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Dampfkessel — Defektenverfahren
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statistische Mitteilungen; das statistische Jahrbuch
für das Königreich Bayern bringt unter dem
Abschn. Gewerbe und Industrie eine Zusammen-
stellung der Dampfkraftverwendung einerseits
nach Regierungsbezirken, andererseits nach Pro-
duktionszweigen. Das statistische Jahrbuch für
das Königreich Sachsen berücksichtigt nur die
feststehendeen D. und zwar einerseits nach Verwal-
tungsbezirken (Amts= und Kreishauptmannschaf-
ten) und andererseits nach Gewerbegruppen.
Für Württemberg sind zuletzt im Jahrgang
1897 des Statistischen Handbuchs für das König-
reich Württemberg Veröffentlichungen über die
Dampfkräfte Württembergs erfolgt. Für Ba-
den finden im Statistischen Jahrbuche für das
Großherzogtum Baden Veröffentlichungen über
die in Ueberwachung stehenden Kesselbesitzer und
D. nach den Bezirken der Landeskommissäre statt.
Das Statistische Jahrbuch für Elsaß-Loth-
ringen endlich gibt eine Zusammenstellung
der feststehenden D., feststehenden Dampfmaschi-
nen, Lokomobilen und beweglichen D. nach Ge-
werbegruppen für die drei Bezirke des Landesge-
biets.
Literatur: v. Landmann, Kommentar zur
Gewerbeordnung 1907 Bd. 1 zu #5 24; Nelken, Gewerbe-
recht in Preußen 1906 Bd. 1 36 S 409 ff; Jäger, Die
Bestimmungen über die Anlegung und den Betrieb von
D. und Dampffässern in Preußen 1900; Brettreich,
Die Bestimmungen über die Anlegung und den Betrieb
von D. in Bayern 1894; Morgenstern, Reichs= und
landesgesetzliche Bestimmungen, die D. betr. 1891; v. Al-
bert, Erl zu der Kais. B betr. die Anlage und den Be-
trieb von D. in Elsaß-Lothringen v. 3. 11. 84 in Z f. Bergr.
26, 155. Eine Zusammenstellung der D. Vorschriften für
Preußen findet sich in den Beiheften des Berg= und Hüt-
tenkalenders. Nelken.
Defektenverfahren
5 1. Begriff und Zweck. 1 2. Die Voraussetzungen.
4 3. Das Defektenverfahren. 1 4. Der Defektbeschluß
(Anfechtung, Vollstreckung). 4 5. Vorläufige Sicherheits.
maßregeln.
[D — Defekt; DB. — Desektenverfahren.)
§ 1. Begriff und Zweck des Tefektenverfah-
rens. (Bezeichnung in Bayern, nach Abschnitt X
des Beamtengesetzes: „Ersatzzuweisung“.)
Das DV ist ein Verw Verfahren, das den
Zweck verfolgt, den Fiskus vor Benachteiligungen
durch ungetreue oder nachlässige Beamte zu schützen
und für die durch die Schuld solcher Beamten ent-
standenen Fehlbeträge (D) durch schleunige Voll-
streckungsmaßregeln Ersatz zu schaffen. (Umfassen-
der a 179 des bayrischen Beamtengesetzes v. 1908.)
Der Fiskus kann auf diese Weise den ersatzpflich-
tigen Beamten sofort in Anspruch nehmen, ohne
den umständlichen und zeitraubenden Rechtsweg
beschreiten zu müssen. Das DV für das Reich
verdankt seine Entstehung der Preuß. V v. 24. 1.
4 (GS 52). Das Reichsrecht lehnt sich im we-
sentlichen an das preußische Vorbild an: es ist ge-
mäß §5 13 EG8PO auch neben der ZPO in Kraft
geblieben. Die folgende Darstellung befaßt sich in
der Hauptsache mit dem reichsrechtlichen DV. Das
D in den einzelnen deutschen Staaten ist im
Wesentlichen in Uebereinstimmung mit den Vor-
schriften des Reichsrechts geregelt. Jedoch kennt
das Königreich Sachsen kein besonderes D; es
wird hier einigermaßen dadurch ersetzt, daß der
Staat in der Aufrechnung seiner Forderung ge-
gen den Gehaltsanspruch des Beamten keiner
Beschränkung unterliegt. (Staatediener-Gesetz 7.3.
1835 5 12 Abs. 3, a 81 EGBGB.)
#2. Die Voraussetzungen des Defektenver-
fahrens.
I. Der Defekt. Gegenstand des DV ist nur
der Kassendefekt. Erliegt vor, wenn der tat-
sächliche Bestand einer Kasse, eines Magazins pp.
infolge von Untreue, Irrtum oder Dienstvernach-
lässigung sowie von Zufall, Diebstahl, Brand, oder
sonstigen nicht vorherzusehenden Ereignissen ge-
ringer ist, als der rechnungsmäßige Sollbestand.
Ein den Beamten zum Ersatz verpflichtender Kas-
sen D setzt Vorsatz oder grobes Verschulden des
Beamten voraus; vgl. 8§ 141 RBGl. Bloße Rech-
nungsdefekte können nur im ordentlichen
Rechtswege gegen die schuldigen Beamten verfolgt
werden; sie sind gegeben, wenn zwar der Ist= und
Sollbestand der Kasse pp. übereinstimmen, wenn
aber unzulässige Ausgaben gemacht, z. B. Zahlun-
gen an Unberechtigte bewirkt oder Einnahme-
quellen des Fiskus nicht gehörig ausgenutzt sind.
In Baden gilt das DVauch fürbloße Rechnungs-
defekte. Bayern läßt das D zu bei irgend
einem durch den Beamten zugefügten Schaden;
darnach finden die in diesem Artikel weiterhin
gemachten Ausführungen für Bayern jeweils
entsprechende Einschränkungen.
1II. Der ersatzpflichtige Beamte.
Der in Anspruch zu nehmende Beamte muß mit
den abhanden gekommenen Gegenständen amt-
lich befaßt gewesen sein. In der Regel richtet
sich daher das D# gegen Beamte, denen eine Kasse
zur Verwaltung übergeben war, oder die an der
Einnahme oder Ausgabe, der Erhebung, der Ab-
lieserung oder dem Transport von Kassengeldern
oder anderen Gegenständen vermöge ihrer dienst-
lichen Stellung teilzunehmen hatten. In den
meisten Fällen wird es sich um Gelder handeln;
doch können auch andere Gegenstände, wie Ma-
terialien, Kleidungsstücke u. dgl. Gegenstand des
D bilden. Späteres Ausscheiden des Beamten
aus der dienstlichen Stellung steht der Durchfüh-
rung des DV nicht entgegen. Deshalb findet das
D auch statt gegen die Wartegeldempfänger,
Pensionäre und die sonst freiwillig oder unfrei-
willig aus dem Dienst geschiedenen Beamten,
soweit sie nur zur Zeit der Entstehung des D
Beamte waren. Auch dem nach Erlaß des DBe-
schlusses verstorbenen Beamten gegenüber behält
das DV seine Bedeutung. Die in dem Beschlusse
angeordneten Vollstreckungs- oder Sicherheits-
maßregeln erstrecken sich auf den Nachlaß des Be-
amten (Gruchots Beitr. 25, 124). Dagegen kann
nach dem Tode des Beamten gegen seine Erben
kein Defektenbeschluß mehr erlassen werden; doch
ist diese Frage lebhaft bestritten und für das preu-
hische DRecht vom Reichsgericht (vgl. Zivils. Bd.
2, 188; Bd 7, 335) zu Ungunsten der Erben ent-
schieden. — In Bayern unterliegen dem DVauch
Staatedienstaspiranten und solche Personen, die
mit der Verrichtung von Beamten betraut sind
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