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Enteignung
läßt er das eine oder das andere, so erlischt sein
Enteignungsrecht.
5 10. Borwirkung der Enteigung. Die Tat-
sache allein, daß für ein U das ER im allgemeinen
erteilt oder daß der E. Plan behördlich genehmigt
worden ist, kann die später von der E. betroffenen
Grundeigentümer in der freien Gebahrung mit
ihrem Besitztume noch nicht beschränken. Daher
kann auch die Entschädigung für Anlagen in der
Zwischenzeit und dadurch herbeigeführte Wertser-
höhungen nicht ohne weiteres versagt werden, und
zwar selbst dann nicht, wenn die Anlagen vom
Eigentümer in der offenbaren Absicht auf Erlang-
ung höherer Entschädigung bewirkt worden wären.
Es bedarf vielmehr einer positiven gesetzlichen Be-
stimmung, um für solche Fälle die Ersatzpflicht
auszuschließen oder zu beschränken. Solche Be-
stimmungen sind auch fast in allen deutschen Ge-
setzen enthalten. Drei verschiedene Wege sind
dabei eingeschlagen worden:
a) die Versagung des Anspruches auf Entschä-
digung für die betreffenden Anlagen wird dem
freien Ermessen der E. Behörde nach den Um-
ständen des einzelnen Falles überlassen (so na-
mentlich in Braunschweig, Preußen,
Württemberg, Lübeck und Baden,
wo fast übereinstimmend die Vorschrift getroffen
ist, daß für Neubauten, Anpflanzungen, sonstige
neue Anlagen und Verbesserungen Entschädigung
nicht zu gewähren ist, wenn sich aus der Art der
Anlage, dem Zeitpunkte ihrer Errichtung oder den
sonst obwaltenden Umständen ergibt, daß solche
nur in der Absicht vorgenommen worden sind, eine
höhere Entschädigung zu erzielen);
b) den Eigentümern der zur E. ausersehenen
Grundstücke wird die Verpflichtung zur Unter-
lassung werterhöhender Anlagen ganz allgemein
von einem bestimmten Zeitpunkte ab auferlegt
(so namentlich in Bayernyz;
c) der Anspruch auf Entschädigung für neue
Anlagen und Verbesserungen auf den zur E. be-
stimmten Grundstücken wird erst durch ein be-
sonderes Verbot oder die Anzeige der E.Absicht
seitens des Unternehmers ausgeschlossen (so na-
mentlich in Weimar und in den anderen
thüringischen Staaten, ferner in Hessen,
Oldenburg).
Im zweiten und #itten Falle wird der Ent-
schädigungsanspruch bezüglich aller neuen Anla-
gen versagt, ohne daß es auf die Absicht, in wel-
cher sie ausgeführt wurden, ankommt. In der
Regel ist hierbei aber eine Ausnahme zugunsten
solcher Anlagen gemacht worden, durch die der
Wert des Grundstückes für das U selbst erhöht
worden ist. Außerdem ist überall jene Beschrän-
kung des Eigentümers vor der E. an eine bestimmte
Zeitdauer gebunden und dem Unternehmer die
Verpflichtung zur Entschädigung für die hieraus
erwachsenen Vermögensnachteile auferlegt wor-
den.
Der erste Modus ist bisher regelmäßig an
der Schwierigkeit des sicheren Nachweises der do-
losen Absicht auf Seiten des Enteigneten geschei-
tert. Besser erreicht wird der Zweck auf dem
zweiten und dem dritten Wege. In Sachsen
sind beide Wege gewählt worden und zwar in
folgender Weise. Für die Zeit vor Einleitung des
Verfahrens wird dem Unternehmer überlassen,
das Verbot selbst auszubringen. Nach Vorlegung
und Bekanntmachung des E. Planes tritt die Be-
schränkung bezüglich der im Plane bezeichneten
Grundstücke ohne weiteres ein. Nach endgülti-
ger Feststellung des E. Planes hat der Unterneh-
mer das Recht, den betroffenen Grundeigen-
tümern auch die gewöhnliche Feldbestellung oder
sonstige Bewirtschaftung der zu enteignenden
Grundstücke und zwar unmittelbar zu untersagen.
Für die durch die Beschränkung des Eigen-
tümers in seiner Verfügungsfreiheit vor der E.
erwachsenden Vermögensnachteile ist der Eigen-
tümer zu entschädigen. Diese Entschädi-
gung ist das notwendige Korrelat der entsprechen-
den Befugnis des Unternehmers. Denn es han-
delt sich hier um eine den freien Gebrauch des
Eigt schmälernde Vorwirkung der E., we-
gen deren aus denselben Gründen Entschädigung
zu gewähren ist, wie für die spätere Eigt Entziehung
selbst. Diese Vorschriften sind entsprechend anzu-
wenden, wenn durch Bestellung von neuen
Rechten Dritter am Grundstücke oder von
persönlichen Gebrauchs= oder Nutzungsrechten der
Betrag der vom Unternehmer zu leistenden Ge-
son tentschaäbigung erhöht wird (so auch in Hes-
en).
S 11. Necht auf Ausdehnung der Enteignung.
In welchem Umfange ein Grundstück in Anspruch
zu nehmen ist, bestimmt sich zunächst lediglich
nach dem Bedürfnisse des öffentlichen U. Nun
kann aber bei teilweiser Eigt Entziehung der Fall
eintreten, daß der dem Enteigneten verbleibende
Rest der Sache oder seines Rechtes an der Sache
unverhältnismäßig an Wert verliert, da dieser
Restteil für den Gebrauch des Eigentümers in-
folge der Abtrennung des enteigneten Teiles un-
geeignet geworden ist. Der Fall zeigt sich nament-
lich bei Grundstücken, welche so von der E. be-
troffen werden, daß derjenige Teil, der dem
Eigentümer noch verbleibt, der wirtschaftlichen
Bestimmung, welche in seinem Vermögen das
Ganze hatte, nicht mehr dienen kann. Ein solches
Ergebnis kann nicht bloß bei der E. eines (realen)
Grundstücksteiles, sondern auch bei der zwangs-
weisen Schmälerung des Rechtes an einem
Grundstücke, bei der dauernden oder vorübergehen-
den Eigt Beschränkung, ferner auch bei E. einer
mit einem anderen Grundstücke aktiv verbundenen
Berechtigung (Notweg, Wasserleitungsgerechtig-
keit usw.) vorliegen. Der Ausgleich des hier am
verbleibenden Besitztume des Enteigneten ent-
stechenden Schadens würde an sich nach der allge-
meinen Regel durch eine entsprechende Geld-
leistung zu erfolgen haben. Um aber die Aus-
einandersetzung zu erleichtern und zugleich dem
in solchen Fällen zumeist vorliegenden Wunsche
des Enteigneten, das ganze Grundstück abzutreten,
entgegenzukommen, ist in den meisten Staaten
dem Enteigneten unter bestimmten Voraus-
setzungen der Anspruch auf Abnahme
des Ganzen anstatt des zur öffentlichen An-
lage gerade benötigten Teiles eingeräumt worden.
Es ist ein dem Enteigneten lediglich aus Zweck-
mäßigkeitsgründen verliehenes gesetzliches Recht,
welches nur insoweit und in dem Maße besteht,
als es vom Gesetze besonders gegeben ist. Es ge-
währt dem Enteigneten die Wahl, ob er im ge-
gebenen Falle das Restgrundstück behalten und
die entsprechende Minderwertsentschädigung in
Auspruch nehmen oder vom Unternehmer Ab-