Full text: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Erster Band. A bis F. (1)

Embargo — Enteignung 
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die sich aber eventuell, wenn dieser indirekte 
Zwang ohne Erfolg bleibt, oder wenn es zum 
Kriege kommt, in definitive Wegnahme 
(Konfiskation) verwandelt. Findet die Anwen- 
dung der Maßregel außer dem Kriege statt, so 
handelt es sich um die Erzielung einer Wirkung, 
die an die Repressalien im allgemeinen geknüpft 
ist; das E. erscheint dann als ein spezieller Fall 
der Repressalien. 
§ 2. Kritik der Einrichtung. Gegen die An- 
wendung des E. in Friedenszeiten spricht inner- 
halb der heutigen Anschauungen über die Art und 
Weise der Austragung internationaler Streitfälle 
die Unanwendbarkeit von Maßregeln, die als 
spezifische Kriegshandlungen erscheinen. Dazu 
kommt noch der Umstand, daß mit der Anwendung 
dieser Maßregel schädigende Wirkungen für den 
neutralen Handel verknüpft sind. Ueberdies ist zu 
beachten, daß selbst im Falle drohenden Aus- 
bruchs des Krieges der Staat, in dessen Macht- 
bereich sich Handelsschiffe des feindlichen Staates 
befinden, eine Frist gewährt, binnen welcher sie 
ungehindert auslaufen können. Diese seit dem 
Krimkrieg herrschende Uebung, feindliche Schiffe, 
die von der Eröffnung des Krieges in feindlichen 
Häfen überrascht werden, nicht sofort der Weg- 
nahme zu unterwerfen, fand neuestens in dem 
Abkommen VI der Haager Konferenz von 1907 
insofern Anerkennung, als deren Beobachtung 
empfohlen wird. Die Umwandlung dieser Uebung 
in eine Rechtsvorschrift wurde abgelehnt. Nach 
diesem Abkommen ist die Begünstigung feind- 
lichen Handelsschiffen gewährt, die sich beim Aus- 
bruch der Feindseligkeiten in einem feindlichen 
Hafen befinden oder ohne Kenntnis der Feind- 
seligkeiten einen feindlichen Hafen anlaufen; sie 
können unverzüglich oder binnen einer ausrei- 
chenden Frist frei auslaufen. Können sie infolge 
höherer Gewalt die Frist nicht einhalten, oder ist 
ihnen das Auslaufen nicht gestattet worden, so 
können sie (unter der Verpflichtung der Restitu- 
tion ohne Entschädigung) nur mit Beschlag 
belegt oder gegen Entschädigung requ i- 
riert werden (a 2 Abs 2). Beschlagnahme mit 
der Pflicht zur Restitution ohne Entschädigung 
oder Requisition gegen Entschädigung ist auch be- 
züglich der feindlichen Waren an Bord der in 
àl, 2, 3 des zit. Haager Abkommens bezeichneten 
Schiffe zulässig (a 4). Das Abkommen findet 
jedoch keine Anwendung auf solche Kauffahrtei- 
schiffe, deren Bau ersehen läßt, daß sie zur Um- 
wandlung in Kriegsschiffe bestimmt sind. 
8 3. Arrôt de Prince und jus angariae. 
Als E. wird auch der sog. Arröt de Prince be- 
zeichnet. Der Inhalt dieser Maßregel wird in- 
dessen von den Schriftstellern verschieden definiert; 
auch herrscht Meinungsverschiedenheit bezüglich 
der Frage, ob die Maßregel in Friedens= oder 
auch in Kriegszeiten Anwendung finde. Man 
versteht darunter das Verbot des Auslaufens frem- 
der Schiffe, um zu verhindern, daß Nachrichten 
über politische Vorgänge im Lande auswärts 
Verbreitung finden. Die Anwendung solcher 
Maßregeln ist im Hinblick auf die heutigen Ver- 
kehrsmittel überflüssig. Ferner identifiziert man 
den vorliegenden Vorgang mit der Angarie 
in Friedenszeiten. Die Frage, ob die Kriegfüh- 
renden auch heute noch berechtigt sind, neutrale 
Schiffe in ihren Häfen zurückzuhalten und zu 
  
  
Transportzwecken heranzuziehen — sog. jus 
angariae (drrdpoe, der Bote), droit d'’angarie —, 
war streitig. Von dieser Maßregel wurde nament- 
lich unter Ludwig XIV. Gebrauch gemacht. 
Seither verzichteten einzelne Staaten in Verträ- 
gen auf die Anwendung dieser Maßregel, die mit 
dem heutigen Neutralitätsrecht unvereinbar ist, 
daher sie derzeit als obsolet betrachtet werden kann. 
Andrerseits sind allerdings noch in neuerer Zeit 
Verträge abgeschlossen worden, in denen Stipu- 
lationen bezüglich der Entschädigungsfrage für 
den Fall enthalten sind, daß der Kapitän eines 
Handelsschiffes zu Angarien genötigt worden ist. 
Liüteratur: v. Holtzendorff R „Embargo“; 
E. v. Martens, Völkerrecht 2, 471 ff; v. Bulme. 
rincga in Holtzendorff VR 4, 98 ff; Perels, Intern. 
Seerecht 150 fff; Phillimore, Commentaries III. 
44 soa; Travers-Twiß, The Law of Nations II 21 s0; 
Calvo, Le drolt intern. ## 1824 sqoq; v. Ullmann, 
Völkerrecht? S 457, 458. v. M#an#. 
Emeriten= und Demeritenanstalten 
Geistliche 
Enklaven und Exhlaven 
Landesgrenzen 
–.— ——— — — 
Enregistrement 
Verkehrsabgaben 
Enteignung 
A. Reichsgebiet 
5 1. Begriff. 31l## 2. Geschichtliche Entwicklung. § 3. Recht. 
liche Natur. # 4. Feststellung des Enteignungsfalles (Vor- 
aussetzungen der Enteignung, Verleihung des Enteignungs- 
rechtes). 3 5. Die Subjekte der Enteignung. 1 6. Die Ob- 
jekte der Enteignung. # 7. Die dingliche Wirkung (Eigen- 
tumsveränderung). 4 8. Die obligatorische Wirkung (Ent- 
schädigung). 5 9. Verhältnis der beiden Wirkungen zu 
einander. Perfektion der Enteignung. # 10. Vorwirkung 
der Enteignung. 1 11. Ausdehnung der Enteignung. 
5*# 12. Freiwillige Abtretung. # 13. Rückerwerbs- und Vor- 
kaufsrecht. 4 14. Enteignungsverfahren. 
[ER — Enteignungsrecht; Eu#erf — Enteignungsverfahren; 
Eigt. = Eigentum; U = Unternehmen.)] 
1. Begriff der Enteignung. Die Erfüllung 
der kulturellen Aufgabendes Staa- 
tes ist vielfach nicht möglich, ohne dabei dem 
Einzelnen ein Opfer an seinem ihm vom Staate 
gewährleisteten Vermögen anzusinnen, und wenn 
er solches nicht freiwillig bringen will, es ihm 
wangsweise aufzulegen und dabei in seinen recht- 
Sch geschützten Lebenskreis einzugreisen, ihm. 
Güter, deren der Staat selbst zur Erhaltung und 
Entwickelung der Gesamtheit bedarf, einseitig zu 
entziehen. In jedem derartigen Falle entsteht 
ein Konflikt mit einer andern großen Staatsauf- 
gabe, nämlich der der Sicherstellung des 
Individuums, der Gewährung von 
Rechtsschutz. Dieser Konflikt kann entspre- 
chend dem Wesen des Staates nur zugunsten der
	        
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