Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

Domänen 
Domänen 
A. Im Kllgemeinen (verfassungsrechtlich) 
#1. Wortsinn und Gegensätze der Domänen. 3 2. Hi- 
storisch-politische Grundlage. ## 3—7. Rechtssosteme des 
Domänenwesens (Allgemeines, Staatseigentum, Haus- 
eigentum, Teilung zwischen Staat und Haus, Erhaltung 
des althergebrachten Zustandes). 1 8. Verhältnis zum Pri- 
vat-, Verwaltungs= und Etatsrecht. 
§s# 1. Wortsinn und Gegensätze der Domänen. 
Der Ausdruck „Dominium"“, von welchem 
„Domäne" sich ableitet, ist selbst in verschiedenen 
Anwendungen, Zeiten und Gegenden ein anders 
zu deutender, wechselnd im Sinne von Eigentum, 
Hoheit, Herrschaft und Herrschaftsrecht zu nehmen. 
In der Goldenen Bulle (Kap. 20 5F 1) 
kommt er zur Bezeichnung der Grundherrschaften 
vor, in der Rheinbundsakte (a 27) be- 
deutet „domaines“ den Grundbesitz der Territorial- 
herren an sich im Gegensatz zu sowohl den Hoheits-, 
als den Grundherrlichkeitsrechten. Mit Ausbil- 
dung der Landeshoheit war der Ausdruck 
D. in Deutschland bereits mehr nur für landes- 
herrliche Güter, aber auch für landesherrliche Ver- 
mögensrechte dazu verwendet. Bei der Viel- 
deutigkeit des Worts muß man vor- 
sichtig sein in Rechtskonstruktionen, die sich darauf 
bauen, und in Analogien von einem Lande auf 
das andere wegen der gleichen Bezeichnung; 
gerade dieser Fehler spielt eine reichliche Rolle in 
vielen Streitschriften des 19. Jahrhunderts. Die 
französierende Zeit bevorzugt den Terminus D., 
doch erhielt sich das deutsche Wort „Kammergut“ 
in vielen Einzelstaats G, welches der hauptsächlich 
gebrauchten Bedeutung der D. synonym ist. 
Kammergut nannte man schon zur Zeit des 
alten deutschen Reichs dasjenige Hausgut des 
Landesherrn und seines Stammes, welches in 
einer inneren Verbindung mit der Regierung 
und mit der Finanzierung ihrer Ausgaben stand; 
sein Gegen satz war das (der Landesvertre- 
tung als Körperschaft gehörige) Landes-oder 
Landschaftsvermögen, wenn man zum 
Ausgangspunkt das Beitragsverhältnis des Herrn 
und der Untertanen zu den öffentlichen Ausga- 
ben nimmt, wobei auf der Herrenseite nicht nur 
an weltliche Fürsten, sondern auch an geistliche 
Stifter zu denken ist. Plastisch ausgedrückt ist dies 
Verhältnis in der Bezeichnung der beiderseitigen 
Kassen als Kammer= und Landkassen. Güter des 
Landesherrn (oder in seiner Familie) außerhalb 
jener Verbindung heißen Schatullgüter, 
auch wenn sie fideikommissarische Natur haben. 
Ein dritter Gegensatz liegt im Hervortreten des 
Staatsbegriffs. Man nannte Gü- 
ter, welche dem Staat selbst gehö- 
ren, D. Zur Reichszeit kann man in diesem 
Sinn nur von Reichs D. sprechen, denn die Terri- 
torien waren, streng juristisch bemessen, keine 
Staaten, sondern Patrimonien; nur in den Reichs- 
städten fanden sich Besonderheiten. Aber je mehr 
der Staatsbegriff die kommende Entwickelung be- 
herrschte, um so klarer trat der Gedanke hervor, 
daß gewisse Objekte ihrer Natur nach dem Staate 
gchören mücssen (Flüsse, Heerstraßen, später die 
egalien und öffentlichen Abgaben). 
Imheutigen Sprachgebrauch gibt man nach der 
Zweckbestimmung hin und wieder dem Wort D. 
Vorsilben und spricht von Staats-, Kron- 
Haus D., je nachdem der allgemeine Staats- 
bedarf, die Ausstattung der fürstlichen Würde oder 
das Privatverhältnis der regierenden Familie als 
Grundbesitzender dem betreffenden Vermögen den 
Zweck ausgeprägt hat. Die Bedeutung endlich 
des Worts D. in landwirtschaftlicher Hin- 
sicht, wenn schon zusammenhängend mit Verw- 
Einrichtungen, ist den folgenden Artikeln (unter 
B.) vorbehalten. 
#2. Historisch-politische Grundlage. Die 
Reichs D. der Karolingischen Zeit verschwan- 
den unter den nachfolgenden Kaisern durch Schen- 
kungen, Verpfändungen, Belehnung, widerrecht- 
liche Entziehungen; und auch die Revindikationen 
großen Stils, welche Rudolf 1 von Habsburg ein- 
leitete, führten zu keinem dauernden Bestand an 
Reichsgütern; des letzten römischen Kaisers Kron- 
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einkommen schlug man auf 13.000 Taler an. Es 
besteht auch kein allgemeines sachliches Nachfolge- 
verhältnis von rechtlicher Faßbarkeit zwischen den 
Reichsgütern und den Kammergütern in den Terri- 
torien. Nur hat sich die partikuläre Landeshoheit 
ursprünglich zum Teil aus der Führung von Reichs- 
ämtern herausgebildet und zu diesen gehörten da 
und dort als Pertinenzen Amtsausstattun- 
gen in Reichsgütern, welche später erb- 
lich wurden. Im Einzelfall kann darnach ein 
öffentlich-rechtlicher Erwerbsti- 
tel für das oder jenes Gutsstück erhellen. Eine 
Spezialuntersuchung über die vom Zähringischen 
Hause geführten Grafenämter im Breis= und im 
Ufsgau und deren Amtsausstattung ergab jedoch 
z. B., daß diese Dynasten im ersteren Gau schon vor 
Einrichtung der Grasschaftsverfassung herrschten 
und es dort kein Benefizium dafür gab, im andern 
Gau aber das Grafenamt erst erlangten, nachdem 
das Grafengut bereits an ein Hochstift verschenkt 
war. Allerwärts gingen die Sakularisationen 
der Reformationszeit — im Gegensatz zu den- 
jenigen im Reichsdeputationshauptschluß, welche 
als furrogierende Entschädigungen für verlorenes 
Eigentum konstruiert sind — so vor sich, daß sie, 
soweit nicht wieder zu Kirchen= und Schulzwecken 
abgezweigt, Lukrierungen aus öffentlicher Ge- 
walt darstellen. Das Zeitalter selbst, in welchem 
sie geschehen, erachtete aber die Reg Rechte selbst 
als patrimoniale, wie auch die Güter meist mit 
den darauf ruhenden Zuständnissen jeder Art von 
Hand zu Hand gingen. Der Hauptmasse nach 
sind, außer der Okkupation in Fehden, unter 
den Erwerbstiteln die privatrecht- 
lichen, wie Erheiratung, Erbfall, Kauf, Tausch, 
Pfandschaftsverfall wohl vorwiegend. Häufig wird 
man auch auf ein non liquet stoßen. 
Die staatsrechtliche Bedeutung des Kammer- 
guts liegt in einem andern Umstand als den Er- 
werbsgründen. Wer ein Territorium (Ho- 
heitsbezirk), einerlei wieviel oder wenig darin an 
Grund und Boden sein Eigentum war, innehatte, 
war dem Reich und seinen Landsassen zurpand- 
habung von Justiz und Polizei 
(mehr verlangte der Landfriedensstaat des aus- 
gehenden Mittelalters nicht) verpflichtet 
und, weil es seine eigene Schuldigkeit war, auch 
zur Kostentragung; der Belastungsgrund 
lag im Besitz wesentlicher Hoheitsrechte als „Ob-
	        
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