Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
50 
Ablösung der Reallasten (Hessen) — Abolition 
  
des Pflichtigen nur dann dulden, wenn die A. 
aller ihm in derselben Gemarkung oder gegen- 
über demselben Verbande zustehenden, unter glei- 
cher Nummer des a L(s. o. 8 1) genannten Rechte 
verlangt wird. Die A. hat für die gesamte Ge- 
markung oder den ganzen Verband stattzufinden, 
sofern diejenigen Verpflichteten, die zusammen 
mehr als die Hälfte der in der Gemarkung oder 
von dem Verbande geschuldeten Abgaben oder 
Dienste zu leisten haben, die A. beschließen und die 
Staatsschuldenverwaltung die A. Summe darlehns- 
weise vorstreckt; bei Weideberechtigungen entschei- 
det der Besitz des größeren Flächengehalts der zu 
beweidenden Grundstücke (a 2, Ausnahmen (. in 
a 3). Der Berechtigte kann andererseits die A. 
nur verlangen, wenn dem Pflichtigen das A.Kapi- 
tal zu dem vom Gesetz bestimmten Zinsfuße 
(a 16) von der Staatsschuldenverwaltung darge- 
liehen werden kann. Keine Voraussetzung bildet 
für die A. die Einwilligung des etwaigen Ober- 
eigentümers; ausgeschlossen ist eine Anfechtung 
durch die Rechtsnachfolger in Fideikommiß-, Erb-, 
Zins= oder Lehngüter. 
§ 3. Die Ablösungssumme. Sie besteht, sofern 
der Berechtigte sein Recht zu versteuern hat, in 
dem 18fachen, andernfalls in dem 25fachen des 
einjährigen Brutto-Geldertrags des abzulösenden 
Rechts. Ist der Fiskus der Verpflichtete, so bildet 
die A. Summe der 21fache bezw. 29fache Betrag 
(àa 6).- Bei A. von Streuberechtigungen ist in allen 
Fällen der 29fache Betrag des einjährigen Brutto- 
ertrags des abzulösenden Rechts zu gewähren 
(vgl. o. § 1 Ziff 60). Werden Leistungen geschuldet, 
die nicht in Geld bestehen, so ist ihr Geldwert fest- 
zustellen. Bei Leistungen, deren Umfang wech- 
selt, gilt als einjähriger Ertrag der Durchschnitts- 
ertrag der letzten 12 Jahre; bei unständigen Lei- 
stungen ist der Durchschnitts sertrag zu ermitteln. 
Sonderbestimmungen gelten für die o. & 1 unter 
Ziff. 46 und d genannten Lasten (vgl. a 8). Bei 
der A. der o. §1l unter Ziff. 5 genannten Art ist 
außer der A. Summe für die Leihabgaben eine 
A. Summe für die Leiheigenschaft zu entrichten. 
Etwaige Gegenleistungen, die der Berechtigte an 
den Pflichtigen schuldet, sind abzuziehen. Für die 
Beschaffung von Unterlagen zwecks Berechnung 
der A. Summec f. AusfV F 29 ff (Oinzuziehung 
von drei Sachverständigen), für die Festsetzung 
der A. Summe a. a. O. 8§ 35, 36. — Die A. Summe 
ist zu Ende Dezember des Jahres, in dem die 
A. Summe endgültig fesigestellt worden ist, zu 
entrichten. Mit der Entrichtung der A. Summe 
erlischt die abzulösende Last; im Falle der o. §51 
genannten Ziff. 5 wird das bisherige Leihegut 
freies Eigentum des Leiheträgers. Der Ablösende 
kann die Zustimmung des Berechtigten zur erfor- 
derlichen Wahrung im Grundbuche fordern. 
#5*# 4. Die Beschaffung der Ablösungsmittel. 
Die Beschaffung erfolgt durch Gewährung von 
Darlehen seitens der Staatsschuldenverwaltung, 
der zu diesem Zwecke Beträge aus Staatsmitteln 
zur Verfügung gestellt werden. Der Darlehns- 
empfänger hat zum Zwecke der Verzinsung und 
Tilgung der A. Summe eine jährl che Rente (Til- 
gungsrente) zu entrichten. Die Höhe des Zins- 
sußes und des Tilgungsbetrags bemißt sich nach 
den für Darlehen der Landeskreditkasse geltenden 
Vorschriften. Die mit den abgelösten Rochten bis- 
her belasteten Grundstücke werden mit der Til- 
  
–0 — — — — 
gungsrente als Reallast belastet; zur Begründung 
und Wirksamkeit einer solchen Reallast bedarf es 
(gestützt auf den Vorbehalt des a 114 des E#z. 
Be) nicht der Eintragung. Die A.Summe 
wird (falls nicht eine Hinterlegung erforderlich 
ist, vgl. a 13) von der Staatsschuldenverwaltung 
durch Vermittlung der Hauptstaatskasse unmittel- 
bar an den Berechtigten ausgezahlt. Bei A. fis- 
kalischer Berechtigungen tritt an die Stelle der 
Zahlung die Ausstellung einer quittierten A. Ur- 
kunde. Vgl. für die Mitwirkung der Staatsschul- 
denverwaltung auch Ausf V J 38 ff. 
. Das Ablösungsverfahren. Für das A. Ver- 
fahren sind die Verwaltungsbehörden zuständig. 
Eine Zuständigkeit der Gerichte ist nur insoweit 
begründet, als das Bestehen und der Umfang der 
abzulösenden Rechte oder die Berechtigung Dritter 
an denselben streitig ist. Das A. Verfahren wird 
durch eine Antragstellung des Berechtigten oder 
des Pflichtigen eingeleitet (AusfV 8 1). Zu- 
ständig ist das Kreisamt, in dessen Bezirk die be- 
lasteten Grundstücke liegen oder — im Falle per- 
sönlicher Verpflichtungen — die Verpflichtungen 
zu erfüllen sind. Das Kreisamt prüft, ob die Vor- 
aussetzungen der A. gegeben sind und legt, be- 
jahendenfalls, den Antrag dem Kreisausschuß 
zur Entscheidung vor. Zugleich teilt das Kreisamt 
den anderen Beteiligten eine Abschrift des An- 
trags unter der Aufforderung mit, sich innerbalb 
einer bestimmten Frist über den Antrag zu erklä- 
ren. Hat der andere Beteiligte cine Erklärung 
abgegeben oder die ihm gesetzte Frist unbenutzt 
verstreichen lassen, so hat das Kreisamt (sofern die 
Erfüllung der Vorausseotzungen der A. nicht ohne 
weiteres feststeht) ein Ermittelungsverfahren ein- 
zuleiten (a. a. O. § 10 ff). Der Kreisausschuß ent- 
scheidet hierauf, ob die erforderlichen Voraus- 
setzungen gegeben sind; er entscheidet auch über 
die Art der Berechnung und über die Höhe der 
A. Summe. Gegen die Entscheidung des Kreis- 
ausschusses steht den Beteiligten der Rekurs an 
den Provinzialausschuß, gegen die Entscheidung 
des Provinzialausschusses ein weiterer Rekurs an 
den n Verwaltungsgerichtshof zu. 
e iteratur: Best, Die hessischen Gesetze, Verord- 
nungen und Dienstanweisungen zur Ausführung des BG## 
u. seiner Nebengesetze Bd. III (1900) 81 ff. Für das 
ältere Recht s. die Nachweise bei dem Stichworte: „Agrar- 
gesetzgebung“. Arthur B. Schmidt. 
Abolition 
#5 1. Begriff. 1 2. Geltungsbereich in den Einzelstaaten. 
# 3. Preußen. 1 4. Avolition von Reichswegen. 15. Träger 
und Ausübung des Abolitionsrechts. # 6. Tragweite. 
  
I8 = Begnadigung: U = Untersuchung. U 
& 1. Der Begriff in geschichtlicher Würdigung. 
Das Wort A. ist in neuerer Zeit zum Ausdrucke 
gewisser politisch-sozialer Bestrebungen geworden, 
die auf Abschaffung überlobt oder unwürdig er- 
scheinender Rechtsschranken abzielen, namentlich 
der Sklaverei, sväter auch für die Prostitution. 
Als Rcechtsbegriff bedentet A. in dem älteren 
prägnanten Sinne einen Akt des Trägers der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.