
2 Exemplare seiner Verlagsartikel, und zwar eines 
an die Kal B. in Berlin, das andere an die B. der 
Universität derjenigen Provinz, in welcher er 
wohnt, unentgeltlich einzusenden. In Posen ist 
die Raszynskische B. cempfangsberechtigt. In 
den neuen Provinzen, in welchen diese Bestim- 
mungen natürlich nicht gelten, liefern auf Grund 
älterer Gesetze und Verordnungen die Verleger 
Hannovers je ein Exemplar an die Kagl B. zu 
Hannover und an die Universitäts B. Göttingen, 
in Hessen an die Landes B. zu Kassel und an die 
Marburger Universitäts B. bezw. nach Fulda, in 
Nassau nur 1 Exemplar an die LandesB. zu 
Wiesbaden, in Schleswig-Holstein mit Ausschluß 
von Lauenburg je ein Exemplar an die Kal B. 
zu Berlin und an die Universitäts B. zu Kiel; in 
Frankfurt a. M. und Lauenburg besteht überhaupt 
kein Pflichtexemplarzwang. Da auch über die 
Ausführung der gesetzlichen Abgabepflicht keine 
Bestimmungen bestehen, so harrt die ganze 
Materie in Preußen einer durchgreifenden 
Reform. Noch schlimmer steht es mit den 
offiziellen Drucksachen, über deren Ablieferung 
auf Anregung des Vereins Deutscher Bibliothe- 
kare (Zbl. f. B.Wesen 23, 304 ff) der Kultus Min 
am 21. 6. 07 erneut Bestimmungen getroffen hat, 
ohne bisher viel Erfolg damit zu erzielen. — In 
Bayern werden nach dem & 68 des Güber 
das Urheberrecht v. 28. 6. 65 2 Exemplare von 
allen im Lande erscheinenden Druckschriften an 
das Kultus Min abgegeben, von denen eins in die 
Sammlung der Hof= und Staats B. in München, 
das andere in eine andere Universitäts-, Kreis- 
oder MuseumsB. abgeführt wird. In Würt- 
temberg, wo man besonders wertvolle Aus- 
stattung der Bücher vergütet, ist der Drucker liefe- 
rungspflichtig; das an das Oberamt abgegebene 
Exemplar wird an die Kgl Oeffentl. B. in Stutt- 
gart weitergegeben. In Hessen sind 2 Exem- 
plare an die Hof B. in Darmstadt, die Universitäts- 
B. in Gießen und event. an die Stadt B. in Mainz 
zu senden. In Elsaß-Lothringen gel- 
ten nach § 30 der Bek v. 13. 8. 98 noch die in der 
französischen Preßgcsetzgebung festgesetzten Be- 
stimmungen, wonach bei der Präfektur (Bezirks- 
präsidium) 2 Exemplare jeder Druckschrift hinter- 
legt werden müssen. In Anhalt werden 2 
Exemplare, in Lübeck und Schwarzburg- 
Sondershausen je 1 Exemplar abgelie- 
fert. — Gar keine Pflichteremplare fordern 
Sachsen, Baden, beide Mecklen burg, 
Oldenburg, Braunschweig, die thü- 
ringischen Staaten, Lippe, Waldeck, 
Bremen und Hamburg, doch wird in 
Sachsen neuerdings die Wicdereinführung des 
Pflichteremplarzwanges, der 1870 aufgegeben 
war, betrieben. 
4) Die ffnanziellen Leistungen des 
Staates für die ihm gehörigen B. zerfallen, so- 
weit nicht außerordentliche Ausgaben in Be- 
tracht kommen, in persönliche Ausgaben für das 
Beamtenpersonal, in sachliche Ausgaben für Er- 
haltung der Gebäude, Bureaubedürfnisse und in 
Etats zur Vermehrung und Erhaltung der Samm- 
lung (Bücherkauf und Büchereinband). Preu- 
  
ß en warf z. B. für seine Landes B. und seine Uni- 
versitäts B im Etat 1908 1 580 848 Mk. aus, da- 
runter 467 870 Mk. für Vermehrung und Erhal- 
tung der Sammlungen. Dabei sind die einmaligen 
und außerordentlichen Ausgaben nicht mitgerech- 
net. Es kommen hinzu die Ausgaben für die B. 
der Universitäts-Institute, der technischen Hoch- 
schulen, für die Landes B., für die Sammlungen 
der Behörden und der Parlamente, der Gym- 
nasial B. und die Zuschüsse zu der Kaiser-Wil- 
helm B. in Posen und zu den Landes B. Bayern 
stellt für seine Landes= und Universitäts B. 
385 500 Mk. in den Etat ein, Baden für seine Lan- 
des B. und 2 Universitäts B. 175200 Mk., Würt- 
temberg für die Stuttgarter und Tübinger B. 
181 990 Mk., Sachsen für die Kal B. in Dres- 
den und die Universitäts B. in Leipzig 179 300 Mk. 
Seit 1.4. 10 werden für die Benützung der Kgl. 
B. in Berlin und der preußischen Universitäts B. 
außerhalb des Lesesaals von den Benützern 2½ Mk. 
pro Sem, erhoben: der Ertrag fließt den B. zur 
Verstärkung ihrer Vermehrungsfonds zu. 
5) Durch Min Erl v. 10. 5. 99 ist die Verzeich- 
nung der in den größeren wissensch. B. Preußens 
vorhandenen Druckschriftenbestände angeordnet 
(Gesamtkatalog, noch nicht beendet). Da- 
neben eine Kommission für den Gesamtkatalog 
der Wiegendrucke. 
Ein Auskunftsbureau der deut- 
schen Bibliotheken, das die Aufgabe 
hat, litterarische und bibliographische Hülfe zu 
leisten und nachzuweisen, ob sich ein gesuchtes 
Buch in einer der deutschen B., die ihre Mit- 
wirkung zugesagt haben, befindet, ist durch Min E 
v. 1. 10. 04 in Berlin ins Leben gerufen. 
# 3. Volksbibliotheken und Bücherhallen. 
Die bessere sozialpädagogische Einsicht hat sowohl 
die Kommunen und Kommunalverbände als auch 
zahlreiche Vereine (z. B. der V. z. Verbreitung 
von Volksbildung, V. f. ethische Kultur usw.), 
Firmen (Krupp in Essen, Deinhard u. Co. in 
Coblenz u. a.) und Private (z. B. Heimann in 
Berlin) veranlaßt, volkstümliche B. als Bildungs- 
anstalten zu begründen. Diese unterscheiden sich 
nach Einrichtung und Verwaltung in städtische und 
ländliche B. Die städtischen Volks B. sind meist 
an eine Zentralstelle, meist die Stadt B., als Fi- 
lialen angeschlossen und entweder nur einige 
Stunden am Tage offen, ohne Arbeitsraum und 
nur für die weniger gebildeten Klassen bestimmt 
(Volks B. alten Stils) oder aber täglich 8—10 
Stunden geöffnet, mit Lesesaal und Bücherhallen 
versehen und allen Schichten des Volkes gewidmet. 
Die ländlichen Volks B., die eines der Mittel 
sind, um die Landflucht zu verhindern, schließen 
sich meist an die zentralen Kreis B. an, von denen 
aus im Winter Wander B. in die einzelnen Ort- 
schaften zur Verstärkung der oft sehr kleinen dörf- 
lichen Standorts B. entsendet werden. Hier liegt 
aber noch viel im Argen, da sich nicht alle Landräte 
und Kreisvorstände in genügender Weise für die 
Sache interessieren. Musterhaft ist die Organi- 
sation der Volks B. in Oberschlesien, wo durch den 
Oberregierungsrat Dr. Küster ein Verband ober- 
schlesischer Volks B. begründet ist, der einen Fach- 
mann als Verbands B. unterhält, welcher In- 
spektor und Vertrauensmann sowohl der Regie- 
rung wie der B. ist und die Aufgabe hat, Muster- 
kataloge auszuarbciten. (Ueber die Organisation der
	        
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