Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Adel 
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das durch den jeweiligen Mannesstamm darge= und gemeinem Rechte des A. der väterlichen Fa- 
stellt wird. Nur durch den einstimmigen Beschluß milie teilhaftig. Doch kann der adelige Ehemann 
aller vollsährigen Hausagnaten kann deshalb über 
die Substanz des Hausguts verfügt, auf Rechte 
desselben verzichtet oder dessen Folgeordnung ge- 
ändert werden und jeder Agnat hat darum ein 
selbständiges Recht, eine Substanzverfügung ohne 
seine Zustimmung sofort, nicht erst im Sukzessions- 
fall als nichtig anzufechten, vgl. RG 22 Nr. 51, 
24 Nr. 38, 26 Nr. 26. Besitz, Verwaltung und 
Nutzung des Hausguts stehen unentziehbar dem 
Familienhaupt zu, doch haben die Agnaten neben 
ihrem unentziehbaren Anwartschaftsrecht unent- 
ziehbare Rechte auf einen Anteil am Genuß in 
Gestalt einer festen Rente oder Apanage, manch- 
mal auch auf Anteil an der Verwaltung, auch 
pflegen die Töchter Anspruch auf standesgemäßen 
Unterhalt und Ausstattung, die Witwen auf ein 
Wittum zu haben. 
Das Hausgut im engeren Sinne kann zu einem 
Hausfideikommiß ausgestaltet oder es kann neben 
dem Hausgut im engeren Sinne ein Hausfidei- 
kommiß vorhanden sein, die näheren Rechtsver- 
hältnisse beruhen dann nicht auf Satzung, sondern 
auf Rechtsgeschäft und es brauchen nicht notwen- 
dig die sämtlichen Mitglieder Genuß= oder Be- 
zugsrechte zu haben. Das betreffende Sonderver- 
mögen ist aber auch hier Eigentum des Hauses und 
Besitz, Verwaltung und Nutzung steht einem Fa- 
miliengliede zu. „Ueberhaupt ist der Unterschied 
zwischein dem Hausgut im engeren Sinne als 
altdeutschen Stammgut und einem Haus-Fidei- 
kommiß des Privatfürstenrechts als Familien- 
fideikommiß beim Hoch A. vielfach beinahe ganz 
verwischt“ (Heffter). Das wird namentlich dort gel- 
ten, wo alle Agnaten Stifter sind. Bezüglich der 
Vererbung der Hausgüter hat sich überall die Indi- 
vidualsukzession in Besitz und Genuß kraft Haus- 
rechtes durchgesetzt. Wie oben gesagt, ist das Folge- 
recht unentziehbar. Von den drei Formen der 
Einzelerbfolge: Majorat, Seniorat und Primo- 
genitur hat sich für die hochadeligen Hausgüter 
überall die letztere durchgesetzt, es entscheidet also 
das Alter der Linie und erst dann event. das 
Lebensalter. Ist subsidiär kognatische Erbfolge 
zugelassen, so sukzediert der Kognat des letzten 
vom Mannesstamm, der auf Grund der gleichen 
Folgeordnung berufen ist. 
e) Ebenbürtigkeit siehe Spezialartikel. 
#5# 3. Der niedere Adel. Der heutige niedere 
A ist, trotzdem er die Mehrzahl seiner rechtlichen 
Vorzüge verloren hat, in allen deutschen Einzel- 
staaten mit Ausnahme von Bremen (Vl F+ 17) 
noch als öffentlich-rechtliches Institut anerkannt, 
dessen spezielle Rechtsverhältnisse grundsätzlich 
durch das BG# nicht berührt sind. 
a) Die Zugehörigkeit kann erworben 
werden durch die familienrechtliche Tatsache der 
Geburt und der Verehelichung oder durch den 
staatsrechtlichen Akt der Verleihung. Bezüglich 
der Geburt bedarf es der ehelichen Abstammung 
von einem adeligen Bater. Die Adoption gewährt 
den A. nicht. Es bedürfte vielmehr dazu eines 
landesherrlichen Gnadenakts, außerdem muß zum 
Eintritt in die Rechte der bestimmten adeligen Fa- 
milie ein Agnatenkonsens hinzutreten (ALR 1 18, 
z 366, Bayr. A. Edikt 82). Durch nachfolgende Ehe 
wird das uneheliche Kind eines adeligen Vaters nach 
preußischem, bayrischem, sächsischem 
  
  
  
der Mutter eines unehelichen Kindes nach 8 1706 
des BGB diesem Kinde wohl seinen Namen, nicht 
aber den A. ohne landesherrliche Genehmigung 
übertragen. Auch die Legitimation durch Verfü- 
gung der Staatsgewalt verleiht gemeinrechtlich 
den Stand des Vaters. Einzelne Partikularrechte, 
z. B. das Bayrische, verlangen aber, daß der A. im 
Reskript ausdrücklich mitverliehen ist, andere dazu 
die Einwilligung der Agnaten, falls nicht die Be- 
willigung bloß als eine Neuverleihung gelten, 
sondern der Legitimierte Titel und Wappen der 
Familie seines Vaters erhalten soll (z. B. Bayr. 
A. Edikt § 2). Das sächsische Recht kennt eine 
A. Uebertragung bei der Legitimation per rescrip- 
tum principis überhaupt nicht. In Preußen 
erhält das Kind durch die Legitimation der Staats- 
gewalt, die sich aber für den A. der Landesherr selbst 
vorbehalten hat, den Stand des Vaters (LR 112, 
#603). Die Möglichkeit, daß der Legitimierte 
auf Grund der allgemeinen Bestimmungen des 
LR II2, §J#603—605 durch Familienschluß schlecht- 
hin in die Familie seines Vaters ausgenommen 
wird, ist mit der Einführung des BGB gefallen, 
immerhin kann er auf Grund der §§ 364—366 
des LR 1 18 durch einen Agnatenkonsens Anteil 
an den Rechten der bestimmten adeligen Familie, 
z. B. Lehen, erlangen. Wie oben gesagt, tritt weiter 
durch Verehelichung die Frau in den adeligen 
Stand des Mannes ein, entsprechend der Parömie 
des Mittelalters: Ritters Weib nimmt Ritters 
Recht. Die Verleihung des A. erfolgt überall 
durch den Landesherrn in der Form des A. Brie- 
fes, ebenso die Erhebung auf eine höhere Stufe 
des A. Standes (vgl. a 50 VU für Preußen). Mit 
der Verleihung des Schwarzen Adlerordens ist 
stets die A. Verleihung verbunden, da dieser Or- 
den statutengemäß auf Adlige beschränkt ist. Im 
Gegensatz zum gemeinen Recht erstreckt sich nach 
preußischem Recht die A. Verleihung im Zweifel 
auch auf die derzeit schon vorhandenen Kinder. 
Badischen Staatsangehörigen ist es verboten, eine 
Standeserhöhung in einem andern Staate nach- 
zusuchen oder an3zunehmen (VI Konst.Ed. v. 4. 6. 
1818 5 21). In Preußen und in Sachsen bedarf es 
für die eigenen Staatsangehörigen zur Annahme 
eines von einem andern Einzelstaate verliehenen 
A. Prädikates und zu dessen Gebrauch einer lan- 
desherrlichen Genehmigung gemäß LR I1 9 513 
und AG # 118 bezw. dem sächsischen A.G v. 19. 9. 
1902 § 6. Im übrigen aber gibt es in Preußen 
keine Vorschrift, nach welcher das Heroldsamt be- 
rechtigt wäre, einem in Preußen lebenden Nicht- 
preußen die Führung des ihm von seinem Landes- 
herrn verliehenen A. Prädikats zu untersagen, es 
gibt ferner auch keine Vorschrift, nach welcher eine 
solche A. Führung ohne eine derartige Untersa- 
gung als unbefugt angesehen werden könnte 
(Urteil des Ko# v. 2. 5. 04). Herkömmlich wird 
auch dem nicht deutschen A. die Führung seiner 
A. Prädikate in Preußen zugestanden und nach 
einer KO v. 31. 3. 72 Ausländern, die Preußen 
werden, die Fortführung des bisherigen A. ge- 
stattet. Für Sachsen ist in & 7 des A.G ausdrück- 
lich bestimmt, daß die Berechtigung von Nichtsachsen 
zur Führung eines A.zeichen sich nach den Vor- 
schriften des Staates richtet, dem sie angehören. 
Bei Erwerb der sächsischen Staatsangehörigkeit
	        
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