Ablösung der Reallasten (Bayern) 39
möglicht, daß die Tilgungszeit um 8 Jahre ver-
längert wurde. Die freiwillige A. wurde weiter
begünstigt, die Befugnis der Regierung zur Ge-
währung von Nachlässen erweitert. Der erwähnte
Amortisationsfonds hatte Ende 1907 eine Höhe von
rund 22½ Millionen Mark erreicht, so daß ohne
weitere staatliche Zuschüsse die Entrichtung von
Bodenzinsen an die Staatskasse im J. 1964 aufgehört
hätte, während die Bodenzinse zur A. Kasse i. J.
1942 zum letztenmal zu bezahlen gewesen wären.
Hatten die weiteren G#v. 12. 12. 1899, 18. 12.
1901 und v. 10. 8. 1904 und des Finanz G v. 1907
*15 namentlich eine wesentliche Verstärkung des
Amortisationsfonds und die Erleichterung der
freiwilligen A. gebracht, so bewirkte das G v. 16.
8. 1908 den Abschluß der gesetzlichen Maßnahmen.
Die Bodenzinse jeder Art sollen hiernach i. J. 1940
aufhören. Dies ward für die staatlichen Boden-
zinse (das entsprechende Kapital war für 1906/07
auf 171 226 000 M. berechnet) dadurch ermög-
licht, daß einerseits kraft gesetzlicher Bestimmung
künftig der Amortisationsfonds durch jährliche,
dem ordentlichen Budget zu entnehmende Zu-
schüsse von gleicher Höhe so zu verstärken ist, daß
er bei Zugrundelegung eines 3 14 % igen Zins-
fußes mit Schluß des Jahres 1940 die Höhe der
Bodenzinskapitalien erreicht. Anderseits wurde
der nach a 15 des G v. 1898 an die A. Kasse zu
entrichtende Zuschuß des Staates entsprechend
der Abkürzung der Tilgungsfrist verstärkt.
Erwähnenswert ist noch a 3 des G v. 10. 8. 1904,
wonach den Gemeinden die Befugnis gegeben
wurde, die Bodenzinse der Pflichtigen des ganzen
Gemeindebezirkes oder eines Teiles zu über-
nehmen; doch muß in diesem Fall eine Zwangs-
tilgung der Bodenzinse durch Annuitäten eintre-
ten.
Der Staat hat nunmehr unter großen Opfern
der übrigen Stände die völlige Entlastung der
Landwirtschaft, welche die Mängel der früheren
Gesetze solange verzögert hatten, sicher gestellt.
4. Die Weiderechte. I. Das Wedidegesetz
erklärt als geschlossene Zeit für Aecker die Zeit
vom Beginne der Bestellung bis zur Abräumung
nach der Ernte, für Wiesen die Zeit vom 1. April
bis zur Abräumung der Heu= bezw. letzten Grum-
meternte, vorbehaltlich bestehender kürzerer
Zeitbestimmung. Der nötige Viehdurchtrieb ist
vorbehalten. Neu angelegte und frisch umge-
baute Wiesen (ausgenommen Eggarten d. h.
Gründe, die abwechselnd verschieden benutzt und
ungleich bewirtschaftet werden, § 30 der Instr
v. 19. 1. 1830 zum Grundsteuer G, Reg Bl 225)
bleiben von der Schafweide 3, von der übrigen
Viehweide 5 Jahre lang nach Vollendung der An-
lage frei. In allen diesen Fällen findet für den
Weideentgang keine Entschädigung statt (Ga 1—4),
ebensowenig dann, wenn infolge von Kulturver-
besserungen die geschlossene Zeit sich verlängert
(a 5). In Weidebezirken, wo die normale Hege-
zeit zum Schutze der Wiesen nicht genügt, kann
auf Antrag der Mehrheit der Wiesenbesitzer die
Hegezeit erweitert werden. Es ist aber dann der
auf diese Zeit treffende Teil der Weidedienstbar-
keit nach den gesetzlichen Bestimmungen abzu-
lösen (a 7 Ziff. 1 u. a 39).
II. Die A. einer einseitigen Weide-
dienstbarkeit kann nur für den Gesamt-
umfang eines zusammenhängenden Weidebezirks
an Aeckern und Wiesgründen, dann Oedungen,
Heiden und anderen nicht kultivierten Weide-
plätzen, es mag sich derselbe über eine oder meh-
rere Gemeindemarkungen erstrecken, von wenig-
stens der Hälfte der Verpflichteten beantragt und
zwangsweise durchgeführt werden. Die Stimmen-
zahl wird nach der Tagwerkzahl berechnet; die
Stimmen der Eigentümer von Oedungen zählen
nur mit, wenn sie für die A. sind. Findet der An-
trag die erforderliche Stimmenzahl, so müssen
auch die Widersprechenden an der Al sich betei-
ligen (G a 6—10). Bei Wiesen mit künstlichen
Wässerungseinrichtungen, dann bei nassen oder
durchbrüchigen Wicsen kann die A. des Weide-
rechtes vorbehaltlich der Einräumung der nötigen
Triebwege von jedem einzelnen Besitzer beantragt
werden (a 7 Ziff 2). Das Recht, auf A. anzutra-
gen, ist unbeschränkt und unbeschränkbar (a 35).
Ueber Art und Betrag der Entschädigung des
Weideberechtigten entscheidet zunächst gütliches
Uebereinkommen; andernfalls wird die Entschädi-
gung nach dem Reinertrag durch Abschätzung nach
den Direktiven in a 13—16 des G ermittelt und
amtlich festgestellt (a 11, 12). Der ermittelte und
in Geld veranlagte Reinertrag des Weiderechts
bildet die Jahresabgabe, welche an Stelle des
Weidegenusses auf die weidedienstbaren Grund-
stücke als Reallast zu übernehmen und, wo nichts
anderes vereinbart, jährlich am 15. 12. zu ent-
richten ist (a 17, 25). Der Pflichtige kann sowohl
die amtlich festgestellte als die etwa gütlich ver-
einbarte Jahresabgabe ganz oder teilweise durch
Barerlag ihres 20fachen Betrages ablösen oder
für diesen Betrag ein von seiner Seite jederzeit
heimzahlbares 4% Bodenzinskapital bestellen.
Auf Verlangen des Berechtigten gehen solche
Jahresabgaben oder Bodenzinskapitalien an die
A. Kasse über, welche ihm den Betrag des A.-bezw.
Bodenzinskapitals in 4% A. Schuldbriefen nach
dem Nennwerte, Beträge unter 25 fl. bar zu ver-
güten hat. Der Pflichtige kann die Zahlung des
A.= oder Bodenzinskapitals an die A. Kasse in
A. Schuldbriefen nach dem Nennwerte leisten
(a 18—21).
Die Verteilung der Jahresabgabe auf die ein-
zelnen weidepflichtigen Grundstücke ist zunächst
Sache des Uebereinkommens sämtlicher Eigen-
tümer. Kommt solches nicht zustande, so erfolgt
die Verteilung durch die Behörde, welche die Ver-
hältniszahlen des Steuerkatasters zum Maßstabe
zu nehmen hat (a 22).
Das Erlöschen des Weiderechtes und die Ver-
bindlichkeit zur Bezahlung der Jahresabgabe
treten mangels anderweitiger Uebereinkunft mit
Schluß des Jahres ein, in welchem die Repartition.
der Jahresabgabe oder der sonst vereinbarten Ent-
schädigung auf die Pflichtigen endgültig erfolgt
ist (a 23).
Ausnahmsweise ist jedoch die einstweilige Fort-
setzung der Weideausübung auf höchstens 3 Jahre
von der Behörde aus wirtschaftlichen Rücksichten
nach Maßgabe des a 24 zu gestatten. Fidei-
kommiß- und Lehenanwärter, Hypothekgläubiger
und Pächter können dic A. nicht hindern (Näheres
in a 27—32 des G).
Zugleich mit dem Weiderechte erlöschen die
damit verbundenen Durchtriebsrechte, soweit sie
überflüssig werden, und zwar ohne besondere Ent-
schädigung (a 26).