Domänen (Württemberg)
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2. Die D. in dem unter 1 festgestellten engeren
Sinne werden für Rechnung der Staatskasse
(Staatshaushaltsetat Kap. 2) verpachtet, soweit
sie nicht auf Grund des 5 17 Vu vom König ver-
waltet und benutzt oder unmittelbar für Staats-
zwecke (z. B. für Zwecke einer Landesanstalt) ver-
wendet werden. Die Verpachtung der Kammer-
güter erfolgt auf 12, neuerdings auch auf 18 Jahre;
der Pachtzins wird für die ganze Periode auf
einen bestimmten Betrag festgesetzt, ein veränder-
licher Pachtzins kommt nur bei den Gütern vor,
zu denen Ziegeleien gehören. Teile von Kammer-
gütern werden auch im einzelnen verpachtet oder
zu gewerblichen Zwecken vermietet. Die Ge-
bäudeverwaltung bei den nicht unmittelbar für
Staatszwecke benutzten oder an den Reichsmilitär-
fiskus verpachteten D. liegt den staatlichen Land-
bauämtern ob. Zur Beurteilung landwirtschaft-
licher und fischereitechnischer Fragen werden vom
Finanzministerium von Fall zu Fall praktische
Landwirte und Fischzüchter herangezogen. Im
übrigen wird das Finanzministerium bei der Ver-
waltung der D. von dem eine Dienststelle des Fi-
nanzministeriums bildenden D. Vermessungsbu-
reau (vgl. Staatshaushaltsetat Kap. 73) unter-
stützt. Die Kassen= und Rechnungsgeschäfte bei
der D.Verwaltung werden teils von Forstrent-
ämtern, teils von Bauverwaltereien und Bezirks-
steuereinnahmen miterledigt.
Ueber jede D. wird beim D. Vermessungsbureau
ein besonderes Flurbuch geführt. Jede D. bildet
regelmäßig einen selbständigen Gutsbezirk (§ 82 ff
Rev. LGOO). Zu den Kirchen= und Schulanlagen
werden die Kammergüter und Teichwirtschaften,
soweit sie nicht zu einem Gemeindebezirke gehö-
ren, nach den für Rittergüter geltenden Grund-
sätzen herangezogen. Für die Heranziehung der
Kammergüter zu den Bezirkssteuern und ihre
Vertretung bei den Wahlen zur Bezirksversamm-
lung trifft das G v. 21. 4. 73 8#§86, 20 ff (vgl. Fi-
schers 8 37, 222) besondere Bestimmungen.
Liüteratur: Bülau, Verfassung und Verfassungs-
recht des Kar. Sachsen, 1833, S 34 ff;: Milhauser,
Das Staatsrecht des Kar. Sachsen, 1839, Bd. 1 S 99 ff;
v. Witzleben, Die Entstehung der konstitutionellen Ver-
sossung des Kar. Sachsen, 1881; Leuthold, Das Staats-
recht des Kgr. Sachsen, 1884, S 190 ff, 226 ff (Marquardsens
Hdes Oeff. Rechts 2, 2); Opitz, Das Staatsrecht des
Kgr. Sachsen 1 (1884), 184 ff;: Fricker, Grundriß des
Staatsrechts des Kar. Sachsen, 1891, S 201 ff; Löbe,
H#des Kal Sächs. Etat-, Kassen= und Rechnungswesens,
1904 , Sy, 39 ff. 120, 671 ffz v. d. Mosel, Handwörter-
buch des sächs. VerwkRechts, 190711 S. 175, 711; Otto
Moyer, Das Staatsrecht des Kgr. Sachsen, 1909, S 77 ff.
Küttner.
IV. Württemberg
1* 1. Altlandständische Verfassung.
Recht. # 3. Berwaltung.
# 1. Die Vermögen der alllandständischen
Berfassung. Die Entwicklung des D. Rechts in
Württemberg zeigt im großen und ganzen das
unter A # 2 geschilderte Bild. Charakteristisch ist
die hohe Bedeutung, welche die Stände (Land-
schaft und Prälaten) in der württembergischen
—
#* 2. Das geltende
34. Statistik.
Verfassungsgeschichte erlangten. Die ständische
Verfassung erhielt sich bis zum Jahre 1805. Die
Vermögen, die sich unter ihr gebildet hatten,
kehren in mehr oder weniger geänderter Rechts-
form in der jetzt geltenden Verf v. 1819 wieder,
es sind dies
1. das Kammergut, ein Familienfidei-
kommiß des fürstlichen Hauses, aus dessen Erträg-
nissen die Kosten der Regierung und des Hofhalts
zu bestreiten waren. Soweit seine Erträgnisse
nicht ausreichten — was die Regel wurde —,
waren die mit einem Selbstbesteuerungsrecht
ausgestatteten Stände um Ablösungshilfe anzu-
gehen. Maßgebend waren in der Hauptsache die
Bestimmungen des Tübinger Vt v. 15. 7. 1514.
Dem Steuerverwilligungsrecht entsprach kein
Ausgabeverwilligungsrecht, so daß es zu keiner
geordneten Etatwirtschaft kam.
2. Das Kammerschreibereigut, ein
von Eberhard III. unter Benützung der Grund-
stücksentwertung nach dem 30jährigen Krieg er-
worbenes Privatfamilienfideikommiß, auf wel-
chem keine Last für den Aufwand der Regierung
ruhte. Neue Erwerbungen, soweit sie nicht aus-
drücklich dem Land oder Kammergut inkorporiert
wurden, gehörten von nun an diesem freien Ver-
mögen der Fürsten, das sich nach dem Recht der
Erstgeburt vererbte und von dem durch den Ka-
dauer Vt v. 1534 und den Prager Vt v. 1599
beim Aussterben des Mannesstamms begründe-
ten österreichischen Anwartschaftsrecht ausgenom-
men war.
3. Das Kirchengut, das aus dem Besiz
der reformierten Klöster gebildet war, zunächst
Kirchen= und Schulzwecken zu dienen hatte (allge-
meiner Kirchenkasten) und erst in zweiter Linie zu
allgemeinen Landeszwecken herangezogen wurde.
An den von den Ständen übernommenen Schul-
den und verwilligten Steuern trug das Kirchengut
übungsgemäß 13, es stand in gemeinschaftlicher
Verwaltung der herzoglichen Regierung und der
Stände.
Diesen Vermögen gegenüber steht
4) die Landschaftskasse und die ge-
heime Truhe, als das für Staatszwecke be-
stimmte Vermögen der in finanzieller Hinsicht
sich selbst verwaltenden Stände.
Das unbeschränkte Königtum von 1806—1819
hob diese Sonderverwaltungen auf und vereinigte
sie in der souveränen Hand des Königs.
Die Vu v. 1819 knüpfte an das altlandständische
Recht wieder an.
#s# 2. Das geltende Recht. Aus der Vl v. 25.
9. 19, die in ihren hier wesentlichen Punkten
heute noch gilt, sind die Landschaftskassen ver-
schwunden, die übrigen in § 1 genannten Ver-
mögen dagegen noch sämtliche erwähnt:
I. Das Kammergut ist ein von dem Kö-
nigreich unzertrennliches Staatsgut geworden.
Nach § 102 Vl besteht es aus dem in # 1 Z. 1
genannten Familiensideikommiß, sowie den vom
Könige neu erworbenen Grundstücken, Gefällen
und nutzbaren Rechten mit Ausschluß des sog.
Hof D. Kammergutes.
In den neueren Finanzgesetzen wurden beim
Ertrag des Kammerguts die verschiedensten, in
# 4 unten näher genannten Einnahmen aufge-
führt. Es wird also jetzt das ganze Finanz= und
Verw Vermögen des Staats als Kammergut und