Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

der Stimmen nur dann zur Fassung eines Be- 
schlusses, wenn in der Mehrheit die Stimme Preu- 
ßens enthalten ist, nämlich bei Gesetzesvorschlägen 
über Militärwesen, Kriegsmarine und die im a 35 
der NKV aufgeführten Abgaben und Zölle, ferner 
bei Beschlüssen über die Abänderung von Verw- 
Vorschriften und Einrichtungen zur Ausführung 
der genannten Zoll= und Steuergesetze, endlich 
bei dem Beschluß über die Auflösung des RI. 
(RBabß Abs2, 37, 24). 
+ 5. Die Bundesratsausschüsse. Dieselben 
sind Kommissionen des B. zur Vorbereitung der 
B. Beschlüsse; ausnahmsweise ist aber einzelnen 
Ausschüssen die selbständige Erledigung gewisser 
Sachen übertragen. Die Ausschüsse werden ent- 
weder für eine einzelne Angelegenheit besonders 
gebildet und heißen alsdann außerordentliche, oder 
sie bestehen für gewisse Kategorien von Geschäften 
als dauernde (ständige, ordentliche). Die Zusam- 
mensetzung der dauernden Ausschüsse erfolgt bei 
Beginn jeder ordentlichen Session des B., also 
von Jahr zu Jahr; in jedem müssen mindestens 
5 Staaten vertreten sein, unter welchen sich Preu- 
ßen befindet. Nach der GeschO 8 157 ist aber die 
Mitgliederzahl für alle Ausschüsse, außer dem- 
jenigen für das Seewesen, auf sieben festgesetzt 
worden. Innerhalb der Ausschüsse führt jeder 
Staat nur eine Stimmec. Die Mitglieder der Aus- 
schüsse werden in der Regel von dem B. gewählt 
(RBasz) und zwar so, daß der B. die Staaten 
wählt und die Regierung des gewählten Staates 
aus der Zahl ihrer Bevollmächtigten ihren Ver- 
treter im Ausschuß designiert (Gesch O §18 Abs 3). 
Der Ausschuß für das Landheer und die Festungen 
und der Ausschuß für das Scewesen werden vom 
Kaiser zusammengesetzt; in dem ersteren müssen 
außer Preußen Bayern, Sachsen und Württem- 
berg vertreten sein. Den Vorsitz in den dauernden 
Ausschüssen führt der Bevollmächtigte Preußens 
(Gesch O § 19 Abs 2). Die Geschäfte der Ausschüsse 
bestehen hauptsächlich in der Abfassung der Be- 
richte an den B. Auch wenn es wieder vorkommen 
sollte, daß der B. nicht versammolt ist, also in der 
Zwischenzeit zwischen den Sessionen, können die 
dauernden Ausschüsse in Tätigkeit treten. Nach 
der RBas sind 7 solche Ausschüsse zu bilden, näm- 
lich für das Landheer und die Festungen, für das 
Seewesen, für Zoll= und Steuerwesen, für Handel 
und Verkehr, für Eisenbahnen, Post und Tele- 
graphic, für Justizwesen und für Rechnungswesen 
(Reichsfinanzen). Ferner sind noch vier dauernde 
Ausschüsse gebildet worden: für Elsaß-Lothringen, 
für die Verfassung, für die Geschäftsordnung und 
für das Eisenbahn-Gütertarifwesen. 
Eine ganz anomale Gestalt hat der durch a 8 
Abs 3 der RV geschaffene (achte) Ausschuß für die 
auswärtigen Angelegenheiten. Er besteht aus den 
Bevollmächtigten Bayerns, Sachsens und Würt- 
tembergs und zweier vom B. zu wählenden Staa- 
ten; den,Vorsitz führt Bayern. Der Ausschuß hat 
nichts zu tun mit der Verwaltung der auswärtigen 
Angelegenheiten, der Instruierung der diplomati- 
schen Geschäftsträger, dem Abschluß internationaler 
Verträge, sondern er ist nur dazu da, um Mittei- 
lungen über die auswärtigen Beziehungen des 
Reiches zu empfangen und die Ansichten der Regie- 
rungen über diese Mitteilungen auszutauschen. Da- 
raus erklärt es sich, daß Preußen in diesem Aus- 
schusse, und zwar nur in diesem, nicht vertreten ist. 
Bundesrat — Centralgenossenschaftskasse 
Literatur: Seydel in FJahbrbe Berw BW 3, 
273 ff; Zorn in Holtendorff RKL 1, 434; Laband 1 
S. 212—268; Hänel, Studien 2, 11 ff, sowie die Lehr- 
bücher des d. Staatsrechts v. Rönne 1 5K 21 uf, Zorn 1 
5* 6, G. Meyer 1 123, Schulze 1 256 ff, Arndt 
5* 17, 18. Seydel, Kommentor 131 ff, Rosenberg 
in den Preuß. Jahrb. 109 S 420 ff (1902); v. Jage- 
mann, Reichsverfassung S. 80 ff. Laband. 
Bürgerrecht Z 
Gemeindeangehörige, Gemeindeorganisation 
Cenfur 
Theaterpolizei, Preßwesen 
Central-Genossenschaftskasse 
(Preußen) 
I. Das Bedürfnis einer Geldausgleichung unter 
den einzelnen Personalkredit-Genossenschaften ist 
schon früh erkannt worden, indem bei dem wech- 
selnden Verhältnisse zwischen dem Zuflusse der 
Spareinlagen und dem Kreditbedarfe der Genossen 
die Einzelgenossenschaft bald Ueberfluß, bald 
Mangel an flüssigem Kapital hat. Jenem Zwecke 
dienen Ausgleichsstellen, bei denen die Genossen- 
schaft zeitweilig überflüssige Gelder anlegen und 
im Bedarfsfalle fremdes Geld aufnehmen kann. 
Solche Einrichtungen waren, abgesehen von der 
Deutschen Genossenschaftsbank Sörgel, Parri= 
sius u. Co., die aber über ihren ursprünglichen 
Zweck hinaus mehr den Charakter einer Großbank 
angenommen hat, bei den verschiedenen Genossen- 
schaftssystemen in verschiedenen Formen getrof- 
fen, namentlich als Aktiengesellschaften (Neuwied 
und Münster) oder als Genossenschaften mit be- 
schränkter Haftpflicht, wobei die Einzelgenossen- 
schaften als Aktionäre oder Mitglieder der Haupt- 
genossenschaften eintraten. Auf der Verallge- 
meinerung dieses Gedankens beruht die preu- 
Pische C., die als Glicd höherer Ordnung wieder 
zwischen jenen verschiedenen provinziellen usw. 
Genossenschaftszentren die Geldausgleichung ver- 
mitteln soll. Zum Geschäftsverkehr mit den Ein- 
zelgenossenschaften ist sie nicht bestimmt. Ueber 
diesen unmittelbaren Zweck binaus waren aber die 
Bedürfnisse der in anderen Formen aufgebauten 
Organisationen für den Personalkredit, nament- 
lich der mit den Landschaften verbundenen, für 
den landschaftlichen Grundbesitz bestimmten, Dar- 
lehnskassen zu berücksichtigen. Außerdem mußte 
der Kasse, besonders um die Heranziehung frem- 
der Gelder zu erleichtern, der Betrieb von Bank- 
geschäften anderer Art in ziemlich weitem Um- 
fange gestattet werden. 
II. Die Errichtung der Kasse ist durch das 
preuß. G v. 31. 7. 95 angecordnet und am 1. 10. 95 
erfolgt. Die Anstalt führt den Namen „Preußische 
Central-Genossenschaftskasse“ und ist eine selb- 
ständige juristische Person. Sie ist für die Dauer 
ihres Bestehens vom Staate mit einem den Gläu- 
bigern haftenden Grundkapital ausgestattet: nach 
Gv. 31. 7. 95 mit 5 Mill. Mk., durch G v. 8. 6. 96 
auf 20 Mill. Mk., durch das G v. 20. 4. 98 auf
	        
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