Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

  
Elbschiffahrt 
—— ——— M — — — — S — — — 
709 
  
a) Preußen: Gv. 9. 3. 79. Elbzollgerichte 
erster Instanz sind die Amtsgerichte, deren Be- 
zirke von der Elbe innerhalb der durch die Addi- 
tional-Akte v. 13. 4. 44 bestimmten Grenzen 
berührt werden. Elbzollgerichte zweiter (und 
letzter) Instanz sind die Landgerichte. Die Ent- 
scheidungen der Gerichte sind als elbzollgerichtliche 
zu bezeichnen (S 1). — Ist ein Amtsgericht mit 
mehreren Richtern besetzt, so sind bei der Ge- 
schäftsverteilung einem derselben die Geschäfte 
des Elbzollgerichtes zu übertragen (§ 2). — In 
Strafsachen verhandeln und entscheiden die Elb- 
zollgerichte in erster Instanz ohne Zuziehung von 
Schöffen, in der Berufungsinstanz in der Be- 
setzung von drei Mitgliedern mit Einschluß des 
Vorsitzenden (5 3). — In Zivilsachen finden die 
Vorschriften über das Verfahren in den zur Zu- 
ständigkeit der Amtsgerichte gehörenden bürger- 
lichen Rechtsstreitigkeiten, in Strassachen die 
Vorschriften über das Verfahren vor den Schöffen- 
gerichten wegen Uebertretungen Anwendung, 
soweit nicht aus den Vereinbarungen der Elb- 
uferstaaten oder aus diesem Gesetze sich Abwei- 
chungen ergeben (§ 5). — Hat die strafbare Hand- 
lung oder die einen Zivilanspruch begründende 
Tatsache auf dem Strome innerhalb des beider- 
seits preußischen Stromgebiets stattgefunden, so 
ist das Elbzollgericht des einen und des andern 
Ufers zuständig (§ 6). — Die Vollstreckung elb- 
zollgerichtlicher Entscheidungen außerdeutscher Ge- 
richte erfolgt auf Grund einer mit der Voll- 
streckungsklausel (6 724 Z P, 5+5 483 StPO) 
kostenfrei zu versehenden Ausfertigung. Zu- 
ständig für die Erteilung der Vollstreckungsklausel 
ist jedes Landgericht, zu dessen Bezirk ein Elbzoll- 
gericht gehört (§ 9). — Die Vollstreckung elbzoll- 
gerichtlicher Entscheidungen deutscher Gerichte 
erfolgt nach § 161 GVG. 
Die Anordnungen der übrigen Staaten 
stimmen mit den preußischen im wesentlichen 
überein. Nur fehlt leider (außer Anhalt) eine 
Vorschrift wie im & 2 des preuß. Gesetzes, die 
immerhin ein Crsatz für die in Schiffahrts- 
kreisen erstrebten staatlichen Flußämter ist (vgl. 
Gerlach, Elbschiffahrtsrecht, 1907, Vorwort). 
b) Sachsen: V v. 8. p. 79. Zweite Instanz 
über allen Elbzollgerichten Sachsens ist das Land- 
ericht Dresden. Für Strafverfügungen zuständig 
Sind die Elbstromämter. Die Einlassungsfrist im 
Sinne der ZPO ist auf 24 Stunden bestimmt. 
c) Mecklenburg: Vuo. 17. 5. 79. Es fehlt die 
Beschränkung des Verfahrens auf zwei Instanzen. 
d) Anhalt: Gv. 10. 5. 79. Zweite Instanz 
ist das Landgericht Dessau. 
e) Hamburg: G v. 23. 4. 79. Es fehlt die 
Beschränkung auf zwei Instanzen. 
2. Elbzollgerichte erster Instanz sind in Deutsch- 
land 1½) die Amtsgerichte: 
a) Preußen: Mühlberg, Belgern, Torgau, Prettin, 
Dommitsch, Schmiedeberg, Wittenberg, Aken, Barby, Burg, 
Calbe, Schönebeck, Gommern, Magdeburg, Wolmirstedt, 
Genthin, Wanzleben, Tangermünde, Stendal, Sandau, 
Seehausen, Osterburg, Havelberg, Wittenberge, Lenzen, 
Lüchow, Dannenberg, Blekede, Lauenburg. 
d) Sachsen: Schandau, Königstein, Pirna, Dresden, 
Meißen, Riesa. 
1) In Oesterreich: die Bezirksbehörden Melnik, 
Leitmeritz, Raudnitz, Aussig, Tetschen. 
  
c)h Anhalt: Dessau, Oranienbaum, Coswig, Roßlau, 
Zerbst. 
d) Mecklen burg: Boizenburg und Dömitz. 
e) Staat Hamburg: Amtsgericht Hamburg. 
*s 4. Strompolizeivorschriften. Eine Samm- 
lung der schiffahrts= und strompolizeilichen Vor- 
schriften gab W. Schulz heraus (bei E. Baensch, 
Magdeburg, 4. Ausgabe 1901, Nachtrag dazu 
1907. Von späteren Vorschriften sei wenigstens 
die Pol V v. 30. 11. 07, betr. das Schleppen von 
gekuppelten Fahrzeugen auf der preußi- 
schen Elbe genannt). Gemeinschaftlich für alle 
Elbuferstaaten ist von derlei Vorschriften nur die 
Polizeiordnung für die Schiff- 
fahrt und Flößerei auf der Elbe 
von 1894, bekannt gemacht: für Oesterreich 
am 3. März, für Sachsen am 8. Januar, für Preu- 
ßen am 18. Februar, für Anhalt am 1. April, für 
Mecklenburg am 24. März, für Hamburg am 16. 
Februar des gen. Jahres. Diese Elbstrompolizei- 
ordnung — eine kleine Abzahlung auf die seit 
Jahrzehnten unerfüllten Einheitlichkeitsbestrebun- 
gen an der Elbe — ordnet die Ausübung der 
Schiffahrt ohne Berücksichtigung lokaler Verhält- 
nisse, also Ausrüstung der Schiffe, Pflichtbesatzung, 
gegenseitiges Verhalten bei Begegnung der 
Schiffe, Ueberholen, Signale bei Tag und bei 
Nacht usw. Diese Elbstrompolizeiordnung ist das 
Hauptgesetz zur richterlichen Beurteilung der 
Schädenansprüche bei Schiffskollisionen u. dergl. 
(Erläuterungen Gerlach, „Elbeschiffahrtsrecht“ 1907 
77—121). Die zur Vermeidung von Schiffs- 
zusammenstösten bestimmten 55 31 und 32 unter- 
cheiden sogen. „Schwierige Stellen“ und „Strom- 
engen“, die im einzelnen in den deutschen Ufer- 
staaten bekannt gegeben werden. 
In Anlehnung an diese allgemeine Elbstrom- 
polizeiordnung sind in den Einzelstaaten Einzel- 
bestimmungen ergangen, die sich in der Schulz- 
schen Sammlung finden. Die wichtigste, wenig- 
stens ausführlichste, Verordnung ist die für das 
Königreich Sachsen v. 9. 1. 94. Tadellos scheint 
mir allerdings diese Sächsische Schiffahrtsordnung 
nicht. Insonderheit fehlt leider eine Behandlung, 
ja überhaupt Erwähnung der Elbehaupter. Die 
sogen. Haupter sind Talsteuerleute auf der 
Elbe und spielen eine elbrechtlich viel umstrittene 
Rolle (Näheres in meinem „Elbeschiffahrtsrecht"“ 
Abschnitt III, IV). 
Die Allgemeine wie die Sächsische Schiffahrts- 
ordnung, beide von 1894, bilden übrigens seit 
Jahren den Gegenstand erheblicher Abänderungs- 
vorschläge (ausgehend von der Kgl. Elbstrombau- 
verwaltung zu Magdeburg), über deren Erledi- 
gung sich noch nichts bestimmtes sagen läßt. 
5+ 5. Soustige Rechtsquellen. Allgemeine d. h. 
auf der ganzen oder doch auf der ganzen deutschen 
Elbe gültige Vorschriften sind außer den in § 2b II 
genannten Bestimmungen für Dampfkessel und 
außer der in & 4 besprochenen Polizeiordnung 
hauptsächlich folgende: 
1. Binnenschiffahrtsgesetz v. 15. 6. 
95, neue Fassung ab 1. 1. 00. Schwierigkeiten 
ergeben sich daraus, daß Oesterreich kein Binnen- 
schiffahrtsgesetz hat, insbesondere keine Schiffs- 
eignerhaftung kennt. Ob das Pfandrecht deut- 
scher Schiffsgläubiger bei einer Exekution in 
Oesterreich Beachtung finden muß, dazu vol. 
Z f. Binnenschiffahrt 1905 S 290—294.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.