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Dispensation — Disziplin
den unter ihn fallenden Tatbestand. Wenn in-
dessen dieser bereits vor dem Widerruf der D.
eingetreten ist und sich Rechtswirkungen auf Grund
der letzteren an ihn angeknüpft haben, so fallen
diese durch den Widerruf nicht zusammen; es
wird also z. B. eine zufolge der D. von einem Ehe-
hindernisse gültig geschlossene Ehe nicht durch
späteren Widerruf der D. nichtig.
Die auf dem Gebiete des Kirchenrechts vielfach
erörterte Frage, ob die Wirkung der D. durch
späteren Fortfall ihres Grundes wieder beseitigt
wird (an cessante causa dispensatio cesset) ist
der richtigen Ansicht nach zu verneinen, da die
Gültigkeit eines rechtlichen Aktes sich nur nach
den zur Zeit seiner Vornahme obwaltenden recht-
lichen Voraussetzungen bemißt.
Literatur: 1. Stcatliches und kirchli-
ches Recht: J. H. Böhmer, De sublimi principum
ac statuum evangelicorum dispensandi lure in Ccausis et
negotlis tam sacris quam profanis, Halae 1722, und in den
Exercitat. ad Pandectas ed. II. 1, 481 ff; Jacobson::
.D“, in Weiskes Rechtslexikon 3, 449 ff Stölzel, Rez.
über Wasserschleben, Ehescheidungsrecht kraft landesherr-
licher Machtvollkommenbeit, in Kr. V. J. Schr. XX 233 ff;
Ders. in Gruchot, Belträge z. Erläuterung d. deutsch.
Rechts 24, 286. — 2. Staatliches Recht: Zöpfl,
Grundsätze des gem. deutsch. Staatsrechts " (1863) 2, 673 f;
Zachariä, Deutsch. Staots= und Bundesrecht? (1867)
2, 184 ff; v. Gerber, Grundzüge des deutsch. Staats-
rechts, 153; Ders., Ueber Privilegienhoheit und D. Gewalt
im modernen Staate, in Z Staatsw 1871, 27, 430 ff und in
Gesammelte juristische Abbandlungen (1872) 470 ff; H.
Schulze, Lehrb. d. deutsch Staatsrechts 1, 535; G.
Meyer--Anschütz 652 f; A. Arndt, Verordnungos-
recht d. Deutsch. Reichs, 1884, 231; Ders., Komm. z.
Pr. Verf. 241 #; H. Schulze, Preuß. Staatsrecht, 2, 260;
v. Rönne, Preuß. Staatsrecht“ 1, 452 ff: 4, 745 (die 5.
von Zorn besorgte Aufl. enthalt, abweichend von der Dispo-
sition des Verfassers, über den Gegenstand noch keine Aus-
shrungen); E. v. Meier in Holtzendorff R1, 540ff;
Goupp- Göz im LB v. öfsentl. Rs.: Staotsrecht d. Kar.
Württemb., 1908, 222; Ulbrich in Grünhuts Z3 9, 28; Ders.,
Oesterr. Staatsrecht 430;v. Sarwey, Württemb. Staats-
recht 2, 68 ff; Edg. Loening, D. Verw#Recht 227fj;
v. Seydel Si:2, 315 f; Loband, Urch Oefsl 7, 169 ff:
Steinitz, D. Begriff und D. Gewalt auf dem Gebiete
des deutschen Staatsrechts, 1901. — 3. Kirchenrecht:
Fiebig, De indole ac virtute dispensationum, Vratislav.
1867; Vering, De prlncipils diepensatlonum, im Arch
f. kathol. KR 1, 577ff; Brandhuber v. Etschfeld,
Ueber D. und D.Recht im kathol. KR, 1888; Phillips,
KI 5, 147 ff; Schulte KR 1, 537 und 2, 418; Hinschius
Ki# 3. S 789 ff 832, 836; Friedberg, Lehrb. des KR'
274 f; Ders., D. Verfassungsrecht d. evang. Landeskirchen
in Deutschland und Oesterreich, 1888, S 142, 171, 175, 177,
199; Stiegler, D. und D.Wesen in ibrer geschichtlichen
Entwicklung, Arch f. kath. KR 77 (1897), 3 ff; Scherer,
B d. KR. 2 (1898), 453 ff; Sägmüller, Lehrb. d.
kath. KK. 1 (1900), 101 ff; Hergenrötber-Holl-
weck, Lebrb. d. kath. KR., 1905, 145 ff; Stutz in Enz. d.
RW.“ 2 (1904,1 185; Mergentheim, Quinguennalfakul-
täten, 1908. P. Hinschius. (W. Kabl)
Oissidenten
Religionsgesellschaften
Distrihtsgemeinde (Banern
P Bir in —
Distriktskommissare (Mreußen
strin danen *8 )
Disziplin
5 1. Begriff. 2. Uebersicht der Gesetzgebung.
I. Dienstvergehen und deren Bestrafung.
A. Dienstvergehen. 3 3. Begriff. 4 4. Dienstver-
gehen während eines früheren Dienstverhältnisses. 3& 5. Dis-
ziplinarisch verfolgbare Hondlungen, die keme Dierstver-
gehen sind. 1 6. Dienstvergehen. die zugleich gegen das
Strafgesetz verstoßen. # 7. Verjährung.
B. Disziplinarstrafen. 3 8. Eintellung. 1 9. Ord-
nungsstrafen. # 10. Strafversetzung. 5 11. Dienstentlassung.
* 12. Verlust des Titels und Pensionsanspruchs.
C. Strafzumessung 5 13.
D. Vorläusige Dienstenthebung (Suspen-
sion). 114. Zweck und Voraussetzung. # 15. Dauer und Wir-
kungen. 1 16. Vorläufige Dienstentbebung außerhalb
eines gerichtlichen Strof= oder Disziplinarverfahrens.
II. Das Disziplinarverfahren.
A. Ordnungsstrafen. 1 17, 18.
B. Eigentliche Disziplinarstrafen (sog. förm-
liches Disziplinarverfahren). 1 19. Borausset-
zung. 3 20. Disziplinarbebörden. § 21. Anwendbarkeit der
Strafprozeßordnung. * 22. Gang des Verfahrens. 7 23. Ein.
stellung. 3 24. Wiederaufnahme.
B Beamte; BG Beamtengelset.
8 1. Begriff. Unter D. im Sinne des deutschen
Staatsrechts wird die Dienstzucht verstanden, die
der Staat gegen seine B durch Verhängung von
Strafen wegen Verletzung ihrer Dienstpflicht zu
dem Zwecke ausübt, um die geordnete Durch-
führung des öffentlichen Dienstes zu sichern und
das Ansehen des BöStandes ungeschmälert zu
erhalten. Das Disziplinarstrafrecht enthält die
Regeln, nach denen die D. im vorstehenden Sinne
zu handhaben ist.
Während sich die allgemeine Strafsge-
walt des Staates auf die Notwendigkeit gründet,
die öffentliche Rechtsordnung aufrecht zu erhal-
ten, beruht die Disziplinarstrafgewalt
auf der Dienstherrlichkeit des Staates
gegenüber den BlBeamte 3 41. Krimi-
nalstrafen verhängt also der Staat als
Schirmherr der öffentlichen Rechts-
ordnung gegen diejenigen, welche dieser
Ordnung zuwider gehandelt haben, zur Sühne
für die begangene Rechtsverletzung. Mit Dis.
ziplinarstrafen belegt er dagegen die-
jenigen, die als Staats B die ihnen obliegenden
Pflichten verletzt haben, zu dem Zweck, um
seine Interessen als Dienstherr
zu wahren [Amtsdeliktel.
Diese Interessen sind auf zwei Punkte gerichtet:
a) Bei geringeren Pflichtverletzungen den B
durch korrektive Maßregeln auf den richtigen Weg
zu führen.
b) Bei groben Pflichtverletzungen den B. un-
ter Entziehung der ihm aus dem BVerhältnis
zustehenden Rechte auszuscheiden und dadurch den
Btand von unwürdigen Elementen zu säubern.