Domänen (Preußen)
591
— — — -—
und als Kammerschreibereigut außerhalb land-
ständischen Einflusses stellte, ein Privatfideikom-
miß; doch wollen aus der Gleichheit der Erbfolge-
ordnung Einzelne (Reyscher, Wächter gegen Mohl,
Göz u. A.) ein für den Aussterbensfall wichtiges
Staatscigentum konstruieren. In Baden steht das
sog. „Bodenseefideikommiß“, entstanden aus einer
Entschädigung für eine allodiale Erbschaft, außer-
halb einer staatlichen Beziehung, dagegen unter-
liegt der Inhaber des „Familienfideikommisses der
Pfälzer Höfe“, weil dasselbe zur Apanagierung
einer Sekundogenitur einst gestiftet wurde, einem
gewissen Abzug am Betrag der Staatsapanage.
[I7 Apanagen, Civilliste, Landesherr.]
Diese Beispiele, welche sich leicht vermehren
ließen, zeigen, wie sehr die rechtliche Wür-
digung aller Fragen aus dem Do-
mänenrecht die Untersuchung der
Umstände des Einzelfalls voraus-
setzt — worauf von den Theoretikern namentlich
Gerber mit Nachdruck und Erfolg hingewiesen hat.
Duellen (außer den im Text angegebenen): Die
wichtigeren sind in den Anmerkungen der 1# 94, 95 von
Meyer--Anschütz Lehrb. des deutschen Staatsrechts
angegeben. Außerdem vgl. im HB des öff. Rechts
die über Staatsvermögen, Kronausstattung und Ber-
mögensrechte des Herrschers und der regierenden Familie
handelnden 3# der Darstellungen der Einzelstaatsrechte, ins-
besondere von Schulze (Preußen 1 17), Groß-
mann nach v. Seydel (Bayern #1 12), Leuthold
(Kgr. Sachsen 13 8 und 18), 6 53 (Württemberg 1# 17,
18), Schenkel nach Wielandt (Baden 1 8),
Cosack (Hessen 11 2, 4, 35), Leoni und Mandel
(Elsaß-Lothringen #1 2), Büsing (Mecklenburg 115—8 und
28) u. s. J. -[O. Mayer, StR d. Kar. Sachsen, erschien
erst während der Drucklegung l.
Küteratur ist zusammengestellt bei Zacharid,
Deutsches Staats= und Bundesrecht 2, 1 207 S 417, und
in Meyer- Anschütz. Die bekanntesten Streitschriften
sind dieienigen von Zachariä und Zöpfl gegen Rey-
scher im Meiningenschen D. Streit; doch ist aus Streit-
sällen eine Spezialliteratur (von heute nur noch geringerer
Bedeutung) 1830—1866 auch erwachsen im Kgr. Sachsen,
Hannover (u. A. Miquel), Oldenburg, Weimar, Nassau,
Altenburg, Schwarzburg, Waldeck. Dazu noch Albrecht,
Das D. Vermögen im Herzogt. Altenburg, 1905, und Weil
Die staats- und verwaltungsrechtl. Stellung der Domänen,
1909; die im Druck befindliche Auflage 2 des Handbuchs
„Das Großherzogtum Baden“ (Karlsruhe bei Braun) ent-
hält eine Darstellung des Unterzeichnete n über das
Badische Domänenwesen im Tein III. v. JLagemann.
B. In den einzelnen Staaten 1) (Verwaltung)
I. Preußen
1. Begriff. 1 2. Entstehung und Erwerbstitel. 5# 3. Be-
nutzung. 1 4. Beräußerung. 1 5. Verjährung. # 6. Be-
hörden. #3 7. Statistik.
##1. Begriff. Der Begriff der D. nach preußi-
schem Recht ist nicht leicht zu bestimmen. Das
ALn II 14 58 11 und 12 bezeichnet: „Einzelne
Grundstücke, Gefälle und Rechte, deren beson-
deres Eigentum dem Staate und die ausschließ-
1) Ueber Elsaß-Lothringen oben Teil A / 2 und 8.
liche Benutzung dem Oberhaupte des Staates zu-
steht, ferner dicjenigen Güter, deren Einkünfte
zum Unterhalte der Familic des Landesherrn ge-
widmet sind“, als D. Diese Begriffsbestimmung,
welche mit der damaligen absolut monarchischen
Verfassung im Einklange stand, kann jetzt nach der
eingetretenen strengeren Scheidung des Staats-
eigentums von dem landesherrlichen Privat-
eigentum nicht mehr als zutressend angesehen
werden; denn nicht nur das Eigentum, sondern
auch das Benutzungsrecht steht jetzt dem Staate
allein zu, und die Einkünfte fließen zur Staats-
kasse. Das Besitzrecht an den D. ist ein privatrecht-
liches. Deshalb gehört zu den D. nicht dasjenige
Staatseigentum, welches auf dem öffentlichen
Rechte, auf dem Staatshoheitsrechte beruht, wie
das Eigentum an Land= und Hecrstraßen, schiff-
baren Strömen, Häfen, das Besteuerungsrecht
und andere Regalien. Ebensowenig gehören zu
den D. diejenigen Grundstücke, Gebäude, welche
zur Befriedigung eines bestimmten Bedürfnisses
des Staates dienen sollen, wie öffentliche Schulen,
Dienstgebände für die Behörden usw. Selbst-
verständlich ist zu den Domänen des Staates auch
nicht zu rechnen der zum Familienfideikommiß
und zum Privatbesitz des Königs und des Kgl
Hauses gehörige Grundbesitz. Unter Domänen
im weiteren Sinne versteht man heute
das der D. Verwaltung unterstehende Staats-
eigentum. Dazu gehören nicht nur der landwirt-
schaftlich benutzte Grundbesitz, sondern auch Ge-
bäude in den Städten, die aus besonderen histori-
schen Verhältnissen auf die D. Verwaltung über-
gegangen sind, ferner auch Gefälle und Rechte,
die mit dem Grundeigentum zusammenhängen,
aus diesem entstanden sind, und dem Staate aus
privatrechtlichen Titeln ebenso wie jedem Privat-
grundbesitzer zustehen. Domänen im enge-
ren Sinne sind die der D. Verwaltung unter-
stehenden landwirtschaftlich benutzten Grund-
stücke, insbesondere Güter, D. Vorwerke genannt.
Hiernach gehört zu den D. auch nicht das anderen
Ressorts (Berg-, Hütten-, Salinen-, Eisenbahn-
Verwaltung) unterstellte Staatseigentum.
+# 2. Entstehung und Erwerbstitel.
I. Ursprünglich gab es D., die vermöge der Lan-
deshoheit auf den Landesherrn übergegangen wa-
ren, und Patrimonialgüter. Aber auch die letz-
teren sind allmählich Staatseigentum geworden.
Friedrich Wilhelm I. bestimmte ausdrücklich durch
Edikt v. 13. 8. 1713, daß die von seinem Vor-
gänger acquirierten Güter „unserer Kron und Kur
auf ewig inkorporiert, der unter denselben ge-
machte Unterschied von Schatull= und ordinären.
Kammergütern in totum aufgehoben und diesen
neuen Acquisitionen die Natur und Eigenschaft
rechter Dominial-, Kammer= und Tafelgüter
samt der denselben in den Rechten anklebenden
Inalienabilität hiermit beigelegt werden sollen“.
Dieselbe Anschauung ist auch in den späteren ge-
setzlichen Bestimmungen, insbesondere in dem
ALK II 14 && 11—15 ausdrücklich wiederholt
worden. Hier ist auch der Unterschied zwischen
Staats D. und Privatgütern des Landesherrn,
zwischen denjenigen Gütern, welche der Landes-
herr als solcher vermöge seiner Qualität als
Staatsoberhaupt, und denjenigen, welche er wie
jeder Privatmann besitzt, deutlich ausgesprochen.
Auch das Haus G v. 6. 11. 1809 (GS 1806—1810,