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IV. Die deutschen Staats- und Privatbahnen
sind in dem durch die Reichsverfassung festgesetzten
Umfange (vgl. § 3) der Aufsicht des Reichs und
seiner Behörde unterworfen. Neben der Reichs-
verfassung und unabhängig von ihr besteht eine
Staatsaufsicht, die sich indessen auf die
Staatsbahnen nicht erstreckt, bei denen Ver-
waltung und Ausfsicht in einer Hand vereinigt
sind. Nur den Privatbahnen gegenüber hat sich
der Staat besondere, die Wahrung der öffent-
lichen Interessen bezweckende, Aufsichtsrechte vor-
behalten, die in den einzelnen Bundesstaaten
durch die Zentralverwaltungsbehörden, in Preu-
ßen unter dem Minöl durch Kgl E.KKommissare
wahrgenommen werden. Zu diesen sind einige
E.Direktionspräsidenten bestellt. [JEisen-
bahnbehörden 3.]
7. c) Auflösung der Sisenbahn. Eine E. hört
auf, wenn sie außer Betrieb gesetzt und beseitigt
wird. In Deutschland sind Fälle von Außer-
betriebsetzung und Abbruch von E Strecken nur
vereinzelt vorgekommen, insbesondere bei Zu-
sammenlegung von E.Netzen, die in Wettbewerb
mit einander standen, und bei denen sich nach Be-
seitigung des Wettbewerbs der Betrieb einer
Strecke wirtschaftlicher erwies, als der Betrieb
zweier getrennter Strecken durch ein und dieselbe
Verwaltung.
Für die Privatbahnen ist von dieser faktischen
Beseitigung der E. das rechtliche Aufhören
der E. zu unterscheiden. Eine Privatbahn hört
auf durch Ablauf der erteilten Konzession, durch
Verschmelzung (Fusion) mit einer anderen E.,
durch Erwerb vom Staat, durch Konkurs, durch
Verfall der Konzession. In allen diesen Fällen
tritt aber lediglich ein Wechsel in der Person des
Eigentümers der Bahn ein; diese selbst bleibt
bestehen.
Die Konzessionen der E. werden mit oder ohne
Zeitbeschränkung erteilt, in letzterem Falle vielfach
auf die Dauer von 99 Jahren. In Preußen hat
der Staat nach dreißig Jahren vom Zeitpunkt
der Transporteröffnung ab das Recht, das Eigen-
tum der Bahn zu erwerben (5 42 des E.G v.
3. 11. 38). Die Verschmelzung der Privatbahnen
ist meist von der Genehmigung der Aufsichts-
behörden abhängig mit Räücksicht auf das hierbei
vorwiegende öffentliche Interesse. Vereinigung
von Staats- und Privatbahnen kann vorkommen,
indem der Staat eine Privatbahn erwirbt oder
die Privatbahn eine Staatsbahn ankauft. Erstere
Fälle sind in den letzten Jahren wiederholt vor-
gekommen (Verstaatlichungen), der Verkauf einer
Staatsbahn an Privatbahnen in Deutschland nur
selten (braunschweigische E., ursprünglich Staats-
bahn, dann Privatbahn, jetzt wieder preußische
Staatsbahn, mecklenburgische Friedrich-Franz-
Bahn). Ein derartiger Eigentumswechsel ist an
die Zustimmung der gesetzgebenden Körper ge-
bunden. In Preußen bedarf auch eine Verfü-
gung über E. oder E.Teile durch Veräußerung zu
ihrer Rechtsgültigkeit der Zustimmung beider
Häuser des Landtags. Zu den E.Teilen gehören
nicht die beweglichen Bestandteile und Zube-
hörungen, ebensowenig solche unbewegliche, welche
für den Betrieb der E. entbehrlich sind. Eine
dahingehende Bestimmung, deren Fassung durch
4 des G v. 1. 4. 87, betr. Herstellung neuer
Linien usw. (GS 97) festgestellt ist, wird in die
I. Eisenbahnwesen (Ueberblick)
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den Ankauf oder den Neubau von E. betreffenden
Gesetze ausgenommen.
Ueber den Konkurs der C. sind besondere, von
den gemeinrechtlichen abweichende Bestimmungen
nicht getroffen. In Deutschland sind Konkurse von
Privatbahnen nur ganz vereinzelt vorgekommen.
Die Konzession verfällt in Preußen (547 E.G),
wenn die Gesellschaft eine der ihr obliegenden
Bedingungen nicht erfüllt und eine Aufforderung
zur Erfüllung binnen einer Frist von mindestens
drei Monaten ohne Erfolg bleibt. In den 88 12,
13 der bayr. V v. 20. 6. 55 sind über die Beendi-
gung und den Verfall der Konzessionen ähnliche
Bestimmungen getroffen.
5 8. Verhältnis der Eisenbahnen zu anderen
Verwaltungszweigen (Militär-, Post-, Telegra-
Pphen--, Zollverwaltung).
1. Militärverwaltung. Die grund-
legenden Bestimmungen für die Verpflichtungen
der deutschen E. im Interesse der Militärverwal-
tung sind enthalten in den a 41, 46 Abs 3 u. 47
RV (vgl. oben § 3). Zur Ausführung dieser
Bestimmungen sind ergangen das Ru über
die Kriegsleistungen v. 13. 6. 73 (RoGl 129 ffh,
das in den §5 29—31, und das R über die
Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im
Frieden v. 13. 2. 75 (RBl 52 ff), das im + 15
die auf die E. bezüglichen Bestimmungen enthält.
Zu ersterem Gesetze hat der BR unterm 1. 4. 76
(Röl 137) eine Ausführungsverordnung er-
lassen, in der (Abschnitt VI) die besonderen Be-
stimmungen über die E. getroffen sind. Die Ver-
pflichtung der E. Verwaltungen im Kriege besteht
vornehmlich darin, daß sie die nötigen Ausrüstungs-
gegenstände für die Beförderung von Mannschaf-
ten und Pferden vorrätig zu halten, die Beför-
derung — gegen Vergütung — zu bewirken und
ihr Personal und Material herzugeben haben.
Auf dem Kriegsschauplatze und in dessen Nähe
haben die E. bei Einrichtung, Fortführung, Ein-
stellung und Weiterführung des Betriebes den
Anordnungen der Militärbehörde Folge zu leisten.
Auch im Frieden sind die E.Verwaltungen zur
Beförderung der bewaffneten Macht und des
Materials des Landheeres und der Marine gegen
Vergütung verpflichtet. Die näheren Bestim-
mungen zur Ausführung dieser Verpflichtungen
enthalten die Militärtransportord-
nung v. 18. 1.99 (Röl 15 ff) und der Mili-
tärtarif für die Eisenbahnen (Bek
des RK v. 18. 1. 99, Rl 108 ff).
2. Postverwaltung. Die Verpflichtun-
gen der deutschen (ausschließlich der bayerischen
und württembergischen) E. gegenüber der Reichs-
postverwaltung sind festgestellt in dem Gv.
20. 12. 75 (Eisen bahnpostgesetz). betr.
die Abänderung des & 4 G über das Postwesen
des Deutschen Reichs v. 28. 10. 71 (R#Bl 318),
zu dem der RK unter dem 9. 2. 76 Voll-
zugsbestimmungen erlassen hat (RB Bl 1876
87 ff in Verbindung mit den später erlassenen
Aenderungen, das. 1878, 261 und 1882, 4). Ueber
die Verpflichtungen der E. untergeordneter Be-
deutung (jetzt Nebenbahnen) zu Leistungen
für Zwecke des Postdienstes ist durch Erl des
RK v. 28. 5. 79 (RZBl 380 ff) Bestimmung ge-
troffen. Das E. Postgesetz findet Anwendung auf
die Staatsbahnen, und zwar auf die
vom Staate erworbenen Privatbahnen, die nach
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