Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

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Elbschiffahrt 
  
Elbschiffahrt 
5 1. Allgemeines (Abgaben). 1 2. Elbschisse und Elb- 
schiffer. 3 3. Elbzollgerichte. & 4. Strompolizeivorschriften. 
#5. Rechtsquellen. 
Der Artikel behandelt die Elbstrecke zwischen 
Hamburg und Melnik (Einfluß der Moldau); also 
nicht die sogen. Unterelbe d. i. die Elbe 
unterhalb Hamburg bezw. Harburg, wo besondere 
Vorschriften gelten, vor allem die Seestraßen O 
v. 5. 2. 06, verb. mit Pol V für die Schiffahrt 
auf der Unterelbe v. 6. 6. 06 — ebensowenig die 
sog. Kleine Elbe d. i. die Elbe oberhalb 
Melnik (vgl. Patzauer, Binnenschiffahrtswesen, 
1902, S 476). 
8 1. Allgemeines. Zur Verbesserung der 
Fahrrinne ist durch die anliegenden Elb-Uferstaa- 
ten vieles geschehen; viel muß noch fortdauernd 
getan werden. Was für Summen auf Strombau= 
oder Korrektionsarbeiten gezahlt wurden, ist z. B. 
dargelegt von Kurt Fischer in „Die Elbschiffahrt 
in den letzten 100 Jahren“, 1907. Der Gesamt- 
aufwand für den Elbstrom wird bei den fünf deut- 
schen Uferstaaten z. B. innerhalb der 36 Jahre 
1870—1905 rund berechnet wie folgt: Sachsen 
25 900 000 Mk., Anhalt 6 500 000 Mk., Preußen 
61 900 000 Mk., Mecklenburg 2 000 000 Mk., 
Hamburg 34 300 000 Mk. Es scheint auf den ersten 
Blick gerecht, wenn von den Schiffahrttreibenden, 
denen solche Arbeiten und Aufwendungen zugute 
kommen, als „Gegenleistung“ Besahrungsab- 
gaben erhoben werden, wie dies ja der dem Bun- 
desrate vorgelegte Preußische Entwurf½) eines 
Reichsgesetzes über Erhebung von Schiffahrts- 
abgaben vorsieht. Auf den Streit um diese Schiff- 
fahrtsabgaben im allgemeinen ist hier nicht einzu- 
gehen. Die Literaturangaben bei Fischer S XVI 
sind zu ergänzen durch die, im Auftrag der Ael- 
testen der Kaufmannschaft von Berlin bearbei- 
tete treffliche Dentschrift (Heymanns Verlag 
1907). Ich halte jedoch die Abgaben bezüglich 
der Elbe für ungerecht aus zwei Gründen: Ein- 
mal, weil Regulierung wie Unterhaltung der 
Ströme keineswegs nur der Schiffahrt, sondern 
auch dem Landes= bezw. landwirtschaftlichen 
Interesse dient; zum andern, weil bei den sogen. 
gemeinsamen, d h. In= und Ausland berührenden 
Flüssen, internationale Verträge derlei Abgaben 
verbieten. Für die Elbe ist zu erinnern an 
1. Den Haupt-Grundsatz der Wiener Kongreß- 
akte von 1815: „durch Erleichterung 
der Schiffahrt den Handel zu er- 
muntern“. 
2. E.Akte von 1821, a 1: Völlige Freiheit der 
Schiffahrt auf der Elbe (ausgenommen sog. 
Cabotage von einem Staat zum andern); a 28: 
Verpflichtung der Uferstaaten, jedes für sein Ge- 
1) Ter am 18. 3. 09 im Reichsanzeiger veröffentlichte 
Entwurf hat in keiner Weijr befriedigt. Inzwischen ist dem 
Reichstage unter dem 21. 10. 1910 ein neuer „Entwurf 
cines Gesetzes betr. den Ausbau der deutschen Wasserstraßen 
und die Erhebung von Schiffahrtsabgaben“ zur Beschluß- 
nahme vorgelegt worden (Drucksache Nr. 527); vgl. hierzu 
die „Kritischen Bemerkungen der Vereinigten Arbeitsaus- 
schüsse der Rhein-, Weser- und Elbinteressenten (Städie, 
Handelekammern und wirtschaftliche Vereinc) . .“, 1910. 
  
  
biet, den Leinpfad in gutem Stand zu halten und 
alle im Fahrwasser sich findenden Hindernisse auf 
ihre Kosten wegräumen zu lassen, auch keine die 
Schiffahrt gefährdenden Strom-= oder Uferbauten 
zu gestatten (weiter noch ging die Wiener Kongreß- 
Akte: Jeder Staat übernahm die Arbeiten, die 
dazu erforderlich, daß die Schiffahrt „nirgends 
auf Hindernisse stoße"); a 7: Sämtliche Zo.llL 
abgaben sowie jede, unter was immer für 
Namen bekannte Erhebung und Auflage, womit 
die Schiffahrt belastet war, hören hiermit auf und 
werden in eine allgemeine Schiffahrtsabgabe ver- 
wandelt. Diese wird von der Ladung erhoben 
unter dem Namen „Elbzoll“. Ausgenommen, 
also nicht aufgehoben blieben — nach dieser, der 
Wiener Kongreßakte nur wenig entsprechenden 
Elbeakte — lediglich die in a 14 aufgezählten sowie 
3. der Brunshäuser oder Stader Zoll. Er 
wurde aufgehoben durch Staats Vt v. 22. 6. 61 
zwischen Hannover einerseits und den Uferstaaten 
sowie außerdem Belgien, Brasilien, Spanien, 
Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Portu- 
gal, Rußland, Schweden und Norwegen andrer- 
seits. Der Stader Zoll war eine von Hannover 
erhobene Abgabe auf scewärts kommende La- 
dungen (1038 von Konrad II. verliehen. Die Er- 
hebungsbasis bis 1712 war ½16% des Werts der 
passierenden Güter. Dann begann eine willkür- 
liche Erhöhung bis ½% des Warenwerts). Im- 
Vertrag von 1861 erhielt Hannover 2 857 33822# 
Taler gegen Uebernahme der Verpflichtung, den 
bisher erhobenen Zoll vollständig und für immer 
abzuschaffen, auch keinerlei wie immer geartete 
neue Taxe an Stelle der aufgehobenen Gebühr 
von den Schiffen oder Ladungen zu erheben, die 
die Elbe auf= oder abwärts befahren. Hannover 
verpflichtete sich ferner, in bisheriger Weise für 
die Erhaltung derjenigen Werke Sorge zu tragen, 
die für die freie E. notwendig sind, und keinerlei 
Abgabe als Ersatz für die aus dieser Verpflichtung 
erwachsenden Kosten an Stelle des Stader Zolls 
einzuführen. — Diese Pflichten sind von Hanno- 
ver auf Preußen übergegangen. Zur oben ge- 
nannten Ablösungssumme trugen übrigens alle 
oben aufgeführten Staaten bei, sie sind also auch 
aus diesem Gesichtspunkt vor Einführung einer 
zollähnlichen Abgabe für Schiffe, die ihre Flagge 
führen, erst zu fragen. 
4. Bundesgesetz und Staatsvertrag von 1870. 
Mit der Gründung des Norddeutschen Bundes 
1866 waren die Flußzölle pp. der Gesetzgebung 
des Bundes unterstellt. a 54 bestimmt die Ab- 
gabenfreiheit. Aber Mecklenburg und Anhalt wi- 
dersetzten sich einer völligen Aufhebung des Elb- 
zolls. Erst durch Bundes G v. 11. 6. 70 wurde 
ab 1. 7. 70 die Elbzollerhebung verboten und 
Mecklenburg bezw. Anhalt wurden für alle Zciten 
mit 1 Million bezw. 85.000 Talern entschädigt. 
Diese Zollaufhebung wurde dann durch Staats Vt 
mit Oesterreich v. 22. 6. 70 bestätigt. Der König 
von Preußen im Namen des Norddeutschen Bun- 
des schließt diesen Vertrag „von dem Wunsche 
geleitet, den Elbeverkehr durch Aufhebung des 
Elbezolls zu fördern.“ Der Vertrag gestattet Ab- 
gaben nur noch — wie a 54 der RV — für Be- 
nützung besonderer Anstalten. Zu sochen zählen 
keinesfalls die üblichen Regulierungsarbeiten an 
natürlichen Wasserstraßen (Buhnen und dergl.). 
Die Erbitterung gegen die Elbzollerhebung war
	        
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