Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
— — — 
  
Dampfkessel — Defektenverfahren 
547 
  
statistische Mitteilungen; das statistische Jahrbuch 
für das Königreich Bayern bringt unter dem 
Abschn. Gewerbe und Industrie eine Zusammen- 
stellung der Dampfkraftverwendung einerseits 
nach Regierungsbezirken, andererseits nach Pro- 
duktionszweigen. Das statistische Jahrbuch für 
das Königreich Sachsen berücksichtigt nur die 
feststehendeen D. und zwar einerseits nach Verwal- 
tungsbezirken (Amts= und Kreishauptmannschaf- 
ten) und andererseits nach Gewerbegruppen. 
Für Württemberg sind zuletzt im Jahrgang 
1897 des Statistischen Handbuchs für das König- 
reich Württemberg Veröffentlichungen über die 
Dampfkräfte Württembergs erfolgt. Für Ba- 
den finden im Statistischen Jahrbuche für das 
Großherzogtum Baden Veröffentlichungen über 
die in Ueberwachung stehenden Kesselbesitzer und 
D. nach den Bezirken der Landeskommissäre statt. 
Das Statistische Jahrbuch für Elsaß-Loth- 
ringen endlich gibt eine Zusammenstellung 
der feststehenden D., feststehenden Dampfmaschi- 
nen, Lokomobilen und beweglichen D. nach Ge- 
werbegruppen für die drei Bezirke des Landesge- 
biets. 
Literatur: v. Landmann, Kommentar zur 
Gewerbeordnung 1907 Bd. 1 zu #5 24; Nelken, Gewerbe- 
recht in Preußen 1906 Bd. 1 36 S 409 ff; Jäger, Die 
Bestimmungen über die Anlegung und den Betrieb von 
D. und Dampffässern in Preußen 1900; Brettreich, 
Die Bestimmungen über die Anlegung und den Betrieb 
von D. in Bayern 1894; Morgenstern, Reichs= und 
landesgesetzliche Bestimmungen, die D. betr. 1891; v. Al- 
bert, Erl zu der Kais. B betr. die Anlage und den Be- 
trieb von D. in Elsaß-Lothringen v. 3. 11. 84 in Z f. Bergr. 
26, 155. Eine Zusammenstellung der D. Vorschriften für 
Preußen findet sich in den Beiheften des Berg= und Hüt- 
tenkalenders. Nelken. 
Defektenverfahren 
5 1. Begriff und Zweck. 1 2. Die Voraussetzungen. 
4 3. Das Defektenverfahren. 1 4. Der Defektbeschluß 
(Anfechtung, Vollstreckung). 4 5. Vorläufige Sicherheits. 
maßregeln. 
[D — Defekt; DB. — Desektenverfahren.) 
§ 1. Begriff und Zweck des Tefektenverfah- 
rens. (Bezeichnung in Bayern, nach Abschnitt X 
des Beamtengesetzes: „Ersatzzuweisung“.) 
Das DV ist ein Verw Verfahren, das den 
Zweck verfolgt, den Fiskus vor Benachteiligungen 
durch ungetreue oder nachlässige Beamte zu schützen 
und für die durch die Schuld solcher Beamten ent- 
standenen Fehlbeträge (D) durch schleunige Voll- 
streckungsmaßregeln Ersatz zu schaffen. (Umfassen- 
der a 179 des bayrischen Beamtengesetzes v. 1908.) 
Der Fiskus kann auf diese Weise den ersatzpflich- 
tigen Beamten sofort in Anspruch nehmen, ohne 
den umständlichen und zeitraubenden Rechtsweg 
beschreiten zu müssen. Das DV für das Reich 
verdankt seine Entstehung der Preuß. V v. 24. 1. 
4 (GS 52). Das Reichsrecht lehnt sich im we- 
sentlichen an das preußische Vorbild an: es ist ge- 
mäß §5 13 EG8PO auch neben der ZPO in Kraft 
geblieben. Die folgende Darstellung befaßt sich in 
  
  
der Hauptsache mit dem reichsrechtlichen DV. Das 
D in den einzelnen deutschen Staaten ist im 
Wesentlichen in Uebereinstimmung mit den Vor- 
schriften des Reichsrechts geregelt. Jedoch kennt 
das Königreich Sachsen kein besonderes D; es 
wird hier einigermaßen dadurch ersetzt, daß der 
Staat in der Aufrechnung seiner Forderung ge- 
gen den Gehaltsanspruch des Beamten keiner 
Beschränkung unterliegt. (Staatediener-Gesetz 7.3. 
1835 5 12 Abs. 3, a 81 EGBGB.) 
#2. Die Voraussetzungen des Defektenver- 
fahrens. 
I. Der Defekt. Gegenstand des DV ist nur 
der Kassendefekt. Erliegt vor, wenn der tat- 
sächliche Bestand einer Kasse, eines Magazins pp. 
infolge von Untreue, Irrtum oder Dienstvernach- 
lässigung sowie von Zufall, Diebstahl, Brand, oder 
sonstigen nicht vorherzusehenden Ereignissen ge- 
ringer ist, als der rechnungsmäßige Sollbestand. 
Ein den Beamten zum Ersatz verpflichtender Kas- 
sen D setzt Vorsatz oder grobes Verschulden des 
Beamten voraus; vgl. 8§ 141 RBGl. Bloße Rech- 
nungsdefekte können nur im ordentlichen 
Rechtswege gegen die schuldigen Beamten verfolgt 
werden; sie sind gegeben, wenn zwar der Ist= und 
Sollbestand der Kasse pp. übereinstimmen, wenn 
aber unzulässige Ausgaben gemacht, z. B. Zahlun- 
gen an Unberechtigte bewirkt oder Einnahme- 
quellen des Fiskus nicht gehörig ausgenutzt sind. 
In Baden gilt das DVauch fürbloße Rechnungs- 
defekte. Bayern läßt das D zu bei irgend 
einem durch den Beamten zugefügten Schaden; 
darnach finden die in diesem Artikel weiterhin 
gemachten Ausführungen für Bayern jeweils 
entsprechende Einschränkungen. 
1II. Der ersatzpflichtige Beamte. 
Der in Anspruch zu nehmende Beamte muß mit 
den abhanden gekommenen Gegenständen amt- 
lich befaßt gewesen sein. In der Regel richtet 
sich daher das D# gegen Beamte, denen eine Kasse 
zur Verwaltung übergeben war, oder die an der 
Einnahme oder Ausgabe, der Erhebung, der Ab- 
lieserung oder dem Transport von Kassengeldern 
oder anderen Gegenständen vermöge ihrer dienst- 
lichen Stellung teilzunehmen hatten. In den 
meisten Fällen wird es sich um Gelder handeln; 
doch können auch andere Gegenstände, wie Ma- 
terialien, Kleidungsstücke u. dgl. Gegenstand des 
D bilden. Späteres Ausscheiden des Beamten 
aus der dienstlichen Stellung steht der Durchfüh- 
rung des DV nicht entgegen. Deshalb findet das 
D auch statt gegen die Wartegeldempfänger, 
Pensionäre und die sonst freiwillig oder unfrei- 
willig aus dem Dienst geschiedenen Beamten, 
soweit sie nur zur Zeit der Entstehung des D 
Beamte waren. Auch dem nach Erlaß des DBe- 
schlusses verstorbenen Beamten gegenüber behält 
das DV seine Bedeutung. Die in dem Beschlusse 
angeordneten Vollstreckungs- oder Sicherheits- 
maßregeln erstrecken sich auf den Nachlaß des Be- 
amten (Gruchots Beitr. 25, 124). Dagegen kann 
nach dem Tode des Beamten gegen seine Erben 
kein Defektenbeschluß mehr erlassen werden; doch 
ist diese Frage lebhaft bestritten und für das preu- 
hische DRecht vom Reichsgericht (vgl. Zivils. Bd. 
2, 188; Bd 7, 335) zu Ungunsten der Erben ent- 
schieden. — In Bayern unterliegen dem DVauch 
Staatedienstaspiranten und solche Personen, die 
mit der Verrichtung von Beamten betraut sind 
357
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.